319 - Paris - verbotene Stadt
sind die Chancen, dass man an Bord des Ferngleiters eine solche Lüge glaubt?«
»Ziemlich gut.« Roots hielt seinem prüfenden Blick stand. »Man wusste nie, mit welchem Fahrzeug und welcher Eskorte der Boss unterwegs war. Eher würde er allerdings freiwillig unter Rats gehen als zu den Gelben. »
»Dann tut eben so, als wärt ihr die Bewacher dieses wertvollen Gefangenen«, schlug Lola vor.
Roots zuckte mit den Schultern. »Könnte funktionieren.«
»Los, steuere den Ferngleiter an.« Grao bohrte den Gewehrlauf in den Nacken des Piloten. »Und du setzt dich mit der Besatzung in Verbindung«, wandte er sich an den Copiloten.
»Wenn ihr meint...« Der Latino berührte irgendein Tastfeld. »Aber vorher sollten wir unsere Kapuzen aufsetzen und ihr eure Wummen aus dem Sichtbereich der Holosender nehmen. Sonst schießen sie uns ab.«
Matt nickte, und Grao, Dylan und Lola ließen die Waffen sinken. Die SecPol-Leute stülpten sich die Kapuzen über, Xij ließ den Gabelstab im Fußraum verschwinden, und über den Armaturen baute sich ein Hologramm auf. Matt Drax lauschte aufmerksam dem Wortwechsel zwischen dem Copiloten und dem Kommunikationsoffizier des Ferngleiters. Dort schien man keinen Verdacht zu schöpfen.
Der Pilot ging in den Landeanflug. Im Hologramm über der Frontscheibe nahm ein Fluggerät Konturen an, das Matt an den Brummkreisel erinnerte, den er mal im Keller seines Elternhauses unter den Spielsachen seines Großvaters gefunden hatte. Das Flugzeug mochte an die fünfzig Meter hoch sein und einen Durchmesser von gut zweihundert Metern haben. Knapp über dem Äquator des Doppelkegels erkannte er eine bogenförmige Öffnung von der Größe eines Scheunentors. Ihr schwebte der kleine Gleiter entgegen und verlor stetig an Geschwindigkeit.
»Sie haben uns in Antigrav-Schlepp genommen«, erklärte der Copilot. »Noch fünfzig Sekunden, dann sind wir im Hangar.«
»Wir schaffen es.« Lola schüttelte staunend den Kopf. »Gratuliere, Drax! Kaum zu glauben, aber wir schaffen es! Wenn ihr ausgestiegen seid, übernehmen Dylan und ich den Gleiter. Uns reicht ein Mann.« Sie legte dem Piloten die Hand auf die Schulter. »Du fliegst uns zurück in die Stadt.«
»Du musst ohne mich in die Stadt zurückkehren«, erklärte Dylan seelenruhig. »Ich gehe mit nach Europa.«
»Bist du bescheuert?« Lola fuhr herum. »Du gehörst zur Liberty Party Army ! General Cleveland selbst hat dich als Rekrut verpflichtet!«
»Ich würde euch empfehlen, eine Zeitlang den Rand zu halten«, sagte Roots gleichmütig. »Sie könnten den Bordfunk abhören.« Dylan und Lola wechselten kein weiteres Wort.
Der Gleiter schwebte in den Bordhangar, es wurde heller. Ein Beben durchlief den Gleiterrumpf, als er in einer Landbucht aufsetzte. Matt spähte ins Frontscheibenhologramm. Zwei Männer in silbergrauen Monturen standen draußen und winkten. »Gehen wir raus.« Mit einer Kopfbewegung deutete er auf Roots. »Bis wir im Kommandostand sind, mimen Sie Ihren ehemaligen Chef.«
Er und die anderen verabschiedeten sich von Lola. Sie umarmte ihn und wollte ihn gar nicht mehr nicht loslassen. »Schade«, flüsterte sie, »wirklich schade. Viel Glück, Drax.«
»Dir auch.«
Die Passagierraumluke schob sich zur Seite, nacheinander stiegen sie aus. »Willkommen an Bord«, begrüßte sie einer der beiden Silbergrauen. »Der Kommandant will den Gefangenen sehen.« Er drehte sich um und winkte sie hinter sich her. Matt nickte und alle folgten dem Empfangsduo. »Glückwunsch«, flüsterte er halb an Dylan, halb an Grao gewandt. »Das haben wir wirklich gut hingekriegt.«
»Fast zu gut«, murmelte Dylan und folgte ihm in eine Schleuse. Das äußere Schott schloss sich hinter ihnen, violettes Licht hüllte sie ein.
»Warum so pessimistisch?« Die Innenluke öffnete sich, sie betraten einen Gang und gingen zum Einstieg eines Röhrenschachtes.
»Vielleicht, weil ich verlernt habe, ein Optimist zu sein...?«
Die beiden Silbergrauen stiegen in den Antigrav-Schacht. Auf Matts Zeichen hin folgte Grao ihnen mit dem Kapuzenmann Roots. Nach ihm kletterte Xij mit den gefangenen SecPol-Leuten in den Schacht, zum Schluss Dylan und Matt selbst. Schwerelos schwebten sie aufwärts. Es war, als würde ein leichter Sog sie ansaugen.
Zehn Meter über Matt stiegen die Silbergrauen aus dem Schacht. Kaum waren sie im Ausstieg verschwunden, beugten sich zwei Männer hinein und zielten mit rohrförmigen Waffen nach unten. Matt hörte den Daa’mure noch schreien, dann
Weitere Kostenlose Bücher