315 - Apokalypse
ist, wirst du auch wieder aufwachen. Und dann kann ich deine Gehirnerschütterung behandeln.« Er erhob sich. »Und jetzt muss ich mich um den Rest des Wakudasteeks kümmern, bevor es verdirbt. Und dann mache ich ebenfalls ein kleines Nickerchen...«
Zufrieden mit sich und der Welt ging Cris Crump nach unten in die Küche, holte sich Nachschub aus der Speisekammer und ließ es sich erneut schmecken. Schließlich nickte er im Gästezimmer, das nicht weit von dem seines Patienten entfernt lag, ein.
Ein dumpfer Schlag ließ ihn hochschrecken. Der Sturm musste wohl irgendeinen abgebrochenen Zweig direkt gegen sein Fenster geweht haben. Auf seiner Taschenuhr, die ihm der Haus- und Hoftüftler von Stuart Castle, Patric Pancis gebaut hatte, sah er, dass er rund zweieinhalb Stunden geschlafen hatte. Zeit also, wieder nach Juefaan zu schauen.
Der Heiler schlurfte zum Zimmer des Jungen. Er freute sich bereits auf ein kräftiges Frühstück und fragte sich, wann die Köchin hier den Betrieb wohl aufnehmen würde. Crump öffnete die Tür, betrat das Zimmer – und erstarrte.
Juefaan lag nicht mehr in seinem Bett. Das war nicht nur zerwühlt, es war zerstört ! Decke und Kissen waren in tausend Fetzen zerrissen, als hätte sich ein Eluu darin ausgetobt. Überall lagen Daunen und Federn; vor dem Bett sah es aus, als hätte es geschneit. Dazwischen konnte er die Scherben zerbrochener Vasen und die Überreste von Myrials liebevoll gestickten Fenstervorhängen ausmachen.
Was ist denn hier passiert? Das ist ja ein einziges Schlachtfeld...
Crump machte zwei weitere Schritte ins Zimmer hinein. Und bemerkte eine Bewegung aus den Augenwinkeln. Schneller, als man es ihm bei seiner Leibesfülle zugetraut hätte, fuhr er herum. Sein Herz klopfte plötzlich hoch oben im Hals, seine Augen wurden groß.
»Was...«
Hinter der Tür stand Juefaan. Oder doch eher ein Dämon? Der Junge war nackt. Seine Haare hingen ihm wirr um die bösartig verzerrte Fratze, die kaum noch Gesicht zu nennen war, und er hatte die Augen weit aufgerissen. Etwas unglaublich Brutales flackerte in ihnen.
Was Cris Crump aber wirklich Sorgen machte, war der eiserne Schürhaken, den Rulfans Sohn in den Händen hielt. Die Spitze zeigte direkt auf den Bauch des Heilers!
»Der Streiter kommt...«, flüsterte Juefaan, während sein Blick zu irrlichtern begann. Dann machte er zwei blitzschnelle Schritte. Und rammte Crump den Schürhaken oberhalb des Bauchs ins Brustbein.
Der massige Mann gurgelte, klammerte seine Hände um das Eisen und versuchte es aus seiner Brust zu ziehen, während er auf die Knie sank. Ungerührt sah Juefaan zu, wie Schwalle von Blut aus dem Mund des Schwerverletzten schossen, wie er schließlich auf die Seite fiel und mit einem leisen Seufzer sein Leben aushauchte.
»Alles tot, alles zerstört... Der Streiter ist nahe... ich spüre ihn...«
Juefaan verschwand in den dunklen Gängen der Burg.
***
Agartha
Lhündrub saß auf dem Sofa, löffelte selbst gemachten Yaak-Eintopf und schaute Agartha-TV. Nach den »Neuigkeiten des Tages«, die mit einer versuchten Zugentführung auf der Linie AG 19 in Richtung Luftschiffhafen und einem völlig verwirrten Täter aufmachten, schaltete er zu »Frage und Antwort«, einer überaus populären Livesendung, bei der Persönlichkeiten des Königreichs zu allen möglichen Themen ausgequetscht wurden. Er selbst war auch schon mal zu Wort gekommen, beim Thema »Der Yeti – Hirngespinst oder Realität?«. Weil er aber Hohn und Spott der Moderatoren hatte einstecken müssen, mied er die Sendung seither.
Für heute war Chefwissenschaftler Chöpal angekündigt. Er würde zum Thema »Kann die Lavaspalte noch effizienter zur Energiegewinnung genutzt werden?« reden und die Grundzüge einer neuen, in der Entwicklung befindlichen Technik vorstellen. Lhündrub war sehr gespannt, welchen Izeekepir Chöpal dem Volk heute wieder aufbinden würde.
Chöpal saß zwischen den beiden Moderatorinnen und schaute ernst drein. Lhündrub spürte ein unangenehmes Ziehen in der Bauchgegend, als der Chefwissenschaftler damit begann, wegen aktueller Entwicklungen das Thema wechseln zu wollen.
Das Ziehen im Bauch des Großen Rats wuchs sich zu einem ausgemachten Magenkrampf aus, als Chöpal den Streiter und den bevorstehenden Untergang Agarthas thematisierte und der Regierung, namentlich Lobsang Champa, Ignoranz und vollkommene Unfähigkeit vorwarf. Auch die Moderatorinnen waren entsetzt, ergriffen aber die Gelegenheit und hakten
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