320 - Die Schlacht von Dapur
bei sich hatten.
Plötzlich erschien eine schwarz schimmernde Gestalt auf dem Gerüst – ein Hüne mit einem langgestreckten Hundekopf. Die Ägypter erstarrten. Einer deutete auf die Erscheinung, die im Morgenlicht glänzte wie mit Öl überzogen. »Es ist Anubis!«, schrie er entsetzt. »Er will uns ins Totenreich holen!«
Und schon war Grao heran. Innerhalb kürzester Zeit fegte er die Soldaten von der Pyramide.
»Los, wir steigen wieder ab«, befahl er, ohne unnötige Fragen zu stellen. »In dieser Gestalt halte ich sie auf Distanz!«
Kurze Zeit später spürten die Gefährten wieder festen Boden unter ihren Füßen. Die Wachen ließen sie ziehen, denn mit einem Totengott wollten sie sich nicht anlegen. Unbehelligt saßen die drei auf und ritten in die Wüste hinaus.
»Annitas hat nicht uns zu helfen versucht, sondern ausschließlich dir«, resümierte Matt später mit Blick auf Xij. »Er wollte dir imponieren.«
»Ich weiß. Vielleicht wäre es sogar was geworden mit uns zwei – wenn wir auf immer hier festsitzen.«
Matt sah sie irritiert an. Sein Magen krampfte sich leicht zusammen.
***
Ein wohliges Gefühl durchströmte Graos Körper.
Es war später Nachmittag, neben dem heißen Mittag die beste Zeit des Tages. Dann, wenn in Erwartung des Abends die heißen Winde über die Plateaus der Wüste zogen und sich zusammen mit dem Sand an seiner Haut rieben, die aus unzähligen winzigen Hornplatten bestand.
Sie waren endlich am Ziel. Unter ihnen breitete sich Memphis in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit aus. Grao’sil’aana hatte nicht unbedingt ein Auge dafür, aber Matt und Xij, die sich anscheinend an »alte Zeiten« erinnerte, waren beeindruckt vom Anblick der riesigen Tempel- und Palastanlagen, die das Stadtbild dominierten.
Eine optimistische Stimmung wollte sich aber nicht so recht einstellen. Den Plan, als Bauleiter von Gizeh zu Nefertari vorzudringen, hatten sie aufgegeben. Grao hätte zwar dessen Aussehen annehmen können, er wusste aber noch nicht mal seinen Namen, da Matts und Xijs kleines »Abenteuer« der Befragung des Mannes in die Quere gekommen war. Seinen Gefährten zu helfen war dringlicher gewesen, und so hatte Grao den Bauleiter im Zelt zurückgelassen.
Unterhalb der Anhöhe schlängelte sich eine der zahlreichen Staubstraßen zur Stadt hin. Immer wieder zogen Karren von Händlern oder Streitwagen vorbei. Nach Memphis hinein zu gelangen, war kein Problem. In das stark gesicherte Palastgelände aber schon.
»Gehen wir erst mal in die Stadt und suchen uns eine Herberge«, schlug Matt vor. »Dann erkunden wir die Lage und schauen, was wir machen können.«
Xijs Blick ging zurück zum Stadttor. »Was kommt denn da?«
Ein besonders prunkvolles Gefährt schob sich gerade zwischen den Torbögen hervor.
Grao’sil’aana bildete die Augen eines Raubvogels aus, um besser erkennen zu können, was sich dort unten tat. »Ein sechsspänniger Streitwagen«, berichtete er. »Vier Männer stehen darauf. Zwei Lenker, die je drei Pferde am Zügel haben. Ein Bogenschütze. Der vierte Mann, der zwischen den Lenkern steht, ist prachtvoll gekleidet, in eine blaue Robe mit eingestickten Goldfäden. Auf die Seite des Wagens sind einige Zeichen aufgemalt.«
»Blau ist die Farbe der Pharaonen, nur ihnen und ihren Hauptfrauen vorbehalten. Und den Prinzen«, sagte Xij aufgeregt. »Der prächtig Gekleidete, was hat der für eine Frisur? Ich meine, hat er eine Locke an der Stirn?«
»Ja, tatsächlich.«
»Die Prinzenlocke. Das da unten ist einer von Ramses’ Söhnen!«, verkündete Xij Hamlet. »Er hat sich wohl einen eroberten hethitischen Schlachtstreitwagen unter den Nagel gerissen. Die Ägypter haben nur kleine leichte Zweimannwagen gebaut.«
Matt grinste. »Der Prinz persönlich auf einer kleinen Probefahrt. Besser könnte es gar nicht laufen.«
»Ich übernehme das«, sagte Grao, wendete sein Pferd und galoppierte davon.
»He«, rief Matt. »Nicht so eilig!« Doch der Daa’mure ließ sich nicht stoppen.
»Lass ihn machen!«, hielt Xij Matt zurück. »Er weiß schon, was er tut.«
»Hoffentlich«, murmelte Matt. »Wenn er einen Prinzen umbringt, haben wir das ganze ägyptische Heer auf dem Hals!«
Grao verbarg sich hinter einem Felsen im Tal, das der Streitwagen durchqueren musste. Und da kam er auch schon. Der Daa’mure beugte sich vornüber, während sich sein Rücken streckte. Die erneute Verwandlung ging in Sekundenschnelle vor sich und sah aus wie ein zeitrafferbeschleunigter
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