Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
ich!“
    So rufen die mohammedanischen Pilger, wenn sie Mekka vor sich liegen sehen; so ruft der Moslem, wenn er eine Gefahr, ein Wagnis auf sich nimmt; so rief auch mein Sejjid Omar; dann stürzte er sich hinunter in die Flut. Ein Schwung brachte nun auch mich auf die Reling. Ich war entschlossen, nachzuspringen, falls sich nicht herausstellte, daß er ein ganz vorzüglicher Schwimmer sei.
    Das Gewicht des Sprunges hatte ihn natürlich unter Wasser gebracht; jetzt tauchte er wieder auf. Er gab sich eine Viertelwendung und schwamm auf der rechten Seite, weit und sicher ausgreifend, kräftig und ruhig nachstoßend. Ich sah, daß ich keine Angst um ihn zu haben brauchte. Die Wendung ermöglichte es ihm, mich stehen zu sehen.
    „Bleib oben, Sihdi!“ erscholl seine Stimme. „Allah ist bei mir!“
    „Schau auf das weiße Tuch, und schwimm so, wie ich es dir zeige!“ Das konnte ich ihm noch zurufen, dann kam er außer Hörweite.
    Ich sprang wieder herab, hin zu den Vögeln, wo der Tisch des Kapitäns stand. Es lag auf ihm ein weißes Tafeltuch. Ich nahm es und eilte wieder an die Brüstung. Der Sejjid war klug; er schwamm ganz genau im Sog, dem Wasserstreifen, den die Bewegung der Räder oder der Schiffsschraube hinter sich zurückläßt. Es schwimmt sich da zwar schwerer als auf ruhigem Wasser, aber dieser Streifen bot Omar die einzige Möglichkeit, sich zu orientieren und nach der betreffenden Stelle zurückzufinden.
    Jetzt hatte er den Rettungsring erreicht und zog ihn an sich. Aber den Gentleman konnte er nicht sehen. Selbst wenn dieser hätte schwimmen können, wäre es beiden unmöglich gewesen, einander zu erblicken. Auch ich sah ihn nicht. Hatte die Tiefe ihn schon hinabgezogen?
    Der zweite Offizier stand neben mir, das Glas in der Hand. Ich nahm es ihm, ohne mir Zeit zur Bitte zu lassen, weg und sprang nach den Mittelwanten, das Tuch natürlich mitnehmend. Schnell hinauf nach dem Ausguck, der sich von den Herren Landratten ‚Mastkorb‘ nennen lassen muß! Da oben stand ich nun hoch genug. Ich sah Omar, und er mußte auch mich, wenigstens mein weißes Tuch sehen. Sein heller Kopfbund stach von dem dunkeln Wasser ab. Nun richtete ich suchend das Glas weiter auf das Sog hinaus, welches sich dort zu beruhigen und zu verbreitern begann. Da sah ich einen Gegenstand, welcher mehr bewegt wurde, als daß er sich selbst bewegte. Hoffentlich war das der Verunglückte! Ich wehte mit dem Tuch nach der Richtung, in welcher sich dieser Gegenstand von dem Sejjid befand, und sah, daß ich von ihm verstanden wurde; er folgte dieser Richtung; zwar wich er, da die Wasserfläche seinem Blick keinen Anhalt bot, einige Male von ihr ab, verbesserte aber diese Irrtümer infolge meiner Winke, und so gelang es ihm, den Körper zu erreichen, der sich in größter Gefahr befand, denn er verschwand so oft unter Wasser, daß jedes Wiederuntertauchen das letzte sein konnte.
    Nun darf man nicht meinen, daß wir während dieser Zeit Omar und den andern immer hinter uns hatten. Der Dampfer war ja umgekehrt und machte einen Bogen; daher kam es, daß wir auf dem letzten Teil dieses Bogens gerade auf sie zuhielten. Inzwischen war das auszulegende Boot in den Daviden klar geworden, und der Dampfer stoppte, um es niederzulassen. Omar hatte den Kopf durch die Leine des Rettungsringes gesteckt, so daß er diesen unter dem Rücken hatte und mit dem Gesicht nach oben schwamm – ein lobenswert pfiffiger Gedanke! Der Gentleman lag quer über ihm, vollständig bewegungslos. So kam der Brave auf uns zugeschwommen. Man nahm beide in das Boot auf, welches wieder emporgewunden wurde, ohne einen Ruderschlag getan zu haben. Es hätte also auch das Fallreep genügt. Das Schiff nahm die unterbrochene Fahrt wieder auf.
    Natürlich stand alles, was auf dem ersten Platz Zutritt hatte, da, um den aktiven und passiven Helden dieses Vorkommnisses zu empfangen. Der Passive, welcher tot zu sein schien, wurde unter Aufsicht des Schiffsarztes sofort heruntergeschafft; um den Sejjid aber entstand ein bewunderndes Gedränge, dem er sich jedoch schnell entzog. Er holte seinen Kaftan und seine Pantoffel und verschwand nach dem Vorderdeck, um ein trockenes Unterkleid anzulegen. Dann kehrte er zurück. Der Kapitän und die Offiziere drückten ihm die Hände. Fang, der Chinese, eilte herbei, um dasselbe zu tun. Die Matrosen nickten ihm mit vertraulichem Lächeln ihre Bewunderung zu; aber die fünf Gentlemen, denen der Arzt verwehrt hatte, ihren Genossen hinabzubegleiten,

Weitere Kostenlose Bücher