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321 - In 80 Welten durch den Tag

321 - In 80 Welten durch den Tag

Titel: 321 - In 80 Welten durch den Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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eine Katze, die versuchte, ihren Schwanz zu fangen.
    Grao winkelte die Schwertarme, die der Kreatur aus der Brust ragten, ab. Improvisierte Widerhaken, sodass sie nicht mehr aus dem Körper rutschen konnten. Dann verformte er auch seine Beine. Wie Anker gruben sie sich in den Dschungelboden und verlangsamten die Drehungen des Affenmonsters.
    Matt hatte indes den Ast entdeckt, den Xij verloren hatte. Er hob ihn vom Boden auf, sprang vor und rammte ihn dem Monstrum ins offene Maul. Mit einem Krachen durchstieß die Spitze den Gaumen und drang bis ins Gehirn vor.
    Und endlich – endlich! – kippte das Vieh zur Seite weg. Der Daa’mure konnte gerade noch die Klingen zurückziehen, sonst hätte der Affe ihn mit sich gerissen.
    Matt zitterten die Knie. So schnell er konnte, wankte er zu dem Gestrüpp hinüber, in dem Xij verschwunden war. Hoffentlich war ihr nichts geschehen!
    Im selben Moment kam sie zwischen den Zweigen hervorgehumpelt. Blut lief aus einer aufgeplatzten Augenbraue. Aber sie war okay. Das war alles, was zählte.
    »Die Gefahr ist vorüber«, ächzte Matt. »Wir haben den Brüllaffen zum Schweigen gebracht.«
    Xij zweigte keine Erleichterung. »Schafft ihr das noch fünf- oder sechsmal?«, fragte sie stattdessen.
    »Warum?«
    Die Antwort erhielt er, als sich das Dickicht hinter ihr teilte und weitere dieser verzerrten Kreaturen daraus hervorbrachen.
    »Das sind zu viele«, ertönte es von Grao, und Matt musste dem Daa’muren zustimmen. Selbst eine Flucht wäre aussichtslos gewesen. Sie waren verloren...
    Da schossen zwischen zwei Bäumen Lichtstrahlen aus dem Boden und bildeten eine ringförmige Mauer im Umfang einer Litfaßsäule.
    Was hatte das nun wieder zu bedeuten? Die Monster knurrten. Der Laut klang fast noch bedrohlicher als ihr Gebrüll. Ging von der Erscheinung neue Gefahr aus?
    Die Lichtstrahlen erloschen und gaben den Blick auf einen blonden Mann frei – der sofort die Situation zu erfassen schien.
    Er streckte ihnen einen Arm entgegen. Unterbewusst nahm Matt den Armreif an seinem Handgelenk wahr.
    »Wenn ihr überleben wollt, kommt mit mir!«, rief der Fremde den Gefährten zu.
    III.
    Der große hagere Mann verließ über eine holprige schmale Straße das Sultanat Chicago. Früher, als noch Autos auf der Welt fuhren, hielt man die Asphaltdecken mehr oder weniger in Schuss, doch seit sich der Verkehr in Höhen zwischen zwanzig und hundert Metern abspielte, verfielen viele der ehemaligen Lebensadern. Die Natur eroberte diese dunklen Streifen nach und nach zurück.
    Für einen Augenblick blieb der Mann stehen und orientierte sich. Er hörte das wilde Rauschen des Atlantiks zu seiner Linken. Dort lag also Osten. Denn zumindest in dieser Welt war das Meer weit ins frühere Landesinnere vorgedrungen.
    Aus dem bodenlangen schwarzen Mantel zog er ein handtellergroßes Messgerät. Das Display zeigte das aktuelle Datum: 30. Februar 2460. Kurz verwirrte ihn die Anzeige, doch dann erinnerte er sich an die Aufzeichnungen im historischen Archiv: Im Jahr 2017, nur ein Jahr vor dem Dritten Weltkrieg, kam es zu einer weltweiten Kalenderreform, nach der jedes Jahr aus dreihundertvierundsechzig Tagen bestand, also aus zweiundfünfzig Wochen zu je sieben Tagen. Der erste Monat jedes Quartals umfasste einunddreißig, die beiden anderen jeweils dreißig Tage.
    Interessant, auf welch obskure Ideen die Menschen früherer Tage zuweilen kamen. Amüsiert schüttelte er den Kopf so heftig, dass der Zopf aus weißem Haar hin- und herflog.
    Das Display des Messgeräts verriet ihm noch mehr, nämlich in welcher Richtung und Distanz sich Thomas Ericson aufhielt. Seit er vor Jahrhunderten vom »Jungbrunnen« getrunken hatte, kreisten Nanobots in seinem Körper, die fortwährend seine Zellen reparierten und ihn so vor Alterung und in einem gewissen Maße auch vor Krankheiten schützten.
    Technik aus einer weit entfernten Zukunft, der sich Ericson unrechtmäßig bediente, die es aber zugleich ermöglichte, ihn zu orten.
    Der Hagere machte sich auf den Weg. Vorbei an einem riesigen Feld aus nadelspitzen Obelisken, die an die Opfer des Vierten Weltkriegs von 2099 bis 2112 erinnern sollten – ein gnadenloses Gemetzel, das in die Geschichtsbücher als der Erste Kreuzzug der Moderne einging. Angezettelt von Alistair Bush III., einem hasserfüllten kleinen Mann, der sich mit Lug und Trug zum Präsidenten der USA aufschwang, nach einigen selbstinszenierten Terroranschlägen gegen sein eigenes Land die Volksseele zum Kochen

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