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31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vor Freude, auf diese Auskunft verfallen zu sein. Er nahm die noch auf dem Tisch liegende große Note, hielt sie dem Priester hin und sagte:
    „Das ist für Euch! Ihr habt kein Lösegeld erhalten; nehmt also dies dafür! Es ist zwar nicht so viel, aber doch etwas. Ich gebe es Euch gern!“
    Er hatte erwartet, daß der Malaie eilig zugreifen werde. Dieser aber sah das Geld gar nicht an, sondern stand von seinem Platz auf, entfernte sich von der spendenden Hand und antwortete:
    „Ich danke Euch, Mylord! Geschenke nimmt man nicht zurück. Das ist bei uns nicht üblich.“
    „Geschenke? Ihr habt uns doch wohl nichts geschenkt, sondern Tsi hat Euch gezwungen, auf das Lösegeld zu verzichten.“
    „Ihr irrt. Die ‚Shen‘ kennt keinen Zwang. Was wir tun, das hat freiwillig zu geschehen, ohne daß man es uns gebietet. Jede Wohltat, die man sich später vergelten läßt, sinkt zum gemeinen Handelsartikel herab. Und wenn die Intoleranz dem Körper unsers Bundes solche Wunden schlägt, wie Euer Missionar es tat, so kann die Heilung nicht durch jene Salbe erfolgen, die Ihr im Abendland Mammon nennt.“
    „Aber Ihr habe ja doch Lösegeld verlangt. Die Summe von fünfzigtausend Gulden, die für Eure Verhältnisse eine fast ungeheure ist. Wie stimmt das mit Euren jetzigen Worten?“
    „Sehr gut. Die Erklärung liegt in Eurem eignen Worte ‚ungeheuer‘. Als Tsi die Größe dieser Summe hörte und dann später an der Betelnuß den Bund der ‚Shen‘ erkannte, wußte er sogleich, daß wir die böse Tat nur mit der hohen Ziffer, nicht aber wirklich mit dem Geld strafen wollten. Fragt den Missionar und seine Tochter, ob wir von dem Geld, welches sie bei sich hatten, das allergeringste weggenommen haben! Es waren über sechzehnhundert holländische Gulden. Wir haben sie nachgezählt und ihm dann wieder in die Tasche gesteckt, wo man sie finden wird. Nein, Geld nimmt die ‚Shen‘ niemals! Wir forderten diese Summe, weil wir meinten, daß sie unmöglich aufgebracht werden könne. Durch die Angst, ob man sie bringen würde oder nicht, sollte der Täter sein Verbrechen sühnen, und von Penang aus hatte sich die Kunde zu verbreiten, daß wir noch den Mut besitzen, Forderung gegen Übergriff zu stellen. Kam dann seine Tochter, wie wir sicher erwarteten, ohne Geld zurück, so sollte sie ihn ohne Lösegeld bekommen. Wir freuten uns darauf, scheinbar streng auf unserer Bedingung zu bestehen und dann der töchterlichen Bitte ein offenes Herz zu zeigen. Das ebenso offene Sir Johns aber hat uns diese Freude vereitelt. Freilich, als er die Summe stellte, konnte er nicht wissen, daß es sich – – –“
    „Still!“ unterbrach ihn Raffley warnend. „Bitte, nicht weiter!“ Und als ob er einen scheinbaren Fehler zu rechtfertigen habe, fügte er hinzu: „Ich hörte, daß seine Tochter an der Tat ganz unbeteiligt war, und sah, daß sie vor Angst fast zu vergehen schien. Ich wünschte nicht, daß auch sie mit leide, und stand ihr bei, um sie zu beruhigen. Aber der ‚Shen‘ vorzugreifen, ist keineswegs meine Absicht gewesen. Das habe ich dadurch bewiesen, daß ich die Wette des Uncle gegen Tsi geschehen ließ, ohne ein Wort zu sagen.“
    Der Malaie nickte ihm befriedigt zu. Tsi sah ihn überrascht an und lächelte dann leise vor sich hin. Nun war es für mich sicher, daß John zur ‚Shen‘ gehörte. Dem Governor aber kam auch jetzt noch kein derartiger Gedanke. Er sagte:
    „Ja, dieser weichmütige Nephew bringt es nicht fertig, einen Menschen unverschuldet leiden zu sehen. Er hätte das Geld wohl auch sogar dem Schuldigen gegeben!“
    „Das wäre wohl nicht nötig gewesen, denn dieser Schuldige ist reich, unendlich reich“, entgegnete der Priester.
    „Waller? Unendlich reich? Ich denke, er bezieht, was er braucht, von der religiösen Sekte, die es ihm ermöglicht hat, nach China zu gehen?“
    „Das mag sein, gehört aber nicht hierher, weil ich nicht ihn gemeint habe. Diese Angelegenheit steht jetzt, am Schluß meiner Reise ganz anders als am Anfang derselben. Ich habe mich nämlich überzeugt, daß er unschuldig ist. Wir hätten das Geld also von ihm zurückweisen müssen, selbst wenn es unsere Absicht gewesen wäre, es zu nehmen.“
    „Unschuldig?“ fragte da der Uncle verwundert. „So hat er Euren Tempel nicht verbrannt? Das Feuer wurde von einem andern angelegt?“
    „Nur von ihm allein. Ich kann das deshalb so genau sagen, weil er es ganz offen zugegeben hat.“
    „Und doch nennt Ihr ihn unschuldig? Wie kann er das

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