32 - Der Blaurote Methusalem
das beste sein.“
„Ja, dat is goed; dat laat ik geern gelden. Gij zijd mijn vriend, en ik heb zij zeer liev – Ja, das ist gut; das lasse ich gerne gelten. Sie sind mein Freund, und ich habe Sie sehr lieb.“
Bei diesen Worten, welche der gute Mensch nicht etwa ironisch, sondern in vollem Ernst aussprach, reichte er dem Gottfried seine Hand hinüber, welche derselbe herzhaft drückte.
„So ist's recht“, sagte der Methusalem. „Freunde dürfen scherzhafte Worte nicht auf die Goldwaage legen. Aber, Gottfried, hüte deine Zunge besser! Wer sich zu schnell gehen läßt, der muß sich darauf gefaßt machen, einmal derb angehalten zu werden. Du wirst mir, wie schon oft gesagt, zuweilen zu üppig.“
„Davon ist mich nichts bewußt, und wat ich dem Mijnheer sagte, dat war nur eine kleine und sehr jerechte Rache.“
„Wofür?“
„Für seine Dampfsäge!“
„Ah! Hat er heute nacht geschnarcht?“
„Jeschnarcht! Wat dat für ein jelinder und nachsichtiger Ausdruck ist! Jesägt hat er! Baumstämme hat er auseinandergerissen und zu Brettern verschnitten, Baumstämme, so stark und so lang wie ein Leuchtturm, dat die Latten und Schalen nur so abjeflogen sind!“
„Neen“, protestierte der Dicke. „Dat kan ik niet. Daarvan wet ik niets – Nein. Das kann ich nicht. Davon weiß ich nichts.“
„Ja, weil Sie schlafen wie ein Faß, welches sich auch dann noch nicht regt, wenn es jeschüttelt wird. Ik habe alles versucht, Ihnen so jar die Nase zujehalten; aberst auch dat half nichts, denn da schnarchten Sie dann mit dem Mund. Wie Sie dat fertig bringen, dat erklärt mich kein Strumpfwirker und kein Schlosser, wat doch sehr jeräuschvolle Handwerke sind. Mir bekommen Sie nie wieder als sanften Ruhejenossen! Wenn ich Ihnen wejen nächtlicher Ruhestörung anzeige, bekommen Sie drei Jahre Bruchsaler Einzelhaft und müssen auch noch die Kosten tragen. Ich war voller Jift und Jalle, und dat ist mich, ohne dat er erst viel um Erlaubnis jefragt hat, der dicke Kaffer entfahren. Er muß selbst im allerschlimmsten Fall, so wie die Anjelejenheiten stehen, bei jedem jerecht denkenden Richter Milderungsgründe finden. Jehen wir also darüber schleunigst zur Tagesordnung über! Wir hatten von Onkel Daniel jesprochen und von dem Plan, ihm uns als englische Studenten anzubieten. Bei welche Jelejenheit aber soll er dann die Wahrheit erfahren?“
„Bei der ersten passenden. Vorher läßt sich das nicht sagen“, meinte Degenfeld.
„O doch! Der Mensch muß sich seine juten Jelejenheiten immer selbst machen können.“
„Nun, so versuche es und mache eine!“
„Schön! Ich setze also den Fall, er sei zur Ruhe jegangen und schläft, ohne dat ihm die Sägemühle des Mijnheer um seinen jerechten Schlummer übervorteilt. Er wird träumen, und von wat? Als juter Deutscher natürlich von seine jeeinigte Heimat. Und während da Preußen und Sachsen, Bayern, Württemberg und Baden, Lippe-Detmold und Vaduz samt den Hansestädten an seinem Jeiste vorüberziehen, stimmen wir unter dem Fenster seines trauten Kämmerleins ein deutsches Ständchen an, ein Terzett, wie wir es ja oft daheim jesungen haben, wenn wir zufälligerweise nicht alle drei zugleich an Heiserkeit litten. Wat sagen Sie zu diese schneidige Idee?“
„Sie ist nicht schlecht.“
„Nicht wahr?“
„Nein, sie ist vielmehr sehr gut“, stimmte Richard bei. „Wir wählen eins von unsren prächtigen Liedern aus, welche Mutter stets so gern hörte.“
„Aber welches?“ fragte der Methusalem, welcher sich schon im voraus darauf freute, seinen gewaltigen Bierbaß wieder einmal hören lassen zu können.
„Natürlich eins, welches zu die Situation paßt“, antwortete der Gottfried. „Da die musikalische Widmung an eine nachtschlafende Person jerichtet ist, so schlage ich vor, dat Ruhe bringende Lied:
‚Schlaf, Kindchen, schlaf!
Dein Vater kauft ein Schaf‘
zu singen. Und wenn er darüber aufjewacht ist, so bringen wir als zweiten Jang, wat ihm sofort wieder einlummern muß, vielleicht dat liebliche:
‚Ein Schäfermädchen weidete
Zwei Lämmer an der Hand,
Auf einer Flur, wo fetter Klee
Und Jänseblümchen stand.‘
Und wenn er dann wieder bei Morpheusens ruht, so –“
„Schweig!“ lachte der Methusalem. „Es muß etwas Kräftiges sein, denn zu etwas anderem paßt meine Kehle nicht. Ein kerniges, echt deutsches Lied, so wie Arndt sie gedichtet hat.“
„Da gibt's ja gleich eins, welches paßt“, meinte Richard. „Es ist von Arndt und muß jeden
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