Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
rief das in einem so jämmerlichen Ton, als ob es sich wirklich um das größte Unheil handle. Der Ranzen lag auf der Bank, von welcher er ihn wegnehmen wollte; aber es ging nicht, da er sich wegen seines steifen ‚Kaisermantels‘ nicht bücken konnte.
    „Was ist's?“ fragte der Methusalem. „Warum erschrecken Sie so?“
    „Wat het geeft? Lieve hemel, ik heb mijne wissels daarin!“
    „Ihre Wechsel? Wohl eingenäht?“
    „Ja; ik heb zie daarin geschoben. O, wat ben ik geschrokken – Ja, ich habe sie darin versteckt. O, was bin ich erschrocken!“
    „Dann nur schnell heraus mit ihnen, sonst werden sie zuschanden!“
    „Dat God verhoede! Maakt op, maakt op – Das wolle Gott verhüten! Macht auf, macht auf!“
    Degenfeld trennte das Futter los, welches glücklicherweise aus Wachsleinwand bestand und die Feuchtigkeit leidlich abgehalten hatte, so daß dieselbe nur bis auf das starke Kuvert gedrungen war, in welchem die Wertpapiere steckten.
    „Steekt zij de wissels voor körte tijd in uwen zak! In mijnen kiezermantel is geen zak – Stecken Sie die Wechsel für kurze Zeit in Ihre Tasche! In meinem Kaisermantel ist kein Sack.“
    So war denn auch in dieser Beziehung der Unglücksfall gut abgelaufen. Selbst der Mütze haben die elementaren Gewalten nichts anhaben können. Turnerstick hatte sie ausgedrückt und dem dicken Hausgötzen, welcher in einer Ecke des Zimmers thronte, auf das kugelrunde Haupt gesetzt, damit sie auf diesem ehrwürdigen Platz trocknen solle.
    Mittlerweile wurde es draußen dunkel, und der Wirt brachte einige Lampen herein – wirkliche Petroleumlampen mit Breitbrenner und Zylinder, ein zweites sicheres Zeichen, daß man sich in der Nähe des Onkels Daniel befand.
    Dann wurden die Tische zum Mahl gerüstet, und Liang-ssi ging, seine Mutter und die Schwestern zu holen. Als sie kamen, wurde der erste Gang aufgetragen, eine dünne Suppe, in welcher geröstete Fischflossen lagen.
    Die Damen waren ebenso gekleidet wie am Nachmittag. Sie erhielten die Ehrenplätze, die Mutter obenan und die Töchter ihr zu beiden Seiten, was ihnen bisher jedenfalls noch nie geschehen war. Neben der einen Tochter saß der Bettlerkönig und neben der andern der Methusalem. Beide gaben sich alle Mühe, durch rücksichtsvolle Aufmerksamkeit die Damen von ihrer großen Befangenheit zu befreien, was ihnen aber nicht gelingen wollte. Es wurde ihnen nur sehr selten eine kurze, kaum hörbare Antwort zuteil.
    Die Gerichte bestanden aus verschieden zubereiteten Fischen und dem ebenso vielfältig gekochten, gebackenen und gebratenen Fleisch jenes Tieres, welches der Mohammedaner ebenso wie der Jude verachtet, während der Chinese es in großen Mengen züchtet; ein österreichischer Dichter hat ihm sogar eine Stotter-Ode gewidmet, deren erste Strophe folgendermaßen lautet:
    „Ich kenne ein lie-lie-lie-liebliches Tier;
Dem schenk' ich alle A-achtung.
Es lebt auf je-jedem Ba-bauernhof hie
Und auch auf je-jeder Papachtung,
Es stammt aus dem Bako-ko-konyer Wald
Und lebt von dem, wa-was es frißt.
Es schmeckt wa-wa-warm, und es schmeckt ka-ka-kalt,
Wenn's saftig gebraten i-ist.“
    Daß der Mijnheer es nicht mit den Mohammedanern hielt, sondern mit denjenigen verständigen Völkern, welche dem betreffenden Rüsseltier die demselben gebührende Ehre gern und voll angedeihen lassen, das bewies er auf das energischste. Er langte zu und ließ sich zulangen, solange es etwas gab. Die andern waren satt, da aß er noch immer. Und als da noch auf einem großen Teller die Krone des Speisezettels hereingetragen wurde, wobei der Wirt mit lauter, triumphierender Stimme rief: „Siao-t'ün!“, so verstand der Dicke zwar die chinesische Bezeichnung nicht, aber er erkannte das jugendliche Geschöpf in der knusprig gebratenen Haut und rief entzückt aus: „En klein, gebraden varken! Dat is goed! Dat eet ik, dat eet ik op; je wel, ik eet het varken zekerlijk al op – Ein kleines Bratferkel! Das ist gut! Das esse ich, das esse ich auf; jawohl, ich esse das Ferkel sicherlich ganz auf!“
    Er machte sich mit einem Eifer darüber her, als ob er noch gar nichts gegessen habe. Und das tat er stehend, da er nicht sitzen konnte. Der Methusalem bekam wirklich Angst, daß er sich Schaden tun werde, und nur aus diesem Grund verlangte er auch für sich ein Stück und forderte den Kapitän und den Gottfried mit einem bezeichnenden Blick auf, ein Gleiches zu tun. Das übrige aber wurde von dem tapfern Dicken wirklich ‚opgegeten‘.
    Zuletzt gab es

Weitere Kostenlose Bücher