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31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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durchfurchten Gesicht, eine Spitzbubenphysiognomie, wie sie sich kein Schriftsteller erfinden darf, denn die hat es nur in Wirklichkeit zu geben.
    Er hatte heute vormittag die Schiffspapiere vorgezeigt, und die hieraus gemachten Eintragungen ergaben, was über ihn zu wissen war. Das Schiff mit der ganzen Ladung gehörte ihm selbst. Der Zweck seiner Fahrt war nur der Opiumhandel, den er, wie er behauptete, schon seit Jahren von seiner Heimat Binh-Dinh an der cohin-chinesischen Küste aus bis hinauf nach den koreanischen Häfen trieb. Er gab an, daß es bisher kein Mensch gewagt habe, ihn an der Ausübung dieses seines Gewerbes zu hindern, und er erwarte, daß er jetzt sofort wegen der ihm hier bereiteten unerhörten Belästigung um Verzeihung gebeten werde und dann tun könne, was ihm beliebe. Der Hafenmeister hatte ihn ruhig angehört und gab ihm nun in kurzen Worten seinen Bescheid:
    „Ich habe gesagt, daß ich den Handel mit Opium hier verbiete. Man hat es trotzdem gewagt, dieses Gift zum Verkauf öffentlich auszustellen. Ich befehle hierauf dem Dampfer ‚Ta-Shen-Tsi-Yang-Shen‘, unseren Hafen binnen einer Stunde und unsere Gewässer binnen heut zu verlassen. Befindet er sich nach dieser Zeit noch hier, so wird er einfach konfisziert und mit der Ladung draußen auf der See verbrannt!“
    Da sprang der Opiumhändler von seinem Sitz auf und rief zornig aus:
    „Das wolltet Ihr wagen? Ich würde es Euch heimzahlen lassen, aber wie! Ich kenne meine Gesetze!“
    „Und ich die meinigen auch!“
    „Ich weiß wohl, was Ihr wollt! Ihr sagt, dieser Platz gehöre Euch. Aber Euer abendländisch gewordener Mandarin ist immer noch Chinese; ich befinde mich also an einem chinesischen Ort, und meine Papiere schützen mich vor der mir zugedachten Konfiskation!“
    Da stand auch der Beamte von seinem Sitz auf und entgegnete ihm:
    „Armer Teufel, der du bist! Was dich da schützen soll, das würde dich verderben! Er hat sogar die Macht über Leben und Tod!“
    „Auch über Europäer?“ klang es ihm da höhnisch entgegen. „Konfisziert Ihr etwa auch englische Schiffe? Ich habe nämlich während der jetzigen Fahrt das Schiff und die ganze Ladung unterwegs verkauft! An einen Engländer, sogar Offizier! Hier ist der Kontrakt. Und der Käufer ist auch zu haben. Soll ich ihn etwa holen?“
    Er zog aus seinem weiten Taschenärmel die Schrift hervor, faltete sie auseinander und gab sie dem Beamten. Dieser las sie durch, legte sie wieder zusammen, schob sie in ein Fach seines Pultes und sagte:
    „Diesen Kontrakt habe ich dem Käufer vorzulegen. Er mag kommen; aber schnell!“
    „Er wartet schon darauf. Ich hole ihn!“
    Mit diesen Worten eilte der Mann hinaus. Wir sahen ihn mit schnellen Schritten den Weg zurückgehen, den wir hergekommen waren, also nach dem Dampfer. Wir hatten nicht lange zu warten, sondern sahen ihn schon nach kurzer Zeit wiederkehren, mit einem auch chinesisch gekleideten Zweiten neben sich. Und dieser andere war ganz unbedingt derselbe Mann, der den Berg heraufgekommen und meinem Sejjid Omar begegnet war. Ich sah das an der eigenartigen Form seines Mao-Tse (chinesischer Hut), die mir aufgefallen war, und an dem Fehlen des Zopfes.
    „Da bringt er ihn“, sagte der Pu-Schang. „Jedenfalls kein Offizier, sondern ein Lump, denn der Kontrakt ist Schwindel. Ein Strohmann, für Geld und ohne Ehre, weiter nichts!“
    Als die beiden hereintraten, hätte ich beinahe einen lauten Ruf der Überraschung ausgestoßen, denn der angebliche Offizier und Käufer des Dampfes war – – – Dilke, der sonderbare Gentleman, dem mein Sejjid Omar das Leben gerettet hatte. Jedenfalls war er in Penang von dem General nachträglich noch sehr streng koramiert worden, vielleicht gar fortgejagt, und wer weiß, auf welche Weise er es während der inzwischen verflossenen langen Zeit bis zum jetzigen Kumpan eines Giftmischers gebracht hatte! Er sah mich; er mußte mich sofort erkennen, mußte vom Sejjid erfahren haben, daß ich mich hier befand. Und doch ließ er sich nicht das geringste merken; er sah über mich hinweg, als ob ich eine ihm völlig unbekannte und gleichgültige Persönlichkeit sei. Das hatte jedenfalls einen Grund, aber welchen? Er ging hoch erhobenen Hauptes, als ob hier an dieser Stelle nur er der Gebietende sei, auf den Pu-Schang zu und sagte:
    „Man hat mich hierhergebeten. Ich bin Leutnant Dilke.“
    „Gebeten?“ antwortete der Hafenmeister. „Ist mir gar nicht eingefallen. Beordert seid Ihr worden; befohlen

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