315 - Apokalypse
schweiften Dexters Blicke über den verkrümmten Körper Valdis Angelis’. Irgendwie sah die Strebe mit den rostroten Flecken, die aus dem Hals des Orters ragte, grotesk aus. Im Pilotensessel saß noch immer Leda Raya Braxton. Die sorgfältig manikürten Finger ihrer rechten Hand lagen auf der Steuerungskonsole, ihre gebrochenen Augen schauten auf die Kabelschächte, die an der Decke verliefen. Die Erste Pilotin war die Einzige, die nicht der Streiter auf dem Gewissen hatte, sondern Dexter Wang selbst.
Noch eine nach Morgan...
Die direkte Schuld an Ledas Tod ließ ihn seltsam kalt. Er hatte ihr das Genick brechen müssen, um den Kurs zu ändern, den sie zuletzt einprogrammiert hatte. Er hätte die AKINA nämlich direkt in die Sonne geführt!
»Was ist jetzt? Willst du mir die Grundbegriffe der Raumfahrt erklären?«, quengelte Morgan, der auf einer Konsole saß und die Beine baumeln ließ. »Mit meiner Hilfe könntest du Versager das Schiff vielleicht sogar wieder zum Mars zurückbringen.«
Dexter Wang starrte auf den immer noch aktivierten Hauptmonitor, auf dem der Streiter zu sehen war. Die AKINA war auf geheime Mission gegangen, als man mit dem eingeschränkt funktionierenden Virtuellen Cortex auf den beiden Marsmonden entdeckt hatte, dass der Neptun am Rande des Sonnensystems an Masse verlor. Da die Vermutung nahe lag, dass der Streiter dafür verantwortlich war, hatte Militärpräsident Leto Angelis den Auftrag erteilt, den dritten Cortex auf dem Erdmond zu reaktivieren, denn nur mit dem gesamten Superteleskop konnten die Marsianer Blicke in den Tiefen Raum werfen. Doch dann hatte sich der Streiter schneller zu erkennen gegeben, als ihnen allen lieb war...
Wang kontrollierte die automatischen Messungen, die immer noch zuverlässig Daten lieferten. Der Streiter bewegte sich immer noch nicht. Er war vor zweieinhalb Stunden von den Ausläufern eines starken Energiestoßes getroffen und außer Gefecht gesetzt worden.
Ein Schuss des Flächenräumers?
Wie auch immer, die Daten legten nahe, dass der Streiter zwar paralysiert, aber eben nicht erledigt war. Wahrscheinlich würde er schon bald wieder zu sich kommen!
Während des Erkundungsganges durch das hoch technisierte Raumschiff hatte Dexter Wang fieberhaft nachgedacht. Und war zu einem Ergebnis gekommen. Er holte seine Pillen aus der Hosentasche.
Ein Anflug von Panik glomm in Morgans Augen auf. »Was machst du da?«
»Ich nehme meine Medikamente, das siehst du doch.«
»Das darfst du nicht!«, schrie Morgan schrill. »Du willst mich loswerden.«
»Das kann ich gar nicht. Du bist immer bei mir, ob ich dich nun sehe oder nicht. Bis zum bitteren Ende.« Die Stimme des Technikers war nun fest und klar. Er warf sich die Pillen ein und wartete. Kurze Zeit später war der tobende Morgan verschwunden. »Na, dann mal los.«
Dexter Wang lächelte zum ersten Mal seit vielen Tagen wieder. Es schmerzte etwas, weil verkrusteter Blutschorf seine Mimik behinderte. Er hievte Braxton aus dem Pilotensitz und machte es sich selbst darin bequem. Dann programmierte er einen Kurs, der die AKINA direkt auf den Streiter stürzen lassen würde!
Danach manipulierte Dexter Wang durch das Umstecken einiger Kabel die Selbstzerstörungsanlage, denn für diese hatte nur der Kommandant den Code. Aber niemand als Wang kannte die AKINA, an deren Bau er beteiligt gewesen war, besser! Er wusste, wo er ansetzen musste. Das Schiff würde einige Sekunden, nachdem es sich in den Streiter gebohrt hatte, in einem gigantischen Feuerball in die Luft fliegen!
Dexter Wang war bereit, sich zu opfern, um die Marsianer und die Menschheit zu retten. Damit wollte er sich endlich von seiner übermächtigen Schuld befreien.
Er atmete auf, als die Dinge auf dem Weg waren. Die AKINA flog nun direkt auf den Mond zu...
Wang schrie auf, als ihn unvermittelt eine mentale Keule traf. Er krümmte sich, blieb aber einigermaßen bei klarem Verstand. Schwarze Schatten huschten plötzlich über die Brücke. Oder nur durch seinen Geist? Er spürte diese unglaublich bösartigen Impulse wieder: Gier, Vernichtung, Tod, abgrundtiefe Gemeinheit, alles in einem! Und irgendwo in seinem Unterbewusstsein registrierte er, dass einige der Zahlenkolonnen der automatischen Messung plötzlich in rasendem Tempo über den Bildschirm liefen.
Wang stöhnte auf und stierte auf das absolut unglaubliche Bild, das sich ihm auf dem Monitor bot.
In der Wolke brodelte und zuckte es wieder. Und dann erhob sich der Streiter von der
Weitere Kostenlose Bücher