31 - Und Friede auf Erden
man etwas auf das Loch gestellt hatte, was so schwer war, daß ich vergeblich versuchte, es zu entfernen. Ich war also auf dich angewiesen, auf dich allein, Sihdi, und darum wußte ich, daß meine Gefangenschaft nur von kurzer Dauer sein werde. Das ist eingetroffen. Nun muß ich hinauf zu Fu, um ihn zu warnen. Und dann will ich zu erfahren suchen, wo die Frau zu finden ist, die ‚Shen‘ auf deren Geld man es abgesehen hat.“
Er stand von seinem Sitz auf; wir andern folgten diesem seinem Beispiel. Die Art und Weise, wie er sich in einem Gemisch von Englisch und Chinesisch ausgedrückt hatte, war eigentlich belustigend, aber der Inhalt seiner Worte ließ kein Lächeln aufkommen. Der Pu-Schang gab ihm die Hand und sagte:
„Sir, ich sehe Euch zum ersten Mal; ich kenne Euch nicht; aber ich vermute, wer und was Ihr seid, nämlich ein guter, braver Mensch, der seine Hand nie dazu bieten wird, einem anderen Schaden zu bereiten. Darum mögt Ihr wohl mit dem hohen Herrn sprechen, der Euch erlaubt hat, ihn bloß Fu zu nennen. Was aber die ‚Shen‘ betrifft, so kenne auch ich sie sehr genau und habe das Recht, in ihrem Namen zu sprechen. Sie ist keine Frau, sondern etwas viel Höheres. Dieser Dilke hat Euch absichtlich in Unwissenheit über sie gelassen, doch werdet Ihr sie baldigst kennenlernen, hoffentlich zu Euerm Glück, Euerm Heil und Segen. Ich grüße hiermit von ihr, der Großen, Edlen, Herrlichen, und bitte Euch, zu Fu, wenn Ihr nachher mit ihm sprecht, von mir die beiden Silben zu sagen: Hsiung-Ti. Er wird wissen, um was ich ihn da bitte. – – – Und nun bin ich gezwungen, mich zu verabschieden. Dieses Ereignis und das, was soeben erzählt worden ist, machen ein augenblickliches Einschreiten gegen die Pläne nötig, die gegen uns gerichtet sind.“
Er wandte sich an seine Polizisten, um ihnen weitere und jedenfalls andere Befehle zu geben als bisher; wir aber gingen heim. Oben angekommen, suchte ich sofort Fu auf und erzählte ihm das Geschehene. Er hörte mich ruhig an, ohne die geringste Überraschung oder gar Erregung zu zeigen, schlug die letzte, gelb eingebundene Nummer des Tsching-pao (Pekinger Staatszeitung) auf, und deutete auf die Stelle, die ich lesen sollte. Da stand:
„Achte dieses: Es sind mehrere Fan-Fan (fremde Rebellen) in unser Reich gekommen, um die, welche uns treu sind, zur Empörung zu verleiten. Wer sich von ihnen verführen läßt, hat keinen Lohn, sondern nur die Gefahr, die Mühe und die Strafe, denn den Gewinn, den das Böse bringt, behalten die Fan-Fan für sich allein, indem sie mit ihm verschwinden, sobald sie ihren Zweck erreicht haben. Man hat sie auf dem Weg nach Ki-tsching gesehen. Die dortigen Mandarine aber sind treu und klug. Wir können ihnen vertrauen!“
„Wir sind also unterrichtet“, lächelte er, „und wir haben die Augen offen. Auch gingen von den betreffenden Organen schon Berichte ein, von denen ich Euch nichts sagte, um Euch nicht zu beunruhigen. Das mindert aber nicht im geringsten das große Verdienst, welches Sejjid Omar sich um uns erworben hat. Wir wissen nun plötzlich ganz klar und sicher, was man will; sogar die Zeit, der Tag ist uns bekannt. Ich werde meine Maßregeln treffen; wir drahten ja in Zeit von einigen Minuten durch unser ganzes Gebiet. ‚Seine Exzellenz, den Europäer‘ werde ich selbst auch noch besichtigen. Höchstwahrscheinlich machen wir mit ihm sehr kurzen Prozeß. Und da man grad den ‚großen Tag unserer Shen‘ gewählt hat, weil man da Zuhörer in Masse zu finden glaubt, so werde ich dieses Fest verschieben, aber so heimlich, daß diese Fan-Fan vorher nichts davon erfahren. Die Vorbereitungen gehen scheinbar weiter. Und unsere Millionen? Hm! Ja, die ‚Shen‘ ist reich, fast unermeßlich reich; für Länderräuber, Schurken und Rebellen aber hat sie nicht die geringste Kupfermünze übrig! Seid so gut, mein Freund, und schickt mir jetzt den Sejjid her; ich möchte den Bericht auch noch aus seinem eigenen Mund hören.“
Als ich zu Omar kam und ihm dies sagte, erkundigte er sich sehr angelegentlich:
„Nicht wahr, die beiden Silben Hsiung-Ti soll ich ihm sagen?“
„Ja“, bestätigte ich.
„Was hat das für einen Zweck?“
„Eine Freude für dich und zugleich eine Ehre, eine sehr, sehr große Ehre. Was für eine, das wirst du dann nicht gleich, sondern nur so nach und nach begreifen. Doch gehe jetzt; er wartet wahrscheinlich auf dich!“
Hierauf saß ich in meinem Zimmer, allein für mich, und dachte darüber
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