Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
nicht nur gescheiter, sondern auch besser ist, als ich bin! Ich verliere Wette um Wette, weil ich mich für vornehmer und reicher halte als ihn! Seine kleine Karte mit den drei chinesischen Worten spricht ganze Bände über die Frage, vor welcher wir trotz unserer sogenannten Intelligenz genauso stehen, wie die Kuh vor der verschlossenen Stalltür! Und während ich wunder denke, wer und was ich gewesen und heut noch bin, zeigt er mir durch einige geschriebene Worte, daß er, der junge Mann, weit außerhalb seines Vaterlandes und sogar bei den vermeintlich Wilden eine Achtung, eine Liebe besitzt, die nicht nur über ganz bedeutende Summen, sondern sogar über Leben und Tod verfügt! Dabei zeigt er sich so gelassen, so ehrerbietig, so bescheiden, so einfach, so anspruchslos, daß ich laut hinausrufen möchte: Wenn das nicht die wahre Bildung, die wahre Gesittung ist, so soll einmal ein Europäer kommen, um ihn zu übertreffen!“
    Da schaute Raffley ihm verwundert in das Gesicht und rief aus:
    „Dear uncle, was ist mit Euch vorgegangen? Ich kenne Euch nicht mehr. Ihr seid ja begeistert von einem Chinesen! Bedenkt doch, was das heißt!“
    „Was soll es heißen! Ich bin nicht begeistert, sondern zornig, einfach zornig, und zwar über mich! Aber es mußte heraus, und es mußte herunter, grad hier und grad jetzt! Es braucht zu dem Araber und dem Chinesen nur noch ein Malaie zu kommen, der mich ebenso beschämt, so habe ich meine Fehler dem ganzen Asien abzubitten! Ich mußte es Euch sagen, damit Ihr Euch nicht über mich wundert, wenn ich Dinge tue, die mir früher fremd gewesen sind.“
    „Wieso?“
    „Weil davon gesprochen worden ist, daß Waller, Mary und Tsi mit uns auf unserer Jacht nach China gehen sollen. Wenn das geschieht, so will ich vorher Klarheit über mich haben. Darum sprach ich mich aus, um mit eigenen Ohren zu hören, was ich sage. Und nun dies geschehen ist, habe ich mich durchschaut und weiß, woran ich bin!“
    „Das ist sehr weislich gehandelt; aber bitte, uns das Ergebnis mitzuteilen! Wir fahren nämlich auch mit, wenn Ihr nichts dagegen habt, und möchten darum gern wissen, woran auch wir mit Euch sind.“
    „Das sollt Ihr erfahren, sofort! Ich will, wenigstens auf dieser Reise, auch einmal nur Mensch sein! Nichts als Mensch. Nicht Lord, nicht Governor, sondern nur Uncle, höchstens einfach Sir! Ich möchte nämlich sehen, ob ich als Mensch so ganz und gar nichts bin, daß man gezwungen ist, sich auf meinen Stammbaum und auf meine Titel und Würden zu besinnen, wenn man mich achten will. Man hat sich dieser Äußerlichkeiten ja geradezu zu schämen, wenn man so nach und nach erfährt, was für wirkliche Vorzüge und Verdienste alle hinter dem kleinen, einsilbigen Wörtchen Tsi verborgen liegen!“
    Da sprang John auf, umarmte ihn, gab ihm einen herzhaften Kuß auf den Mund und sagte:
    „Uncle, alter, lieber, prächtiger Uncle, wenn du wüßtest, was du mir da für eine Freude machst! Es bedarf ja dessen eigentlich gar nicht, denn wir alle wissen ja, daß du der beste, der allerbeste – – –“
    „Still, still!“ unterbrach ihn der Alte, indem er sich mit der Hand über die feucht gewordenen Augen fuhr. „Ich mag das jetzt nicht hören. Ich will auch nicht der reiche vornehme ‚Uncle‘ sein, das Familienoberhaupt, sondern nur die Person, das Individuum, der Mensen, den man ganz unwillkürlich und aus freiem Herzen ‚Uncle‘ nennt, weil – – – horch!“
    Er hielt inne, denn es war draußen ein jubelnder Schrei erklungen. Mary hatte ihn ausgestoßen. Wir traten an die Fenstertür und sahen hinaus. Vier Träger brachten einen großen, bequemen, malaischen Palankin getragen, aus leichtem Holz gefertigt und mit buntem Kellam-Kellam-Stoff verhangen. Diese Träger waren Malaien, schöne, schlank, aber kräftig gewachsene Gestalten, deren stolzer Haltung man es ansah, daß sie diesen Dienst nur ausnahmsweise verrichteten. Hinter ihnen ging der Bote, mit dem wir gesprochen hatten. Voran schritt ein Greis mit lang herabwallendem, silberweiß glänzendem Haar, hoch aufgerichtet wie ein Jugendlicher. Sein Kopf war unbedeckt. Die einfache, ja fast ärmliche Kleidung, die aus Saway (Lendentuch) und Badju (Schultertuch) bestand, unterschied ihn nicht von andern Leuten seiner Rasse, aber man sah ihm doch gleich bei dem ersten Blick an, daß er gewohnt sei, Achtung, vielleicht gar Ehrfurcht zu erwecken. Der Ausdruck seines faltenlosen Gesichtes war ernst, doch mild und gütig. In der Hand

Weitere Kostenlose Bücher