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312 - Die dunkelste Stunde

312 - Die dunkelste Stunde

Titel: 312 - Die dunkelste Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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bitterherb.
    Der Jäger kroch aus seinem Versteck hinter einem vertrockneten Schorfbaum und nahm die Verfolgung auf. Hornkrabbler waren schnell! Und als der Käfer den Jäger bemerkte, trippelten die vielen Beinchen so hurtig durchs Gras, dass sie zu einer einzigen flimmernden Bewegung verschwammen.
    Doch auch der Jäger war schnell. Und er war ausdauernd. Er durfte nur die Witterung des Krabblers nicht verlieren. Beim Gedanken an dessen weiches Fleisch vibrierten seine Borsten vor Erwartung.
    Dort vorne! Da lief es, das kleine, chancenlose Beutetier. Gerade versuchte es, sich hinter einer modrigen Wurzel in Sicherheit zu bringen, aber das...
    Die Luft begann vor dem Jäger zu flirren. Eine kreisrunde, glitzernde Fläche wie aus unzähligen Regentropfen stand plötzlich vor ihm in der Luft.
    Die Kreatur bremste ab, doch zu spät. Sie tauchte in die Fläche ein – und fand sich von einem Moment auf den nächsten in einer bizarren, völlig veränderten Welt wieder.
    Wo waren die Bäume geblieben, deren verrottete Blätter so verlockend rochen? Wo die heißen Sumpflöcher? Wo war der Wärmebringer am Himmel?
    Stattdessen war es schrecklich kalt.
    Ein Monstrum kam auf die Kreatur zu, ein riesenhaftes Wesen auf nur zwei Beinen, lang und dünn wie der Stamm der Schwenkeste.
    Der Jäger wollte in Deckung flüchten, doch da war nichts!
    Wie sollte er dem Ungetüm entkommen?
    Mit seinen riesigen Füßen kam es auf ihn zu – und schritt einfach über ihn hinweg. Es hatte ihn nicht bemerkt!
    Seine Borsten spürten die Vibration des Bodens. Von dort hinter der Biegung kam jemand. Noch mehr dieser zweibeinigen Monster? Würden sie ihn bemerken?
    Die Kreatur fällte ihre Entscheidung blitzschnell und huschte dem ersten Wesen hinterher, klammerte sich an einem der Füße fest und kroch unter eine Falte des merkwürdig glatten Fells.
    Wieder regte sich der Hunger in ihr.
    Doch der musste warten.
    Vorerst wenigstens.
    ***
    »Was beim Roten Vater ist das ?«, entfuhr es Mariann Braxton, als sie den Riss in der Wirklichkeit entdeckte.
    Wie eine Seifenblase in Kopfgröße tanzte er etwa zwei Zentimeter über dem Boden. Dahinter sah die Marsianerin nicht etwa den Boden des Flächenräumers, sondern den winzigen Ausschnitt einer fremdartigen Welt: Bäume, die sich vor Schmerzen zu krümmen schienen, Sträucher mit kümmerlichen, pulsierenden Blüten, weit entfernt ein stämmiges Tier mit dornenbewehrten Beinen.
    Ein Schauder huschte Mariann über den Rücken, so heftig, als krabble ihr eine Käferarmee über die Haut.
    Plötzlich flackerte die Blase, schimmerte in allen Farben des Regenbogens – und verschwand. Und hinter sich hörte sie die Stimme des Erdenmenschen Matthew Drax.
    »Das war eines der Zeitportale – nur sehr viel kleiner als die vorherigen und instabil.«
    Sie drehte sich um. Neben Drax standen Xij Hamlet und die beiden Hydriten. »Ich hatte recht – es ist gleich wieder erloschen«, sagte einer der Fischmenschen. Es musste Quart’ol sein; Mariann konnte die beiden nicht auseinanderhalten. »Die Energiemenge war zu gering.«
    »Das wäre also erledigt«, drängte Gilam’esh. »Lasst uns nicht unnötig Zeit verlieren. Wir haben noch viel Arbeit vor uns!«
    Mariann schüttelte sich. Das Kribbeln auf ihrem Rücken ließ sich genauso wenig abstreifen wie die Erinnerung an die skurrile Welt in der Blase.
    »Ich gehe nach oben ins Shuttle und löse Vogler und Clarice ab«, meinte sie.
    »Tu das«, sagte Sinosi Gonzales, der in diesem Augenblick ebenfalls um die Biegung kam. »Soll ich dich begleiten?«
    Sie schüttelte den Kopf. Sonst hätte sie nichts gegen die Gesellschaft ihres Pilotenkollegen einzuwenden gehabt, aber diesmal wollte sie alleine sein. »Lass nur. Hilf lieber hier unten.«
    Als sie aus dem Mannschaftslager die Thermojacke holte, dachte sie an verdorrte Strauchblüten.
    Während der bionetische Schlauch sie nach oben zum Shuttle würgte, gingen ihr die schmerzgekrümmten Bäume durch den Sinn. Und als sie Vogler und Clarice nachsah, wie sie in der Eisspalte verschwanden, glaubte sie das Stampfen dornenbewehrter Füße zu hören.
    Es war ihr unbegreiflich, wie dieser kurze Blick in eine andere Zeit oder Welt sie so nachhaltig beeindrucken konnte.
    Hatte sie eine weit zurückliegende Vergangenheit der Erde gesehen? Oder ihre Zukunft? Eine Zukunft nach dem Streiter? Wieder spürte sie den fast schmerzhaften Schauder zwischen den Schulterblättern.
    Mariann Braxton blickte auf die Anzeige mit den

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