31 - Und Friede auf Erden
gebracht werden, wenn ich das Geld bekomme.“
„Du wirst es nicht eher erhalten, als bis du ihn gebracht hast.“
„Das ist nicht möglich. Die Häuptlinge geben mir den Tuwan nur dann, wenn ich ihnen das Geld so hinzähle, daß kein einziger Gulden fehlt.“
„So gehen wir mit dir, um selbst mit ihnen zu sprechen!“
„Es ist mir verboten, jemand mitzubringen. Ich habe genug gesprochen und sage nun weiter kein Wort. Hier stehe ich und erwarte den Bescheid. In zehn Minuten gehe ich; dann aber wird der Tuwan sterben. Ich sagte die Wahrheit und schweige nun!“
Er trat einige Schritte zurück und steckte die Hand unter seinen Sarong, wo er wahrscheinlich einen Kris (malaiischer Dolch) stecken hatte. Der Sarong ist ein langes Stück Zeug, welches wie ein Frauenrock um die Hüften geschlungen wird und bis herunter auf die Knöchel reicht.
Mary hatte Angst bekommen, doch sagte sie nichts.
„Da ist nichts zu machen“, erklärte Raffley. „Wenn wir Mr. Waller nicht in die größte Gefahr bringen wollen, müssen wir das Geld zahlen.“
„Miserable Situation! Aber es geht wirklich nicht anders!“ stimmte der Governor bei. „Man sieht es diesem Kerl hier an, daß er kein weiteres Wort sagen und sich nach zehn Minuten entfernen wird. Und wenn das Geld fort ist, so können wir tausend gegen eins wetten, daß sie es nehmen, ohne uns ihren Gefangenen auszuliefern. Was sagt Ihr dazu, Charley?“
„Verlassen wir uns auf Mr. Tsi!“ antwortete ich.
Der Chinese nickte mir lächelnd zu und fragte den Uncle:
„Wollen Sie diese Angelegenheit also mir nun überlassen, Mylord?“
„Natürlich! Es gilt ja um die Wette!“ antwortete der Gefragte.
„So bitte ich Sie, sich über nichts zu wundern. Ich wußte sehr wohl, was ich tat, als ich diese Wette einging. Ich war, sobald ich von der Betelnuß hörte, meiner Sache gewiß. Passen Sie auf, wie schnell man mir gehorchen wird! Wissen Sie bereits, wo wir wohnen werden?“
„Im Kratong. Der holländische Mijnheer war sehr bereitwillig. Wir haben eine ganze, nebeneinanderliegende Reihe von guten Zimmern, die eigentlich nur für eingeladene Gäste sind.“
„Das ist mir lieb. Ich danke!“
Er zog seine Brieftasche wieder hervor, entnahm ihr ein Kärtchen, feuchtete seinen Tuschestift durch Limonade an und legte die Karte auf den Tisch, um zu schreiben. Hierbei sah ich, daß auf der einen Seite derselben drei fettgedruckte, chinesische Worte standen. Die andere, leere Seite beschrieb er mit fremden Charakteren. Dann rief er den Malaien in gebieterischem Ton zu sich her und fragte ihn:
„Ich sehe an der Betelnuß, daß ihr unsere drei Worte kennt. Kannst du sie nur sprechen oder auch lesen?“
Da wurde das Gesicht des Mannes ein ganz anderes. Die Kälte wich; es wurde warm.
„Ich kann sie auch lesen“, antwortete er. „Einem, der sie nur sprechen darf, würde man keine solche Botschaft anvertrauen.“
„Richtig! Aber kannst du aus ihrer Stellung ersehen, was ich bin?“
„Ja, sofort!“
„So nimm, und schau!“
Er reichte ihm die Karte. Kaum hatte der Malaie einen Blick auf sie geworfen, so strahlte sein Gesicht in heller Freude. Er griff nach den beiden Händen des Chinesen, küßte sie, küßte sie wieder und immer wieder und rief dazwischen in froher Erregung aus:
„Unser junger Sahib! Der Sohn unseres Wohltäters, der die Leuchte unserer Verehrung und Liebe ist! Wie glücklich ist mein Herz, daß meine Augen dich erblicken dürfen! Befiehl mir, was du willst; es wird gewiß geschehen!“
Hierauf verbeugte er sich dreimal so tief, wie es ihm möglich war. Tsi befahl ihm:
„Trag dieses Papier zu den Häuptlingen! Sie werden dir den fremden Tuwan geben. Wir wohnen im Kratong, und du wirst ihn uns bringen. Aber du wirst ihn sehr vorsichtig behandeln, wie einen sehr hohen und sehr kranken Gebieter! Wann können wir dich mit ihm erwarten?“
Der Malaie verbeugte sich wieder und antwortete:
„Wir haben ihn sehr vorsichtig in einer Mahala (Sänfte) von den Bergen heruntergetragen. Er ist nicht weit von hier. Wenn zwei Stunden vergangen sind, werden wir ihn bringen. Diesen weißen Männern hier hätte ich das nicht mitgeteilt, denn wir trauen keinem Europäer, und du kannst uns das nicht verargen. Der Tuwan hat uns von neuem bestätigt, was wir längst schon wußten. Wir nahmen ihn wie einen Bruder auf, gaben ihm das Beste, was wir hatten, und zwar nicht für Geld, sondern ganz umsonst, und wie dankte er uns dafür? Er legte Feuer an die Stätte der
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