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316 - Die Pest in Venedig

316 - Die Pest in Venedig

Titel: 316 - Die Pest in Venedig
Autoren: Michelle Stern
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Grao’sil’aana wütend an und fuhr sich mit den Daumen der erhobenen Hände wiederholt über die anderen Finger. »Pagare!«, rief er zornig. Offensichtlich bestand er auf die simulierten Metallstücke.
    Grao’sil’aana legte den Kopf schief. Langsam veränderte er sein Gesicht, ließ die Form zerfließen. Die Männer wichen entsetzt zurück. Einer schlug ein Kreuz. »Mamma Maria«, hauchte er.
    Der Daa’mure sprang in einem Satz über Bord und schwamm in Richtung des Markusplatzes. Von den Fischern folgte ihm keiner.
    ***
    In einer anderen Zeit
    Komm , sandte Gilam’esh einen mentalen Ruf aus. Im seichten Wasser stehend, beobachtete er den acht Schwimmlängen entfernten Delfin. Der Tümmler sprang aus der glitzernden Meeresoberfläche, überschlug sich Tropfen spritzend, tauchte wieder ein. Komm her , lockte Gilam’esh erneut.
    Auf die Tierwelt Rotgrunds hatte er vor Jahrmillionen einwirken können, ehe er in den Zeitstrahl einging. Warum sollte es ihm nicht gelingen, auch auf der Erde, auf Ork’huz , denselben Erfolg zu haben? Wehmütig dachte er an die Muy’laals zurück, schlangenähnliche Kampffische, die er zusammen mit Manil’bud vor einer Ewigkeit im Krieg gegen die Patrydree trainiert hatte.
    Komm zu mir. Der Delfin hielt inne. Er hatte sich schon ein gutes Stück von seiner Schule entfernt. Weiter schien er nicht zu wollen. In gleich bleibendem Abstand begann er, auf und ab zu schwimmen. Gilam’esh spürte seine Angst, aber auch verspielte Neugierde. Von allen Tieren auf der Insel fühlte Gilam’esh sich zu den grauen Säugern mit der hellen Unterseite am meisten hingezogen. Er bündelte seine mentale Kraft.
    Ich bin dein Freund. Ich tue dir nichts. Komm her. Gilam’eshs Füße gruben sich in den Sand. Wasser zerrte an seinen Beinen, als wollte es ihn zu sich ziehen.
    Der Delfin überwand seine Furcht. Er hielt auf ihn zu, die Rückenflosse durchbrach die Wellen. Gilam’esh streckte die Hand aus. Er spreizte lockend die Schwimmhäute. Der Delfin hob die schlanke Schnauze und schnatterte aufgeregt. Der Säuger drängte seinen Kopf nach kurzem Zögern gegen die dargebotenen Finger. Seine Haut fühlte sich glatt und angenehm kühl an. Wieder schnatterte er. Das Klackern ergab eine klare Abfolge, ähnlich einem Namen, den das Tier beständig wiederholte. Gilam’esh imitierte die Tonabfolge und spürte eine Woge aus Freude, die der Delfin empfand. Sie hatten Freundschaft geschlossen.
    »Beeindruckend«, erklang hinter Gilam’esh die Stimme von Sam’esh. »Du bist der fähigste Quan’rill, den ich je traf.«
    »Danke, Sam’esh.« Gilam’esh tätschelte den Delfin und entließ ihn geistig. Das Tier pflügte durch die Wellen davon, zurück zu seiner Familie.
    Gilam’esh ging an Land. Es war ihm unangenehm, dass Sam’esh ihn bei seinen täglichen Übungen beobachtet hatte, aber auf der kleinen Insel konnte man schlecht etwas voreinander verbergen. »Wie kommen Quart’ol und Pan’dorah voran?«, wechselte er das Thema.
    Sam’eshs Scheitelkamm zuckte leicht. Auf seinem Gesicht erschien wieder der missmutige Ausdruck, den er immer zeigte, wenn Gilam’esh ihn auf Pan’dorah und Quart’ol ansprach. Sein Freund und die Hydritenwissenschaftlerin arbeiteten seit einigen Wochen zusammen. Quart’ol schien es gut zu tun, auch wenn er noch weit davon entfernt war, sich in dieser Zeit heimisch zu fühlen. »Gut, glaub ich. Seit sie den Verrecker gefunden haben, geht’s zum Grund.«
    Gilam’esh legte leicht den Kopf schief. Einige Redensarten dieser Zeit waren ihm nicht geläufig, wie etwa die, »zum Grund zu schwimmen«, was so viel bedeutete wie »ein Ziel zu erreichen«. Was Sam’esh dagegen mit »Verrecker« meinte, war ihm kein Rätsel. Pan’dorah hatte einen kranken Fisch in den Gewässern über Gilam’esh’gad gefangen und war dabei, nachzuweisen, dass sich der veränderte Erreger über den Verzehr von rohem Fisch auf Menschen übertragen ließ. Glücklicherweise nicht auf Ei’don-Hydriten, da diese keinen Fisch aßen. Mar’os-Jünger hatten da eher ein Problem.
    »Schön.« Gilam’esh sah über das türkisblaue Meer. Er fühlte nicht, was er sagte. Auch wenn er nicht wie Quart’ol litt, konnte er sich noch nicht über Pan’dorahs Fortschritte oder andere Ereignisse und Dinge freuen, die ihn früher glücklich gemacht hätten.
    Für die Lungenatmer musste die Insel, auf der er sich befand, ein Paradies sein. Die Palmen raschelten leise, spendeten Schatten und Baumaterial. Es gab
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