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31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Einwurf oder einer Bemerkung fand ich nicht; er wartete nicht darauf, sondern sprach weiter:
    „Und nun die Rassenfrage, die ich eigentlich schon damit erledigt habe, daß ich sagte, der Chinese will Chinese bleiben. Ein gelehrter Christ, den man geistreich nennt, hat kürzlich China besucht und ein Buch über uns geschrieben. In diesem steht zu lesen: ‚Ein Dichter oder Künstler soll auf dem Höhenpunkt seines Schaffens sterben. Tut er das nicht, so geht es mit ihm bergab, und der Schatten seiner späteren Jahre verdunkelt seine Werke. So steht es auch mit den Nationen, und der Chinese hat vergessen zu sterben, als die geeignete Zeit dazu gekommen war!‘ Das mag für europäische Ohren geistreich klingen; es ist aber das grundfalsche Urteil eines Mannes, welcher glaubt, uns in zwei Worten ebenso abtun zu können, wie er in zwei Monaten das Studium unseres Landes und Volkes vollständig abgetan zu haben glaubt. Wenn sich der Dichter überanstrengt hat, so soll er nicht sterben, sondern tüchtig essen und dann so lange wie möglich schlafen, um neue Kraft zu gewinnen. Tut er das, so wird er nach seinem Erwachen im neuen Vollgefühl seiner selbst frisch weiterschaffen können. Der Chinese ist so klug gewesen, nicht zu sterben, sondern sich schlafen zu legen. Die Zeit, in welcher er erwacht, kann gestern gewesen sein, kann heut oder morgen kommen. Ich meine nun, für die weiße Rasse sei auch die Zeit nun da, sich von ihren zivilisatorischen Anstrengungen auszuruhen, denn es mehren sich die Zeichen, daß sie des Nachdenkens und der Sammlung bedarf. Ihr Körper hat gelitten; die einzelnen Glieder versagen ihr den Dienst; ihre Gedanken verwirren sich; ihre Empfindungen werden hart; ihr Auge hat sich getrübt, und ihr Ohr vernimmt nicht mehr die Stimmen, die es früher gern und willig hörte. Sie sollte ihre Aufmerksamkeit nicht so sehr nach außen, sondern mehr nach innen richten, um die Schäden zu heilen und die Schwächen zu beseitigen, welche die Folge der Ermüdung sind. Wenn es im Westen Nacht geworden ist, wird es im Osten Tag. Dort steht der Mensch jetzt vor dem müden Abend; hier aber bricht der frische Morgen an. Wenn die ruhebedürftige Rasse die Gereiztheit ihrer angestrengten Nerven für Stärke und den Schlaf der andern Rasse für ein Zeichen der Schwäche hält, so ist es für sie ein Wagnis, die Schläferin gewaltsam aufzuwecken. Man gönne ihr doch ein friedliches Erwachen. Schon graut der Tag. Wir, die wir dazu verpflichtet sind, wir forschen und suchen, und wer mit Liebe und mit Eifer sucht, der muß die Wahrheit finden. Wir gehen zu den westlichen Völkern, um sie und ihre Kräfte und Absichten kennenzulernen. Ein jeder von uns hat sein besonderes Land und seinen besonderen Zweck. Der meine ist erreicht. Erreichen die andern den ihren in derselben Weise, so werden vielleicht, ja wahrscheinlich die niedrigen Wolken des Morgens blutig erglänzen, aber dann, wenn sie verschwunden sind, wird Friede sein auf Erden, wenigstens bei uns! Beherzigt dann der Christ, was ihm von seinem Herrn befohlen ward, so wird er uns als gleichbegabt und gleichberechtigt anerkennen und unser Bruder sein. Dann mag er zu uns kommen, um bei uns zu wohnen und zu lehren. Den Glauben und die Liebe eines Bruders weist man nicht zurück!“
    Jetzt stand er von seinem Sitz auf und wartete eine kleine Weile, ehe er hinzufügte:
    „So bin ich also bei Ihrem eigenen Wort angekommen, bei der Liebe. Der Kaukasier lehre uns, ihn zu lieben, ehe er uns belehre, nach seiner Art zu beten! Das ist die Antwort, welche wir ihm auf seine ‚chinesische Frage‘ geben, die wir bei uns gar nicht kennen! Ich bin fertig mit dieser ‚Frage‘ und hoffe zu seinem eigenen Besten, daß er in derselben Weise mit ihr zu Ende kommen werde. Er möge einsehen, daß eine friedliche Wechselwirkung zwischen unsern beiderseitigen Kulturformen in seinem eigenen Interesse liege. Dazu gehört aber, daß er aufhört, sich als den alleinigen Spender und uns als die alleinigen Almosenempfänger zu betrachten. Wir wissen, daß wir nicht ärmer sind als er. Betrachtet er sich aber auch fernerhin als den reichen Mann und den Chinesen als den armen Lazarus, so kann es kommen, daß dieses Gleichnis sich an ihm und uns in der Weise zu Ende lebt, wie Christus es einst erzählte. Und selbst wenn es ihm gelänge, aus dem von ihm gegen uns herbeigeführten Kampf als Sieger hervorzugehen, würden ihn die Folgen sehr bald über die uralte Wahrheit belehren, daß die Seele

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