312 - Die dunkelste Stunde
hoffte auf weitere Infos, doch die blieben aus.
»Und ihr glaubt, dass wir die nötige Energie nicht rechtzeitig zusammenbekommen?«, fragte er schließlich.
»Wenn es nur das wäre! Ein Schuss, der mit diesem...«, Quart’ol sah zu Steintrieb, »... Bums den Erdkern trifft oder knapp passiert, wird ihn zerreißen.«
Der Satz traf Matt wie ein Tritt in den Magen. »Das heißt, entweder zerstört der Streiter die Erde – oder wir tun es selbst.« Er hatte das Gefühl, seine letzte Hoffnung rinne ihm wie Sand durch die Finger.
»Können wir nicht gleich von der Erde wegschießen, anstatt durch sie hindurch?«, fragte Meinhart Steintrieb.
»Da der Projektor nach unten gewölbt ist, geht das leider nicht.« Quart’ol zögerte für einen Augenblick. »Es sei denn...«
»...wir stülpen das Ding um«, vollendete Steintrieb den Satz.
Matt und Xij sahen sich mit großen Augen an. »Ginge das denn?«, fragten sie wie aus einem Mund.
Statt eine Antwort zu geben, drehten sich Quart’ol und Gilam’esh synchron zum Bildschirm um und tippten wild auf den Kontrolltastern herum. Der Erdquerschnitt verschwand, stattdessen tauchten verwirrende Grafiken und Diagramme auf.
In ihrer eigenen Sprache klackerten die Hydriten aufeinander ein. Matt verstand kein Wort – und das, obwohl er Hydritisch beherrschte. Aber der Dialog steckte so voller technischer Ausdrücke, dass die Fischmenschen genauso gut Kisuaheli hätten reden können.
»Es wäre möglich«, sagte Quart’ol schließlich für alle verständlich. »Wir müssten das bionetische Material erweichen und umformen. Das erfordert allerdings das Abschmelzen des Eises über dem Zeitfeldprojektor und ein zumindest kurzzeitiges Abschalten der Feldstabilisatoren.«
»Moment«, wandte Xij ein. »Heißt das, diese... Zeitwirbel könnten entkommen?«
»Ja. Deshalb ist es nötig, den Projektor vollständig zu entladen.«
»Entladen?«, entfuhr es Matt. »Leute, es wird ohnehin schon knapp genug, Energie für einen Schuss zu sammeln. Wir können es uns nicht erlauben, etwas davon zu verlieren!«
»Das klingt dramatischer, als es ist!«, hallte Miki Takeos Stimme durch die Röhre. Offensichtlich hatte er vom anderen Ende des Verbindungsgangs jedes Wort mitgehört. »Die Ladung der Speicherwaben wird dabei nicht angezapft. Wir verlieren nur die Energie, die sich bereits im Zeitfeldprojektor befindet.«
»Warum ist da überhaupt schon etwas drin?«, fragte Xij.
»Das ist nötig, um die Systeme quasi im Leerlauf zu halten«, entgegnete Takeo. »Sonst würde auch die Zieloptik nicht funktionieren.«
Erstmalig meldete sich Clarice zu Wort. »Ändert das Umkehren der Schüssel überhaupt etwas am Problem des Zielens?«
»Um ehrlich zu sein: nein«, gab Quart’ol zu. »Wir bräuchten einen festen Bezugspunkt, auf den wir die Zieloptik vorab ausrichten können. Ein ›Schuss aus der Hüfte‹ ist so gut wie aussichtslos.«
Bevor sich erneut Ernüchterung breitmachen konnte, klatschte Matt in die Hände. »Über dieses Problem machen wir uns Gedanken, wenn wir das erste gelöst haben. Erst einmal gilt es, den Projektor zu entladen und umzustülpen. Je schneller das erledigt ist, desto besser. Also: An die Arbeit!«
***
»Sollten wir die Zieloptik nicht lieber auf ein unbewohntes Gebiet ausrichten?«
Matt plagte ein schlechtes Gefühl bei der bevorstehenden Entladung. Und das nicht nur wegen der Energieverschwendung, sondern weil er mögliche Folgen befürchtete. Ein Schaudern überkam ihn, als er daran dachte, wie Crow ihn damals zum Abfeuern gezwungen hatte und er, um den Schaden gering zu halten, die Zielkoordinaten im letzten Augenblick unbemerkt von Washington auf die Ausläufer der Appalachen geändert hatte.
»Wir geben ja keinen Schuss ab«, beruhigte ihn Gilam’esh. »Es handelt sich eher um eine Verpuffung, so wie sie in den letzten zehntausend Jahren einmal pro Millennium vorgekommen ist.«
»Was aber jedes Mal ein Zeitportal verursacht hat«, präzisierte Matt.
»Echt jetzt?«, ließ sich Steintrieb vernehmen. »Wie ist das passiert?«
»Für technische Details musst du unsere freundlichen Hydriten fragen. Fest steht, dass der Flächenräumer bei jeder Entladung ein Tor an den Koordinaten entstehen ließ, auf die gerade die Zieloptik zeigte.«
»Ein Tor ?«, fragte Mariann Braxton nach.
Matt nickte. »Diese Zeitportale führten immer genau zu der Stelle und zu dem Moment, da sie entstanden sind. General Crow und mich hat es zum Beispiel ins San Francisco
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