313 - Der verlorene Pfad
ersten Einsatz wartete. Und der würde, allen früheren Plänen zum Trotz, nicht über die Ländereien von Canduly Castle führen, sondern zum Südpol! Um Matthew Drax vor einem Daa’muren zu warnen, der vielleicht etwas im Schilde führte.
Zu allem Überfluss würde Aruula natürlich mitreisen. Man brauchte sich ja auch keine Sorgen zu machen, dass etwas zwischen den beiden passieren könnte, denn Rulfan und die schöne, vollbusige Wilde waren nur gute alte Freunde .
Ha!
Ich lasse ihn mir nicht wegnehmen von dieser Frau!, dachte Myrial grimmig. Nicht in hundert Jahren!
Sie tastete nach dem Messer unter ihrem Mantel. Myrial verstand nichts von Tekknik, aber sie wusste, dass das Luftschiff nur mit einem intakten Ballonkörper fliegen konnte. Seine Hülle bestand aus einem feinen, ganz speziellen Stoff. Er war leicht zu zerschneiden...
***
Juefaan bekam den Schreck seines Lebens, als plötzlich eine stille, vermummte Gestalt an ihm vorbei schlich. Er hatte den günstigsten Moment abgepasst und war durch das Haupttor geschlüpft, als die berittene Patrouille hindurch ritt. Dann hatte er im Schatten der Burgmauer einige Minuten gewartet, bevor er über die Wiese hinüber zum Hangar gelaufen war. Er war stolz auf seine Idee, sich vorher im Schnee zu wälzen, sodass sein Mantel eine weiße Färbung angenommen hatte. Und es hatte funktioniert: Man hatte ihn von den Zinnen aus nicht entdeckt.
Außer Atem kam er bei der Ruine an und kauerte sich zwischen einige schneebedeckte Büsche, um wieder zu Atem zu kommen. Und dann, ganz plötzlich, tauchte dieser Schatten auf und lief nur wenige Meter an ihm vorbei! Fast hätte Juefaan aufgeschrien. Stattdessen hatte er sich flach auf den Boden gedrückt und mit angehaltenem Atem verharrt.
Als er den Kopf schließlich wieder hob, war von der Gestalt nichts mehr zu sehen. Juefaan war sich nicht einmal sicher, ob sie zum Hangar gegangen oder wieder verschwunden war. Sicherheitshalber wollte er noch ein Weilchen im Versteck bleiben.
Dass er gut daran getan hatte, stellte sich kurze Zeit später heraus – als eine weitere Gestalt in einem bodenlangen schwarzen Mantel auftauchte und der Spur der ersten zu folgen schien. Nun stand für Juefaan fest, dass er sich das Luftschiff keinesfalls heute noch würde ansehen können, denn der Fremde verschwand in dem Hangar. Warum entzündeten die beiden eigentlich keine Fackeln? Da drin würden sie doch kaum etwas sehen können.
Juefaan saß allmählich trotz der Eiseskälte wie auf heißen Kohlen. Er dachte an Aruulas Drohung, ihn an Händen und Füßen gefesselt in eine Tofanenkiste zu stecken, wenn er sich noch ein Mal heimlich davon machte. Er glaubte zwar nicht daran, dass sie das wirklich tun würde, aber irgendeine Form von Strafe bekam er bestimmt heute Nacht, wenn man ihn erwischte.
Juefaan biss ich auf die Unterlippe und betrachtete die dunklen Außenmauern der Ruine. Konnte er es riskieren, sich zurückzuziehen – oder lief er Gefahr, dass die beiden Fremden plötzlich wieder auftauchten und ihn ertappten?
Fast hatte er sich dazu durchgerungen, loszulaufen, da hielt ihn eine Stimme zurück. Die Stimme einer Frau!
»Bitte!«, scholl sie flehend aus dem Hangar herüber. »Bitte tu mir nichts!«
***
Myrial war nicht mehr dazu gekommen, ihren Plan in die Tat umzusetzen. Kurz nachdem sie den Hangar betreten und ihr Messer gezogen hatte, wurde sie von hinten gepackt und brutal an die Wand gestoßen. Das Messer klirrte zu Boden. Jemand trat es weg, dann riss er die erschreckte Frau herum.
Myrial schlug das Herz bis zum Hals, als sie den Angreifer sah. Es war ein finsterer Kerl im schwarzen Mantel, schwer bewaffnet. Er hatte einen seltsam starren Gesichtsausdruck, den sie schon einmal gesehen hatte – vor nicht allzu langer Zeit, als sie auf ihrer eigenen Burg überfallen worden war.
Von Exekutoren!
»Bitte!«, flehte sie. »Bitte tu mir nichts! Ich gebe dir alles, was du willst, aber lass mich leben! Ich habe ein kleines Kind und...«
»Halt die Klappe!«, fuhr der Fremde sie an. Sein Atem roch faulig und Myrial drehte angewidert den Kopf zur Seite. Prompt fuhr ihr eine grobe, haarige Hand an die Kehle. Harte Finger packten ihren Unterkiefer, zwangen ihr Gesicht zurück nach vorn.
»Ich gefall dir wohl nicht, was?«, höhnte der Kerl. Seine freie Hand kroch unter ihren Umhang, tastete sie ab. Er grinste dabei. »Macht nichts, Püppchen. Ich will ja auch nichts von dir. Nur von deinem weißhaarigen Hengst. Du gehst jetzt
Weitere Kostenlose Bücher