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31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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meinem Vaterland in Ausdrücken, welche mich zu dem Entschluß brachten, jetzt zwar noch zu schweigen, nach Tisch aber diese Leute coram populo vorzunehmen. Doch sollte es hierzu nicht kommen, denn es trat ein anderer für mich ein, der General.
    Er saß so, daß er sie alle genau beobachten konnte. Sein Gesicht hatte sich vor Zorn gerötet. Ich sah, daß er mit dem Kapitän von ihnen sprach. Dieser antwortete in langer zusammenhängender Rede. Wahrscheinlich erzählte er, wie sich diese Herren schon auf dem Schiff betragen hatten und was es mit der ‚heutigen gloriosen Schwimmpartie‘ eigentlich für eine Bewandtnis habe. Jetzt fingen sie sogar von meinem Araber an. Ich sei mit diesem Kerl so sehr verbrüdert, daß man gar nicht wisse, wen man als den Herrn und wen man als den Diener zu behandeln habe. Es sei aber eben Deutschlands einzige und noch dazu nur eingebildete Größe, daß es mit jeder Rasse pokuliere, um ihr den Floh der Menschenwürde in das Ohr und den Ungehorsam gegen andere, höhere Nationen in den Kopf zu setzen. Ich hätte mich mit meinem ungezogenen Araber sogar der frech gewordenen Chinesen angenommen, und wenn man sich das nicht gefallen lassen wolle, so sei Germania sofort mit rohen Fäusten da, um mit Prügel darzulegen, was es auf andere, gebildete Art niemals beweisen könne.
    Die Mannschaft und Offiziere des Schiffes, also wohl auch der Kapitän, hatten von Omar erfahren, daß die sechs Gentlemen von uns die Treppe hinabgeworfen worden waren. Der General hatte es nun auch gehört. Er sagte so laut, daß ich es deutlich verstand:
    „Sie hatten noch viel Schlimmeres verdient, als diese ‚gloriose Treppenpartie‘. Wenn sie nicht augenblicklich tun, was ich ihnen befehlen werde, stürzen sie dieses Mal noch tiefer!“
    Er stand auf und ging zu ihnen hin, langsamen Schrittes, hoch aufgerichtet. Jedermann sah, daß diese vornehme, gebieterische Gestalt sehr wahrscheinlich mit einer Katastrophe nahte. Dennoch rief einer der Gentlemen spottend aus:
    „Wer kommt denn da? Im armseligen Straßenrock! Also auch ein Deutscher, der kein Geld zur weißen Frühstücksjacke hat! Will mit uns reden, wie es scheint! Steht auf! Erhebt euch von den Sitzen! Achtung, dem Achtung gebührt!“
    Sie sprangen alle empor und sahen dem General laut lachend entgegen. Dieser kam heran, blieb vor ihnen stehen, griff in die Tasche und sagte:
    „Hier meine Karte!“
    Er warf sie auf den Tisch. Einer nahm sie weg, las sie und gab sie seinem Nachbar. Und wie sie nun von Hand zu Hand weiterging, so wurde die Szene eine ganz andere. Die Gesichter zeigten sehr deutlich den Schreck, der jedem beim Lesen des Namens ergriff. Die erst ironische Achtung war plötzlich ernst, sehr ernst geworden. Da fuhr der General fort, indem er sich halb wendete und auf mich zeigte:
    „Ihr habt dort den deutschen Gentleman und sein Vaterland verhöhnt. Jetzt marschiert ihr hin zu ihm und bittet um Verzeihung, alle, ohne Ausnahme! Wer nicht gehorcht, den schicke ich mit dem nächsten Schiff heim! Wir brauchen allerdings Gentlemen, aber keine Renommisten! Vorwärts – marsch!“
    Keiner wagte ein Wort der Entgegnung. Er hielt den Arm noch ausgestreckt, und sie setzten sich in Bewegung, um zu gehorchen. Da stand ich auf und sagte:
    „Ich danke Ihnen, General! Die Beleidigten verzichten auf die Abbitte und erklären sich für befriedigt!“
    Er nickte mir halb verwundert zu und antwortete:
    „Dann haben nicht Sie mir zu danken, sondern ich Ihnen im Namen dieser unvorsichtigen Leute. Gestatten Sie, daß Ihr Diener hierher zu Tisch geladen wird?“
    „Ja“, sagte ich, indem ich mich wieder niedersetzte.
    Er drehte sich den Blamierten wieder zu und fragte:
    „Welcher von euch heißt Dilke?“
    „Ich“, antwortete der Betreffende.
    „Ihr schickt jetzt auf der Stelle nach Sejjid Omar, und wenn er kommt, so bittet ihr ihn, mit euch zu speisen! Ihr behandelt ihn mit der Hochachtung und Dankbarkeit, die ihm als Sejjid und als Lebensretter gebührt! Das ist mein Befehl, und ich bin gewohnt, daß man mir gehorcht!“
    Nach diesen Worten kehrte er an seinen Platz zurück. Als er sah, daß ich abermals aufstand, um mich anerkennend zu verbeugen, kam er bis zu mir heran, gab mir die Hand und sprach:
    „Bitte, keinen Dank! Ich tat nur meine Schuldigkeit. Sie wissen, es gibt in jedem Volk derartige Bestandteile, mit denen ohne Kandare nicht auszukommen ist.“
    Er hatte das so laut gesagt, daß man es im ganzen, jetzt still gewordenen Saal hörte;

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