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32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Stunde Ruhe zu gönnen. Es wurde von den mitgenommenen Vorräten ebenso wie gestern ein Mahl genossen. Der Wirt war nicht so menschenscheu wie der gestrige. Er bediente seine Gäste, und Degenfeld erkundigte sich sehr angelegentlich nach dem Weg.
    Er erfuhr, daß man nach vier Stunden die Grenze der benachbarten Provinz erreichen werde, nachdem man über eine uralte und weltberühmte Kettenbrücke geritten sei.
    Es war so viel Vorrat an Speise mitgenommen worden, daß nicht einmal die Hälfte desselben verzehrt wurde. Weshalb der Blaurote dies beim letzten Gastgeber so angeordnet hatte, daß wußte keiner der Gefährten. Doch als die Gesellschaft wieder aufgebrochen war und sich unterwegs befand, fragte Gottfried: „Hören Sie mal, alter Methusalem, Sie machen ein Jesicht wie ein mexikanischer Joldsucher. Schon jestern hatten Sie die Augen überall am Weg. Wat wollen Sie denn eijentlich entdecken?“
    „Etwas sehr Wichtiges.“
    „Und wat ist dat? Doch nicht schon Kue jang, die nächste Stadt, oder gar King, wohin wir wollen?“
    „Nein. Und doch hättest du zweimal recht gehabt, wenn du nämlich Kin anstatt King gesagt hättest.“
    „Wieso? Kin bedeutet ja Jold.“
    „Allerding. Ich suche Gold.“
    „Ist's die Möglichkeit! Sollten die Chinesigen uns Dukaten auf die Straße streun? Oder wollen Sie einen Schatz heben?“
    „Das letztere.“
    „So werde ich versuchen, meine Fagottoboe als Wünschelrute zu gebrauchen.“
    „Du scherzest, mir aber ist es wirklich Ernst. Nämlich hier oben liegt das Vermögen unsres guten Ye-kin-li vergraben.“
    „Hurrjerum! Und dat sagen Sie erst jetzt?“
    „Aus welchem Grund sollte ich es vorher ausposaunen? Richard habe ich es schon gestern gesagt, und nun weißt du es. Ich will aber nicht, daß es noch andere erfahren, auch die Söhne nicht, obgleich sie das größte Recht auf das Geld ihres Vaters haben. Man muß hier so vorsichtig wie möglich sein. Wir werden die Stelle noch vor Abend erreichen und im nächsten Ruhehaus die Nacht zubringen.“
    „Ah, also darum haben Sie für doppelten Proviant jesorgt!“
    „Ja, darum. Da Ye-kin-li mir einen sehr genauen Plan mitgegeben hat, so werden wir die Stelle wohl finden, und ich hoffe, daß das Gold noch vorhanden ist.“
    „Also ist es wirklich Jold?“
    „Gold- und Silberbarren, wie sie heute noch in China kursieren.“
    „Wieviel?“
    „Eine ganze Menge. Nach deutschem Geld wohl für über neunzigtausend Mark.“
    „Alle juten Jeister! Ist dieser Ye-kin-li so reich jewesen?“
    „Ja. Freilich hat er diesen Reichtum geheimgehalten, wie es hier gewöhnlich zu geschehen pflegt, da reiche Privat- oder Geschäftsleute von den Mandarinen so lange angezapft werden, bis sie nichts mehr haben. Kennst du das Gewicht solcher Barren?“
    „Nein, denn ich habe noch niemals so viel Jold oder Silber in meine Uhrtasche jehabt, dat es mir zur Erde jezogen hätte. Wieviel Löwen- oder Spatenbräu bekommt man dafür?“
    „Solche Fragen kannst du dir ersparen, da wir uns nicht im ‚Geldbriefträger von Ninive‘ befinden. Es wird wohl eine volle Ladung für ein Packpferd sein.“
    „So wollte ich, es jinge unterwegs daran zu Jrunde und setzte mir als Universalerben ein!“
    „Da hätte ich ein Wörtchen mitzureden.“
    „Ja, mit Ihnen ist überhaupt seit jestern nicht jut zu sprechen. Die beiden Brüder wollten sich so jern bei Ihnen erkundigen, auf welche Weise ihre Mutter und ihre Jeschwister jefunden werden können; aberst Sie haben sich so abweisend verhalten, dat sie jar nicht jewagt haben, die Rede darauf zu bringen.“
    „Weil ich selbst noch keinen bestimmten Plan habe. Ich habe eifrig darüber nachgedacht, ohne einen Weg zu finden. Was nützt da das Reden! Hauptsache ist für uns, den Onkel Daniel aufzusuchen. Haben wir Richard zu diesem gebracht, so können wir uns dann desto mehr der andern Aufgabe widmen.“
    Damit war das Gespräch abgebrochen.
    Die Straße bewegte sich jetzt nur noch an der Seite schroffer, unbewachsener Höhen hin und führte dann durch einen engen, felsigen Paß, welcher die Länge von beinahe einer Stunde hatte. Wahrscheinlich begann jenseits desselben das Gebiet des Lai-kiang, welcher seine Wasser durch den Heng-kiang in den Jang-tse-kiang ergießt.
    Dann kam eine kahle Hochebene, auf welcher hie und da ein armer Grashalm zu sehen war, und die sich lang und schmal über einen zweiten Paß niedersenkte. Als dieser durchritten war, hielten sie vor einer Querschlucht von solcher Tiefe, daß

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