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32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ausgegraben und da unten in das Wasser geworfen. In dieser Gegend des Landes gibt es viele Bekenner des Islam und hat früher deren noch mehr gegeben. Kommt mit in das Mausoleum!“
    Sie krochen hinein. Der Raum war so hoch, daß sie in demselben aufrecht stehen konnten, und der Boden mit dicht schließenden, behauenen Steinen belegt. Der Methusalem sah auf seinen Plan und sagte dann: „Wir müssen die sechs Steine, welche zusammen ein Rechteck bilden, entfernen. Dann wird es sich zeigen, ob das Gold und Silber noch vorhanden ist, woran ich übrigens jetzt nicht mehr zweifle.“ Die Steine waren so genau gefugt, daß es ziemliche Anstrengung kostete, den ersten derselben herauszunehmen; als das dann geschehen war, konnte man die andern fünf ohne Mühe entfernen. Die Unterlage bestand aus fester Erde, welche der Methusalem aufgrub.
    Es war den dreien dabei wirklich wie Schatzgräbern zumute. Sie fühlten eine Art fieberhafter Aufregung, welche desto mehr wuchs, je tiefer das Häckselmesser in den Boden drang. Endlich, endlich zeigten sich zwei Gegenstände, welche nicht in die Erde gehörten, nämlich zwei lederne Säcke, welche lackiert waren. Nur diesem letzteren Umstand war es zu verdanken, daß sie sich noch in gutem Zustand befanden.
    Der Methusalem hob den einen heraus, was einiger Kraftanstrengung bedurfte, und öffnete ihn. Da glänzten ihnen die kleinen, länglichen Barren goldig entgegen. Sie waren alle mit dem obrigkeitlichen Stempel versehen, als Beweis, daß die Legierung die gesetzlich vorgeschriebene sei.
    „Gott sei Dank!“ sagte Degenfeld, indem er tief aufatmete. „Dieser Teil unsrer Aufgabe wäre also glücklich gelöst.“
    „Das freut mich außerordentlich!“ fügte Richard hinzu. „Ye-kin-li hat nur ein sehr geringes Anlagekapital gehabt; nun werden ihm die Barren sehr zugute kommen.“
    „Dat glaube ich, dat sie zujute kommen!“ meinte Gottfried. „Mich, wenn ich sie hätte, kämen sie auch zustatten. Ich würde schleunigst meine Oboe und mir selbst verjolden lassen und den Rest sodann in Zacherlbräu und sauren Heringen anlegen. So aber muß ich mir ohne Verjoldung weiter durch mein frugales Dasein schleichen. Wat soll nun jeschehen? Hucken wir die Säcke auf, um sie nach dat Ruhehaus zu bringen?“
    „Nein“, antwortete der Methusalem. „Wir lassen sie hier liegen.“
    „Liegen lassen? Sind Sie bei Trost? Dat würde nicht 'mal ein Spitzbube tun, ich noch viel weniger!“
    „Und doch können wir nicht anders. Wir haben uns überzeugt, daß die Barren da sind. Das genügt. Mitschleppen aber können wir sie nicht, da wir nicht wissen, welchen Wechselfällen wir noch unterworfen werden. Wir verbergen sie hier wieder und richten es später so ein, daß uns der Rückweg hier vorüberführt. Dann nehmen wir die beiden Säcke mit.“ Die beiden andern waren nicht sofort einverstanden, mußten aber doch die Triftigkeit seiner Gründe anerkennen. Der Sack wurde wieder in die Grube gelegt und mit der ausgeworfenen Erde bedeckt, welche man mit den Füßen feststampfte, um dann die Steine wieder einzufügen. Das geschah so genau, und der kleine Rest übrig gebliebener Erde wurde so sorgfältig entfernt und verwischt, daß kein andrer das Vorhandensein des Verstecks ahnen konnte.
    Nun verließen sie das Gebäude, um auch das Häckselmesser wieder zu vergraben. Noch war der Methusalem damit beschäftigt, da ertönte plötzlich hart bei ihnen eine befehlende Stimme aus dem Gebüsch: „Ta kik hia – Schlagt sie nieder!“ Und zu gleicher Zeit drangen wohl gegen zehn bewaffnete Männer auf die drei ein. Ihre Armierung war keine sehr furchterweckende, alte Säbel, einige noch ältere Flinten und Piken; einer schwang eine Keule.
    Der Methusalem hatte sich, als der Ruf erscholl, blitzschnell aufgerichtet. Er faßte die Gefährten bei den Armen und riß sie, um Raum zu gewinnen und den dicken Stamm der Weide zwischen sich und die Angreifer zu bringen, mehrere Schritte zurück. Ebenso schnell zog er seine beiden Revolver hervor und richtete sie auf die Feinde, welchem Beispiel Gottfried und Richard augenblicklich folgten. Die Chinesen stutzten und blieben stehen. Einem von ihnen, welcher ein Gewehr zum Schuß anlegte, rief Degenfeld drohend zu: „Weg mit der Flinte, sonst trifft meine Kugel dich eher, als mich die deine! Was haben wir euch getan, daß ihr uns in dieser Weise überfallt?“
    Der Angeredete, welcher der Anführer zu sein schien, mochte seinem Schießholz kein großes Vertrauen

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