321 - In 80 Welten durch den Tag
den Dingen, die das Tor verschluckt hat? Sind sie in der Domäne gelandet?«
»Nein. Sie haben schlicht aufgehört zu existieren. Aber nun ist das Tor sicher. Es bleibt für alle Zeiten und für jeden geschlossen.«
»Und die anderen Tore dieser Welt?«
»Können nicht mehr entarten, weil die abdriftende Welt in den Verbund zurückgekehrt ist. Dank dir!«
»Warum hab ihr dafür mich gebraucht? Weil ich dem Sog widerstanden habe?«
»Du bist unsterblich. Somit stellst du eine Konstante in allen Welten dar. Du wirkst wie ein Anker. Durch deine Anwesenheit nähern sich die Welten einander an, sodass das Siegel sie binden kann.«
»Dieses Siegel... Was ist das für ein Stein?«
»Du wirst es kaum begreifen, aber er besteht aus Anti-Zeit. Wir züchten ihn unterirdisch, damit er keinen Kontakt mit Menschen bekommen kann, denn er hat verheerende Auswirkungen auf alle Lebewesen, versteinert sie und raubt ihnen die Lebensenergie. Er zieht sich wie ein Flöz durch alle Zeiten.«
Der Archivar hatte recht gehabt: Tom verstand es nicht. Selbst heute wusste er noch nichts mit der Erklärung anzufangen. Doch inzwischen war er längst darüber hinaus, alles hinterfragen zu wollen. Dennoch war er damals das Gefühl nicht losgeworden, dass die Geschuppten ihm etwas verschwiegen.
Er hatte nie wieder diese zukünftige Welt der Archivare betreten. Bis heute.
Wenn es zu weiteren Entartungen kam, setzten sich die Herren der Domäne über den Armreif mit ihm in Verbindung. Und so eilte er seitdem immer wieder in fremde Welten, wenn ein Tor aufbrach. Die interdimensionalen Reisen hatten ihn so sensibilisiert, dass er die Archivare im zeitlosen Raum inzwischen auch als Schatten wahrnahm.
So wie Jandro. Oder wie Matthew Drax und seine Gefährten.
Einmal hatte er gefragt, warum sie sich in der Domäne nicht zeigten. Die Antwort war so nichtssagend wie typisch für die Archivare gewesen: »Der zeitlose Raum ist immer und ständig. Wenn du ihn betrittst, bist du bereits dort. Wenn du ihn häufiger betrittst, sogar mehrfach. Deshalb bist du nur fähig, deine eigene Zeitebene wahrzunehmen. Alle anderen Ebenen erfasst du bestenfalls schemenhaft.«
Wegen der entartenden Tore hatte Tom die Domäne in den letzten Jahrzehnten etliche Male aufsuchen müssen. Stets hatten der Siegelstein aus Anti-Zeit und der Greifer dort auf ihn gewartet, ohne dass er Garrth noch einmal einen Besuch abstatten musste.
Mit jedem Mal waren die körperlichen Strapazen gewachsen. Inzwischen bis ins schier Unerträgliche. Und dennoch führte er jeden Auftrag aus, den die Archivare ihm erteilten. Nur so könne das Abdriften einer Welt verhindert werden – und eine Welt reiche aus, um den zeitlosen Raum zu zerreißen und das gesamte Weltengefüge in den Untergang zu zerren.
Anfangs hatte er geglaubt, sein Einsatz ziehe Erfolge nach sich. Inzwischen kam es ihm vor, als kämpfe er gegen Windmühlenflügel. Denn obwohl er körperlich und geistig fast auf dem Zahnfleisch ging, entarteten die Tore immer häufiger und schneller. Er konnte sie längst nicht mehr alle aufzählen.
O ja, er hatte sich den Arsch aufgerissen für die Archivare. Und jetzt, da seine eigene Welt bedroht war, verboten sie, das Tor zu versiegeln. Die Auslieferung der angeblichen Weltenzerstörer sei wichtiger!
Tom gelang es nicht, diese Argumentation nachzuvollziehen. Aber was hätte er tun sollen? Ohne den Siegelstein, den nur die Archivare ihm zur Verfügung stellen konnten, vermochte er das Tor nicht zu schließen!
Also hatte er gehorcht und die Gefangenen nach Garrth gebracht. In der Hoffnung, sich gleich danach dem Portal in seiner Welt widmen zu können.
Und was geschah? Nichts! Keiner dieser blöden Schuppenkerle kümmerte sich um ihn. Sie alle waren viel zu aufgeregt, die Weltenzerstörer in ihrer Hand zu haben.
Wenn sie ihm wenigstens eine Platte aus Anti-Zeit und den Greifer geben würden, dann könnte er...
O nein!
Ein Gedanke flammte in ihm auf, der erschreckend plausibel klang. Um ein Tor zu schließen, bedurfte es nicht nur eines Siegelsteins und des Greifers, sondern auch eines Ankers zu einer anderen Welt. Nur er ermöglichte es, die Welten einander anzunähern. Bisher hatte Tom diese Rolle gespielt. Aber konnte er das überhaupt in seiner eigenen Welt?
Eine Antwort darauf durfte er sich von den Archivaren nicht erhoffen, die waren anderweitig beschäftigt. Aber vielleicht fand er sie im Wissensdom, im Historienarchiv.
Obwohl Garrth nicht gerade eine Welt war, in der man
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