Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
306 - Ein Hort des Wissens

306 - Ein Hort des Wissens

Titel: 306 - Ein Hort des Wissens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
noch überwinden. Genau wie Gonzales. Der Raumschiffkapitän vom Mars war ein zäher Bursche, und dennoch ziemlich geknickt von der Mutter -Erfahrung; dass Rulfan ihm das Schiff anvertraute, stärkte sein angezähltes Selbstwertgefühl mächtig.
    Auch Rulfans Vater schien wieder zu inneren Kräften zu gelangen. Sir Leonard hatte begonnen, sich mit Meinhart zu befreunden. Mehrmals täglich hielt er sich inzwischen unten in den Laderäumen und der Werkstatt des Technikfreaks auf. Er machte sich allmählich mit dessen Artefakte und Arbeit vertraut, und half ihm, das Hubschraubermodell wieder zusammenzubauen, das Crow bei den Kämpfen am Bohrloch zertrümmert hatte.
    Unten auf dem Außendeck lehnten Jenny und Pieroo inzwischen allein über der Reling. Schritte stapften über die Metalltreppe herauf, Damon Marshall Tsuyoshi betrat das Ruderhaus. Auch er trug sein Exoskelett.
    »Bitte übernehmen Sie, Damon«, sagte Rulfan. »Ich will nach meinem Vater sehen.« Tsuyoshi nickte und übernahm das Steuerruder. Rulfan stieg nach unten.
    Auf dem Außendeck blieb er einen Augenblick stehen und blickte auf die Ostsee hinaus. Die Küste war nur noch ein schmaler, türkisfarbener Streifen zwischen Himmel und Meer. Pieroo und Jenny, ein paar Schritte entfernt, bemerkten ihn nicht. Pieroo hielt noch immer seine Gefährtin im Arm. Er redete auf sie ein, und Jenny nickte schwach. Rulfan öffnete die Luke, die zu den Unterdecks führte.
    Auf einer langen Werkbank vor der eigentlichen Werkstatt stand der einen Meter lange AH-64 »Apache«. Sah aus, als hätten Meinhart und sein Vater das Gerät wieder vollständig repariert. Die Fernbedienung lag ebenfalls auf der Werkbank.
    In der Werkstatt selbst fand er den Retrologen und Sir Leonard. Beide beugten sich über einen seiner Verkleidung beraubten Kasten von der Größe eines Ziegelsteins. »Ist das Hubschraubermodell wieder einsetzbar?« erkundigte sich Rulfan.
    »Verlass dich drauf, Mann.« Meinhart hob nicht einmal den Blick. »Wir haben es repariert und optimiert.«
    Rulfan betrachtete das Gerät, das Meinhart und Sir Leonards Aufmerksamkeit fesselte. Platinen und Kabelbündel füllten den Kasten aus. Rulfan erkannte jetzt das Funkgerät, das Meinhart Steintrieb aus der Fahrerkabine seiner zurückgelassenen Panzerraupe ausgebaut hatte.
    »Funktioniert es nicht mehr?«, fragte Rulfan.
    »Und ob es funktioniert.« Ein Lächeln flog über Meinharts hochkonzentrierte Miene. »Nur will ich, dass es noch besser funktioniert.«
    Rulfan runzelte verwundert die Stirn. »Meinhart arbeitet an einem Funkgerät das mindestens tausend Meilen Reichweite haben soll, wenn es fertig ist.«
    »So ein Gerät wird es niemals geben«, entfuhr es Rulfan, »nicht in einer Welt voller CF-Strahlung.«
    »So ein Gerät wird es sogar sehr bald geben«, widersprach Meinhart ohne aufzublicken. »Und es wird die CF-Reststrahlung ausnutzen, um seine Sendeleistung zu verstärken.«
    Rulfan war sprachlos. »Machst du jetzt Witze?« Keiner antwortete ihm. Weil sein Vater und Meinhart in die Arbeit vertieft waren, zog er sich bald zurück.
    Auf dem Außendeck sah er aus den Augenwinkeln, wie Pieroo der blonden Frau neben ihm einen Kuss gab, sich dann von ihr löste und auf ihn zukam. »Sie ist übern Berg, sagt man nicht so?« Er zwinkerte und drückte sich an Rulfan vorbei auf die Treppe zu den Unterdecks. Rulfan ging zu Jenny.
    Eine Zeitlang lehnte er neben ihr über die Reling und suchte nach Worten. Jenny sah ihn nicht einmal an, starrte nur aufs Meer hinaus. Ihm kam es vor, als würde eine Wand sie und ihn trennen.
    »Unter Deck arbeiten sie an einem Funkgerät mit über tausend Meilen Reichweite, stell dir vor.« Von der Seite lächelte er sie an, doch sie reagierte nicht. »Meinhart und mein Vater.« Irgendwie musste es doch gelingen, sie aus ihrer Trauerstarre zu reißen. »Ich wollte dich fragen, ob du künftig nicht bei uns in Canduly Castle leben willst.«
    Sie hob den Blick und sah ihn erstaunt an. Sehr bleich war sie. Ihre schlaffen Züge und die dunkle Trauer in ihren Augen ließen Rulfan an Pieroos zuversichtlicher Einschätzung zweifeln. »Canduly Castle?«, fragte Jenny, als hätte sie den Namen noch nie gehört.
    »Hat man dir noch nicht erzählt, dass ich Burgherr geworden bin?« Rulfan schlug einen scherzhaften Ton an. »Pieroo könnte mein Chefjäger werden. Vor allem aber brauche ich Leute wie dich.« Es war das erste Mal, dass er versuchte, Jenny für seinen geplanten »Hort des Wissens« zu

Weitere Kostenlose Bücher