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312 - Die dunkelste Stunde

312 - Die dunkelste Stunde

Titel: 312 - Die dunkelste Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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Wahnsinn besudelt.
    Die Behutsamkeit des Eindringlings glich der eines Menschen, der vorsichtig auf ein Ei trat. Es mochte länger dauern, aber irgendwann zerbrach es doch.
    Mit aller Kraft kämpfte Grao den Hass nieder, der wieder in ihm hochkochte. Stattdessen schossen ihm urplötzlich Erinnerungen durch den Kopf – an Ereignisse, die er nie erlebt hatte. Ein Blutbad, fliegende Tische, Stühle und Körper. Ein riesiges Haus namens SEESAWS PALLAS.
    Er hatte sich der Gewalt hingegeben und jeden Augenblick davon genossen. Das Bersten und Splittern menschlicher Knochen, Schreie voller Entsetzen, das Schimmern der Erkenntnis des nahen Todes in den Augen seiner Opfer. Wie herrlich!
    Nein, nicht er hatte all die Primärrassenvertreter auf dem Gewissen. Aber jemand wie er . Ein anderer Daa’mure!
    Grao’sil’aana hatte immer geahnt, dass er nicht als einziger Vertreter seiner Rasse auf der Erde zurückgeblieben war. Es musste andere wie ihn geben, die es nicht rechtzeitig zum Uluru geschafft hatten, zur finalen Schlacht zwischen Wandler und Finder. Und die, nachdem ihr Gott ins All aufgebrochen war, zurückgeblieben waren und seither das Beste aus ihrem Leben im Feindesland machten.
    An diese Überlegungen erinnerte sich Grao in diesen Momenten nicht – viel zu brutal war der Überfall der fremden Wesenheit; auch sie ein Gott, aber ein abgrundtief böser!
    Die Präsenz drang tiefer in ihn ein. Es fühlte sich an wie eine Tür, die in einem gewaltigen Sturm aufsprang und den Weg freimachte für Wind, Blätter, Regen und Dreck.
    Grao warf sich gegen diese Tür in seinem Kopf. Er wollte den geistigen Hurrikan nicht in sich haben. Durfte es nicht!
    Denn er wusste genau, wer der Eindringling war. Der Feind des Wandlers!
    Hilf mir! , wollte er Mefju’drex anflehen.
    »You have come to show you go on«, sagte er stattdessen.
    Es war, als hätten fremde Erinnerungen die Kontrolle übernommen.
    Nein! Das darf nicht geschehen!
    Er stemmte sich noch fester gegen die Tür. Dennoch fühlte er, wie er die Gewalt über den Hermon-Körper verlor. Die Schuppen verschoben sich, formten die Daa’muren-Gestalt aus.
    Und dann gelang es ihm doch, für einen kurzen Moment.
    »Der Streiter!«, brachte er hervor. Die Kraft, die er dafür aufwenden musste, war unbeschreiblich. »Übernimmt – mich!«
    Ein Gesicht tauchte vor ihm auf. Es schob sich zwischen all die toten Fratzen, wie die von Davy Cooper, dem er das Genick gebrochen hatte. Noch jetzt glaubte er, das köstliche Geräusch zu vernehmen, die Süße des Todes zu schmecken.
    Natürlich war sie nur ein fader Abklatsch dessen, wie die Essenz des Wandlers ihm  -
    »Grao«, sagte das Gesicht. »Hörst du mich?«
    Da erkannte er es. Es gehörte Mefju’drex. Dem verhassten Feind, dem Mörder Daa’tans...
    »Ja«, ächzte er. Mehr schaffte er nicht.
    »Wir müssen die Chance nützen«, drang es zwischen den Lippen des Menschen hervor. Doch die Worte ergaben keinen Sinn.
    »Vorsicht, Matt!«, rief eine andere Stimme. Grao erkannte sie nicht. »Es ist gefährlich!«
    »Er hat Kontakt zum Streiter! Das müssen wir nutzen!«
    Nutzen? Wie meinte er das? Graos geistige Kraft erlahmte rapide. Lange würde er die Tür nicht mehr zudrücken können.
    »Du musst dem Streiter sagen, dass der Wandler die Erde verlassen hat!«
    Musste er das? Aber wie?
    Die Tür! Öffne sie!
    Und den Sturm hereinlassen? Nein, auf keinen Fall!
    »Bitte, Grao!« Mefju’drex’ Stimme klang eindringlich. »Du bist vielleicht unsere einzige Chance, mit dem Streiter direkt zu sprechen. Wir dürfen sie nicht verschenken!«
    Der Daa’mure gab die Tür frei. Mit einem Knall, den nur er zu hören vermochte, sprang sie auf. Hass, Gier und Wahnsinn wirbelten herein.
    Der Wandler hat die Erde verlassen, brüllte er dem Wesen vor der Tür entgegen. Aber genauso gut hätte er in einem Schneesturm jemandem etwas zuflüstern können, der kilometerweit entfernt stand.
    Das Schneegestöber des Irrsinns erfasste Grao und fegte die Gesichter aus dem SEESAWS PALLAS davon. Stattdessen traten die klarer hervor, die sich tatsächlich in seiner Nähe aufhielten.
    Wie das von Mefju’drex! Seine Lippen bewegten sich. Vermutlich sprach er mit ihm, redete mit seiner verlogenen Zunge auf ihn ein.
    Hatte er nicht gerade versucht, Grao zu missbrauchen? In der Hoffnung, er würde die Erde verschonen, wollte er den Streiter direkt auf den Wandler hetzen. Auf das Volk der Daa’muren. Auf ihren Gott!
    Dafür wirst du bezahlen, Mefju’drex! Und

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