313 - Der verlorene Pfad
gefragt!«
»Und ich sagte...«
»Sie weiß nichts von Tumaara!«, mischte sich Juefaan ein. Hastig berichtete er, wie er Aruula gefunden hatte. Von dem seltsamen Lupa, der ihn direkt zum Höhlenlabyrinth getrieben hatte. Von dem Loch in der Erde und der Höhle darunter, in der er Aruula entdeckt hatte. Und von den beiden Jägern, die plötzlich aufgetaucht waren und Aruula aus ihrem Gefängnis befreit hatten.
Aruula bremste seinen Wortschwall und erklärte: »Nicht ich war es, der ihr als Königin gefolgt seid, sondern ein Daa’mure in meiner Gestalt! Er hatte mich im Königinnenzelt angegriffen und schwer verletzt. Er dachte, ich wäre tot, doch Orlaando fand mich, versorgte meine Wunden und trug mich zu einer Höhle. Dort entdeckte uns der Daa’mure und verschloss den einzigen Zugang.«
Rebeeka sah sie skeptisch an. »Ein Daa’mure? Eine dieser Gestaltwandler-Echsen? Wo kam die denn so plötzlich her?«
»Sein Name ist Grao’sil’aana«, sagte Aruula. »Und er tauchte nicht plötzlich auf, ganz im Gegenteil. Ihr kennt ihn als den Händler Hermon.«
Ein Raunen ging durch die Menge.
»Du behauptest, dass er schon die ganze Zeit über bei uns war?«, sagte Rebeeka. »Das ist unmöglich! Das hätten wir doch gemerkt!«
»Grao’sil’aana ist ein Meister der Täuschung und listenreich«, entgegnete Aruula. »Habt ihr ihm nicht auch die Königin Aruula abgenommen und seid ihm in den Krieg gefolgt? Den er nur führte, um den Tod von Bahafaa zu rächen.«
Jetzt wurde die junge Kriegerin nachdenklich. »Hermon war mit Bahafaa zusammen. Das könnte tatsächlich erklären...«
»Es ist so«, bekräftigte Aruula. »Und an mir wollte er sich rächen, weil ich und Maddrax für den Tod seines... Ziehsohnes verantwortlich sind.« Sie verschwieg, dass es ihr Sohn gewesen war; das hätte alles nur verkompliziert.
Rebeeka musterte sie, jetzt nicht mehr ganz so ablehnend. »Und warum hat er nun die Dreizehn Inseln verlassen?«
»Er ist zum Südpol gereist, wo eine uralte, mächtige Waffe der Hydriten steht«, antwortete Aruula. »Er will helfen, den Streiter abzuwehren. Euer Telepathenzirkel hat ihn wohl davon überzeugt.«
Aus der anfänglichen Skepsis der Leute war erst Staunen, dann Bestürzung geworden, auch als sie von Orlaandos Tod in dem unterirdischen Wasserlauf berichtete. Aruula sprach überzeugend, und was sie sagte, erklärte so manches Rätsel um die angebliche Königin Aruula.
Nur Rebeeka blieb misstrauisch bis zum Schluss. »Dieser Grao’sil’aana kann also deine Gestalt annehmen. Woher wissen wir aber, dass er nicht in diesem Moment vor uns steht und die echte Aruula tot ist?«
»Das lässt sich leicht herausfinden.« Aruula breitete die Arme aus. » Erlauscht meine Gedanken!«
»Du weißt genau, dass das nicht erlaubt ist!«, konterte Rebeeka.
»Nur deshalb konnte er sein falsches Spiel so lange aufrechterhalten. Ich aber erlaube es!«, sagte Aruula fest. »Ich befehle es sogar – als eure Königin!«
***
25. Dezember 2527, beim Volk der Dreizehn Inseln
Zwei Wochen waren vergangen, seit Aruula aus der Höhle gerettet worden war. Inzwischen bezweifelte niemand mehr ihre Identität. Einige Telepathinnen waren Aruulas Aufforderung gefolgt und hatten ihre Gedanken erlauscht – doch der überzeugendste Beweis für die Echtheit ihrer Aussage war Aruula selbst.
Jeder hätte Verständnis gezeigt, wenn sie sich zurückgezogen hätte, um sich von den durchlittenen Strapazen zu erholen. Doch das tat sie nicht. Aruula versuchte unermüdlich, den von Grao’sil’aana angerichteten Schaden – so weit es ging – wieder gutzumachen. Sie sorgte dafür, dass die Familien der vor Malmee gefallenen Kriegerinnen Winterkleidung und Vorräte erhielten, ließ einen berühmten Heiler von der Drottning-Insel holen, der das Leid der Telepathinnen lindern sollte, und besuchte täglich die erkrankten Frauen und sprach ihnen Mut zu.
Der Unterschied zur vermeintlichen Aruula hätte gravierender nicht sein können. Die echte Königin war niemals kühl und abweisend; sie verschwand nicht spurlos und lebte auch keine Launen aus. Herzlichkeit, Respekt und ein hohes Maß an Pflichtbewusstsein, das war Aruula vom Volk der Dreizehn Inseln. So kannte man sie, und so wurde sie geliebt.
Nur nicht von Rebeeka.
Aus Gründen, die Aruula nicht recht nachvollziehen konnte, war die junge Kriegerin noch immer nicht bereit, auch nur das kleinste Lächeln zu zeigen, wenn Aruula nachmittags anklopfte, um Tumaara zu besuchen.
Es
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