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321 - In 80 Welten durch den Tag

321 - In 80 Welten durch den Tag

Titel: 321 - In 80 Welten durch den Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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Kehr endlich um, bevor es zu spät ist.
    nein – folge dem pfad der vorsehung
    Wieder setzte er einen Fuß vor den anderen. Hörte er da nicht ein Wispern aus dem Tor? Eine lockende Stimme, süß und voller Verheißung? Sie versprach ihm ein Ende der Schmerzen. Er musste sich ihr nur hingeben, sich fallen lassen, eins werden mit dem Nichts. Für wen tat er sich die Qualen denn an? Für eine undankbare Menschheit?
    Ja, er wollte aufgeben. Den Kampf einstellen. Dieses endlose Leben zu einem Abschluss bringen und...
    Ein Stein sauste an seinem Schädel vorbei und trennte ihm beinahe das Ohr ab. Der Schmerz, der ihn durchzuckte, war von so unglaublicher Reinheit, dass er alles andere überdeckte. Die Verlockung, die Stimmen, die Verzweiflung.
    Mit einem Mal war er ganz klar. Er musste zum Tor und es schließen. Falls es sich schließen ließ. Falls die Hoffnung der Archivare nicht vergebens war.
    Er ignorierte das Blut, das ihm aus der Nase rann. Er achtete nicht auf die Schmerzen am und im Kopf. Stattdessen kämpfte er sich voran. Schritt um Schritt.
    Und er machte eine unglaubliche Feststellung: Je weiter er sich dem Tor näherte, umso geringer wurde der Sog. Schließlich erlosch er ganz.
    Zumindest für ihn. Doch plötzlich schoss der abgebrochene Wipfel eines Baums heran. Im letzten Augenblick konnte sich Tom zu Boden werfen. Äste peitschten ihm über den Rücken, rissen an seiner Jacke. Dann war das Baumfragment vorüber.
    Das war verdammt knapp! Du musst besser aufpassen, was hinter dir geschieht.
    Ein eisiger Schrecken fuhr ihm durch die Glieder. Der Behälter mit der Steinplatte! Vor seinem Aufbruch hatte er ihn in seinem Rücken an den Gürtel gehakt, damit er seine Bewegungsfreiheit nicht einschränkte. Was, wenn die Äste ihn abgerissen und mitgenommen hatten in das Auge des Mahlstroms?
    Erleichterung überkam ihn, als er mit einer Hand nach hinten zuckte und den Behälter zu fassen bekam.
    Er hakte ihn ab und zog den Greifer aus der Jacke. Mit einer raschen Bewegung ließ er den Verschluss aufschnappen und klappte den Deckel zur Seite. Zum ersten Mal konnte er einen direkten Blick auf den Stein werfen.
    Aber handelte es sich überhaupt um Stein? Diese wabernden Ränder, dieses Pulsieren. Wie bei einem lebenden Wesen!
    Hör auf zu grübeln und mach voran! Bevor der nächste Baum heranrast.
    Mit dem Greifer hob er die Platte aus dem Behälter. Ein letzter Blick nach hinten, um vor heranfliegenden Trümmern sicher zu sein, dann ein beherzter Schritt nach vorn.
    Tom setzte den Stein ins tobende Zentrum des entarteten Portals. Er rechnete damit, dass die Scheibe davonsauste und im Tor verschwand, wenn er sie losließ. Doch das geschah nicht. Stattdessen begann die Platte plötzlich zu wuchern. Als verbinde sie sich mit dem peitschenden Lichtmeer des Tors zu etwas Neuem.
    In atemberaubendem Tempo bildete das Material kristalline Triebe aus, die sich verästelten, überkreuzten, verbanden, miteinander verwuchsen. So lange, bis nicht einmal mehr der winzigste Lichtschimmer zwischen dem Gewebe hervordrang.
    Ein bedrohliches Krachen ertönte hinter Tom. Mit rasendem Herzen fuhr er herum. Doch er sah nur ein Auto – Gleiter schien es in dieser Welt nicht zu geben –, das wenige Meter von ihm entfernt auf dem Dach lag.
    Der Sog war vergangen!
    Tom wandte sich wieder dem Tor zu. Oder dem, was davon übrig war. Das Gewimmel des Siegelgeflechts wurde immer langsamer und kam schließlich zum Stillstand. Die Fasern, Triebe und Zweige erstarrten in einem stumpfen Grau.
    Doch nicht für lange. Denn unvermittelt wurde der Stein durchscheinend und verschwand. Und mit ihm das Tor. Stattdessen war der Durchgang zwischen den Megalithblöcken wieder frei passierbar.
    Die Gefahr war gebannt!
    Was blieb, war eine skurril verzerrte Landschaft.
    ***
    Tom überkam noch immer ein unbehagliches Gefühl, wenn er an seine erste Konfrontation mit einem entarteten Tor dachte. Und das, obwohl sie über zweihundert Jahre zurücklag und er inzwischen reichlich Erfahrung damit hatte sammeln dürfen.
    Die Archivare hatten ihn damals an genau der gleichen Stelle zurückerwartet, an der er nun stand. An diesem mehrfach verdrillten Möbiusband aus Stein, das ihren Zugang zum zeitlosen Raum darstellte.
    Nachdem er getan hatte, was sie wollten, sackte ihre Auskunftsbereitschaft zurück in den Keller, in dem sie sich die letzten Jahrhunderte versteckt hatte. Tom versuchte wenigstens noch ein paar Informationen zu ergattern.
    »Was geschieht mit all

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