320 - Die Schlacht von Dapur
verwandelte sich. In Sekunden wurde er zur Mini-Ausgabe eines Gejagudoo; ein Wesen, dessen bloßer Anblick Matt kalte Schauer über den Rücken jagte. Mehr als einmal war er schon mit diesen Schlangenwesen aneinandergeraten, die unterirdisch lebten und sich ihre Opfer holten, indem sie blitzschnell durch den Boden brachen. Grao hatte diese Gestalt mit Bedacht gewählt: Innerhalb Sekunden war er im Wüstenboden verschwunden.
Matthew und Xij machten sich auf, das Zelt zu umrunden. Aus einer neuen Deckung an der Rückseite sahen sie, wie sich wenige Minuten später ein metallener Dorn durch den Stoff bohrte und das Leinen nach unten hin aufschnitt. Die Klinge wurde zur Hand, die den Daumen nach oben reckte und dann wieder im Inneren verschwand.
Xij unterdrückte ein Kichern. »Witzbold!«, flüsterte sie amüsiert. »Anscheinend macht ihm die Sache Spaß.«
»Solange seine Verwandlungskunst uns nützlich ist, soll es mir recht sein«, knurrte Matt.
»Grabräuber! Haltet sie!«
Der Schrei kam unvermittelt und aus einer völlig unerwarteten Richtung. Hinter Matt und Xij, die sich reflexartig geduckt hatten, schrien plötzlich mehrere Männer empört auf. »Im Namen des Pharaos! Bleibt stehen!«
»Verdammt!«, entfuhr es Matt. »Warum ausgerechnet jetzt?«
Die Wachen kamen zur Hinterseite des Zeltes gerannt. Mit gezückten Schwertern blickten sie sich um. Es war nur eine Frage von Sekunden, bis sie sie entdecken würden.
»Jetzt müssen wir laufen wie die Hasen«, zischte Xij, sprang auf und rannte los.
Matt sprintete hinter der flinken Xij her, so gut er konnte. Im Laufen streifte er, wie Xij auch, den Umhang ab, der ihn bei der Flucht nur behinderte. Hinter ihnen brüllten die Wachen nach Verstärkung.
Sie liefen eine enge Gasse entlang. Rechts und links kamen verwunderte Arbeiter und ihre Familien aus den Zelten und Häusern. Zum Glück wussten die meisten noch nicht einzuordnen, was der Tumult zu bedeuten hatte.
Xij bog zwischen zwei Zelten in eine Nische ein und rutschte im lockeren Sand aus. Matt wäre fast gegen sie geprallt, konnte gerade noch abbremsen. Sie hielten für einen Moment inne und versuchten zu Atem zu kommen. Hinter ihnen spurteten bereits die Verfolger heran.
Gehetzt sahen die beiden sich um. Wohin? Sie kannten sich hier nicht aus und die Wachen schienen sie einzukreisen, denn die Schreie kamen nun aus mehreren Richtungen gleichzeitig.
»Jetzt haben sie uns am Arsch«, murmelte Xij. »Ergeben wir uns. Vielleicht kann Grao uns ja raus-«
»He, ihr!« Die Stimme kam von oben. An dieser Seite des späteren Weltwunders war ein gewaltiges Holzgerüst errichtet worden. »Hier rauf!« Annitas! Er hockte auf dem Gerüst und winkte sie zu sich hoch.
»Da haben wir ja den Grabräuber, der uns das alles eingebrockt hat!«, fluchte Xij, wusste aber auch keine bessere Lösung, als den angebotenen Fluchtweg einzuschlagen.
Sie sprinteten zum Fuß der Pyramide und dankten Gott, dass die im Zwielicht geworfenen Speere bestenfalls annähernd in ihre Richtung gingen. Eilig stiegen sie die schmalen Leitern hoch. Auch hier konnte Matt kaum mit der flinken Xij mithalten. Sie spurteten auf der etwas wackligen Konstruktion die erste Laufebene entlang zur nächsten Leiter, um den noch höher kauernden Annitas zu erreichen, der sie immer wieder anfeuerte. Die Verfolger holten beständig auf.
Auf dem nächsten Laufsteg, in gut zehn Metern Höhe, lagerte ein Stapel Holzstangen, mit denen das Gerüst verstärkt wurde.
Matt drückte sich an der zögernden Xij vorbei. Er war schon dabei, sich auf die nächste Ebene zu hangeln, als sich der Kopf eines ägyptischen Soldaten über den Rand des Laufstegs erhob. Xij Hamlet schnappte sich kurz entschlossen eine der Stangen, wog sie in der Hand und schleuderte sie auf den Mann, der gerade auf der Plattform Fuß zu fassen suchte.
Die Spitze traf ihn vor die Brust. Er schrie wütend auf, verlor das Gleichgewicht und stürzte in die Tiefe. Weiteren Schreien zufolge nahm er dabei gleich noch einige Kameraden mit.
»Ha! Die sind wir erst mal los.« Xij nahm sich eine weitere Stange. Sie war geübt im Umgang mit Kampfstöcken, und das hier war eine brauchbare Alternative.
Auf dem nächsten Laufsteg erwartete sie Annitas. Er sah erschöpft aus. Schweiß drang ihm aus allen Poren.
»Wieso hast du uns hier raufgelockt?«, fauchte Matt ihn an. »Hier oben sitzen wir in der Falle. Ich hoffe, du weißt, wie wir heil wieder runterkommen.«
»Natürlich. Vertraut mir einfach.«
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