31 - Und Friede auf Erden
des Missionars Waller, der Cousin Eures Abgottes, seiner Tochter Mary! Verstanden, Sir?“
„Seid, wer Ihr wollt“, antwortete ich. „Wo habt Ihr Sejjid Omar, meinen Diener?“
„Den Araber, diesen Kerl?“ fragte er, sich verwundert stellend. „Was ist mit dem?“
„Ihr traft ihn oben am Berg und seid mit ihm umgekehrt.“
„Davon weiß ich nichts! Ist mir gar nicht eingefallen!“
„Leugnet nicht! Wo habt Ihr ihn gelassen? Ich kenne ihn und müßte ihn schon längst gesehen haben. Ihr habt es selbst verraten, daß Ihr mit ihm gesprochen habt. Denn ‚wer alles sich mit mir hier befindet‘, das könnt Ihr nur von ihm erfahren haben.“
„Wie pfiffig!“ höhnte er. „Um andre Leute für schlechte Kerls zu halten, braucht man eben nur selbst ein schlechter Kerl zu sein! Wollt Ihr um Waller und seiner Frau willen die Durchsuchung unseres Dampfers verhindern?“
„Nein“, antwortete ich.
„So hole Euch der Teufel! Denn paßt auf: Übermorgen abend rechne ich mit Euch zusammen! – – – Vorwärts; schnell, hier hinaus!“
Er nahm seinen ‚Kapitän‘ bei der Hand und eilte mit ihm durch die offenstehende Verandatür davon. Ich schaute den Pu-Schang fragend an. Der aber lachte und sagte:
„Laßt sie laufen, Sir! Wenn ich sie haben will, bekomme ich sie auf alle Fälle! Gehen wir langsam nach ‚Seiner Exzellenz, dem Europäer‘, der uns höchstwahrscheinlich nicht nur sein Gift allein aufzwingen wollte. Er hat das Feuer ausgehen lassen und kann uns also nicht per Dampf entfliehen.“
Wir verließen also das Büro der ‚Gerechtigkeit‘ und gingen den Weg, den wir gekommen waren, so weit zurück, bis wir den Opiumdampfer wieder vor uns hatten. Die vier Polizisten standen noch an ihren Stellen, zwei bei dem Zelt und zwei an der Laufbrücke. Ihre Weisungen erstreckten sich nur darauf, kein Opium verkaufen zu lassen; was hiermit nicht in Verbindung stand, das kümmerte sie nichts. Darum hinderten sie es nicht, daß jetzt ein Boot zu Wasser gelassen wurde, und zwar von den bewaffneten Leuten, die vorhin bei dem Zelt gesessen hatten. Sie taten das mit großer Eile, grad eben, als wir kamen. Dilke und sein ‚Kapitän‘ saßen schon darin. Als die Leute dann hineingesprungen und vom Schiff abgestoßen waren, rief uns Dilke zu, indem er die ausgestreckte Faust gegen uns schüttelte:
„Wir gehen nur einstweilen – – – wir kommen wieder – – – übermorgen! Dann machen wir Kontrakt mit Euch – – – auf neunundneunzig Jahre! Und rührt Ihr etwas an, was unser ist, so sollt Ihr uns, die ‚Zivilisatoren‘, kennenlernen!“
Hierauf legten sich seine Ruderer ins Zeug, und das Boot schoß schnell über das Wasser hin, doch nicht hinaus nach der See, sondern nach dem Festland zu.
„Ist dieser Mensch verrückt?“ fragte Pu-Schang. „Man könnte ihn dafür halten, wenn er nicht nach gewissen Mustern handelte, die wir alle kennen. Schauen wir nach, wer sich noch da befindet!“
Wir gingen an Bord, von wo aus man das sich entfernende Boot noch deutlicher als von der andern Seite sehen konnte. Wir zählten seine Insassen. Es waren achtzehn, also wohl alle, die zu ‚Seiner Exzellenz, dem Europäer‘ gehörten. Und diese Vermutung war, wie sich herausstellte, richtig. Die ganze Besatzung hatte sich in Sicherheit gebracht, für einstweilen, wie sie dachte. Wir fanden auf und in dem ganzen Dampfer nur einen einzigen Menschen vor, der aber nicht zu ihm gehörte. Wer war das wohl?
Um es kurz zu machen, will ich sagen, daß wir uns in alle Räume begaben, um nachzuschauen, was sie enthielten. Wir fanden Opium in ziemlich großen Mengen, doch auch noch anderes. Nämlich eine ganz erstaunliche Masse von Militärgewehren europäischen Ursprungs nebst Munition und allem übrigen, was zu einem kräftigen Putsch oder der plötzlichen Erhebung eines Landesteiles gegen die Regierung erforderlich ist. Also: Das Schiff war irgendwo und von irgendwem gechartert worden, um einem hier für unsere Gegend beabsichtigten Pronunciamento als Unterstützungspunkt und Rüstkammer zu dienen.
„Ich ahnte es, und Ihr werdet mir das angehört haben, als ich mit diesem Dilke sprach“, sagte der Pu-Schang. „Es mehren sich seit einiger Zeit so ganz besondere Zeichen, und Leuten von der Art wie ‚Seine Exzellenz, der Europäer‘ ist nie zu trauen!“
„Sehen wir doch einmal im Ballastraum nach?“ bat ich. „Sonderbarerweise sah ich bis jetzt noch keine Luke, die zu ihm führt. Ich habe nämlich
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