Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
befohlen?“
    „Der Kaiser, welcher ein Sohn des Himmels und das Licht der Vernunft ist.“
    „Könnt ihr das beweisen?“
    „Beweisen?“ fragte der Offizier sehr verwundert. „Alle Menschen, alle guten Untertanen wissen es.“
    „Nun gut! Hat der Sohn des Himmels die Macht, seinen Befehl zurückzunehmen?“
    „Ja; wer soll ihn daran hindern? Er hat alle Macht.“
    „Und wo er nicht persönlich sein kann, da erteilt er diese Macht seinen Gesandten. Mein Kuan ist der Beweis, daß ich ein solcher Beauftragter bin. Ich befehle euch, von diesem Mann abzulassen!“
    Um diese Szene zu begreifen, muß man wissen, daß die Mohammedaner der Provinz Yun-nan gelegentlich des Aufstandes der Thai-ping den Versuch gemacht hatten, sich das Recht der freien Religionsübung zu erwerben. Sie wurden aber überfallen, wobei man über tausend von ihnen tötete. Infolgedessen traten sie einmütiglich zusammen, eroberten die Hauptstadt Jun-nan-fu und bildeten ein selbständiges Staatswesen, dessen die Regierung selbst heute noch nicht ganz wieder mächtig geworden ist. Sie nennen sich selbst Pan-tse, werden aber von den Gegnern Kuei-tse, Teufelssöhne, genannt.
    Von allen Seiten bedrängt und bedrückt, unternehmen sie unter kühnen Anführern zuweilen in größerer oder kleinerer Anzahl Züge in die benachbarten Provinzen, um sich für das Erlittene schadlos zu halten. Es war die Rede davon gewesen, daß man diese Leute jetzt in der Nachbarprovinz gesehen habe. Ob der hier am Boden liegende Mann zu ihnen gehörte, das war dem Studenten gleich. In seinen Augen war ein Kuei-tse ein ebenso berechtigter Mensch wie der Buddhist, und da der Arme den Soldaten nichts Böses getan hatte, so nahm er ihn gegen dieselben in Schutz.
    Das schien dem Offizier nicht zu passen. Er schüttelte vielmehr den Kopf und sagte: „Sie sind ein hoher Herr, aber doch ein Fremder. Wir müssen Sie begleiten und beschützen, aber wenn es sich um einen Kuei-tse handelt, dürfen wir Ihnen nicht gehorchen.“
    „Ah! Wirklich nicht?“ fragte der Blaurote, indem seine Augen aufleuchteten.
    „Nein. Dieser Sohn des Teufels ist in unsre Hände gefallen, und wir werden ihn töten.“
    „Das verbiete ich“, donnerte Degenfeld ihn an. „Ihr werdet ihn augenblicklich freilassen!“
    „Nein! Wir werden – – –“
    Er kam nicht weiter, denn er erhielt bei dem letzten Wort von dem Studenten eine so gewaltige Ohrfeige, daß er zu Boden flog. In demselben Augenblick riß der Gottfried ihn wieder auf, hob ihn mit seinen langen Armen empor und warf ihn wie einen Ball unter die andern Soldaten hinein, daß diese auseinanderflogen.
    Ein dritter, nämlich Turnerstick, riß ihn da mit seinen Seemannsfäusten wieder auf, trug ihn in die Ecke, steifte ihn dort nieder und schrie ihn an: „Hier, Starmatz, bleibst du sitzing! Und wenng du es wageng solltungst, dich zu rührang, so fresse ich dich mit Haut und Haaring auf! Master Methusalem, was heißt Soldat im Chinesischen?“
    „Ping“, antwortete der Gefragte.
    „Gut“, fuhr der Kapitän fort, indem er sich wieder an den Chinesen wandte. „Denkst du etwang, wir müssang Respekt vor dir habeng, weil du ein Ping bist? Da hast du sehr falsch kalkuliringt. Wenng du nur mit der Wimper zuckst, so reibe ich dich zu Parmesankäse und streue dich auf die Makkaronings, du Ping und Doppelping und Pong-pang-ping!“
    Die Soldaten waren auseinander und zur Tür hinausgestoben. Der Mohammedaner hatte sich erhoben. Er näherte sich dem Methusalem, verbeugte sich tief vor demselben und sagte: „Allah segne die Taten Ihrer Hände und die Tapfen Ihrer Füße, hoher Gebieter. Sie haben mich gerettet. Machen Sie das Maß Ihrer Gnade voll, indem Sie mir erlauben, mich zu entfernen!“
    „Sind Sie denn sicher, daß Ihnen nicht unterwegs Ähnliches begegnet?“
    „Ja. Ich kehrte in diesem Haus ein, um auszuruhen. Anstatt der Erquickung hätte ich fast den Tod gefunden. Sobald ich es verlassen habe, bin ich vor ferneren Nachstellungen sicher.“
    „So gehen Sie und hüten Sie sich vor ähnlichen Begegnungen!“
    Der Bekenner des Islam entfernte sich unter tiefen Verbeugungen. Die Soldaten sahen ihn nicht gehen, da sie sich hinter das Haus retiriert hatten, von wo sie erst dann zurückkehrten, nachdem Degenfeld ihnen durch Liang-ssi versichert hatte, daß ihnen nichts geschehen solle.
    Der Offizier sah ein, daß er sich eines großen Verbrechens gegen den Kuan des Kaisers schuldig gemacht habe. Er kam förmlich herbeigekrochen, um

Weitere Kostenlose Bücher