324 - Eine neue Chance
bei dieser Nachricht überfallen hatte. Im Glauben, der Streiter würde weiter auf die Erde zurasen, war er zur Zentrale gerannt.
Nur wenige Augenblicke später kam er selbst um die Ecke, verschwitzt und völlig außer Atem. Takeo erklärte die Situation und mutmaßte, dass Xij den Daa’muren aufgetaut haben könnte. Es fühlte sich an, als würde er ein selbst gemachtes Video von sich ansehen.
Matt löste sich von dem Gespräch und blickte zur Anzeige. Neunzig Prozent. »Mein zweites Ich geht gleich los, um nach Xij zu sehen«, sagte er zu Grao. »Dann nehme ich mir Takeo noch einmal vor. Ich hatte ihn eben fast so weit.«
Grao’sil’aana nickte in einer menschlichen Geste. »Du musst es schaffen, Mefju’drex!«
***
Xij nahm all ihren Mut zusammen. Sie atmete tief ein und bereitete sich mental auf eine starke Gegenwehr vor. »Manil’bud, lass mich in Ruhe! Verschwinde aus meinem Körper!«
Die Hydree reagierte auf sie. Doch sie glaubte, die Xij Hamlet der Vergangenheit würde zu ihr sprechen. »Niemals! Du gehörst mir! Zieh dich weiter aus, Schlampe, und geh nach draußen! Ich will dich sterben sehen!« Die Worte klangen wie ein Fluch. Manil’bud meinte, was sie sagte. Sie hasste Xij und machte keinen Hehl daraus.
Xij konzentrierte sich. »Nein, Manil’bud, es ist genug! Du wirst meinen Körper in Ruhe lassen, hörst du? Verschwinde!«
Sie spürte, wie ihre Muskeln reagierten. Manil’bud – oder war es Xij? – begann um sich zu schlagen. Unkontrolliert fuhren ihre Arme durch die Luft, die Hände zu Fäusten geballt.
»Gehorche!«, schrie Manil’bud. Es folgte eine gebündelte mentale Attacke, die wie ein gigantischer Hammer auf Xij zuraste. Sie schrie auf. Ihr Körper flog regelrecht aus der durchsichtigen Xij heraus. Sie stürzte und fühlte den Schmerz. Benommen setzte sie sich auf und starrte zu Manil’bud.
»Aua«, brachte sie gequält hervor. Dann erstarrte sie.
Die alternative Xij war stehen geblieben – und starrte ihr anderes Ich an! Manil’bud schien sie endlich wahrgenommen zu haben, im gleichen Moment, da sie aus ihrem eigenen Körper katapultiert worden war.
»Was...?«, perlte es über ihre Lippen.
Unter Schmerzen stand Xij auf. Mehr als ein paar blaue Flecke hatte sie nicht davongetragen, aber die spürte sie jetzt nicht mehr. Sie bewegte sich rasch hin und her. Wenn Matt richtig lag, würde sie ihrem anderen Ich als Schemen erscheinen. »Schau genau hin!«, rief sie. »Kannst du mich wahrnehmen?«
Sie hörte die Xij keuchen, sah sie zittern. Aber sie fuhr nicht darin fort, sich zu entkleiden.
Die Geschehnisse ändern sich!, schoss es Xij durch den Kopf. Schon jetzt hatte sie gewiss drei Minuten gewonnen gegenüber dem alten Zeitablauf. Was würde das für Auswirkungen haben?
Von der inneren Schleuse her näherten sich Schritte. Matt stürmte in den Raum. »Xij!«, rief er und kam mit wenigen Sätzen zu ihr. »Was hast du getan? Grao...«
»Matt, pass auf!«, brüllte Xij, obwohl der alternative Matthew Drax sie nicht hören konnte. Noch hatte Manil’bud die Kontrolle über Xijs Körper. Ängstlich und fasziniert zugleich sah sie zu, wie ihr zweites Ich kampfbereit die Arme hob. »Du wirst sterben!«, zischte sie auf Hydritisch.
Ein eisiger Schauer ergriff Xij. Er kam nicht nur von Manil’buds Worten, sondern von einem Gefühl, das sie kaum mit Worten fassen konnte. Ihr war, als käme sie nach Ambuur zurück, doch die Stadt war nicht mehr dieselbe. Die Gebäude stimmten nicht.
Das ist so nicht passiert , bestätigte sie ihre Beobachtung von vorhin. Das hat Manil’bud nicht gesagt! Ich war schon draußen, als Matt mich niederschlug.
»Nicht auch noch du«, brachte Matt fassungslos hervor. »Es ist der Streiter, richtig? Er...«
Manil’bud sprang vor und wollte sich auf ihn stürzen, doch Matt war schneller. Sein Schwinger krachte gegen Xijs Kinn. Sie taumelte zurück und brach zusammen.
In aller Eile bückte sich Matt, nahm die Bewusstlose auf seine Arme und eilte in Richtung Zentrale.
Xij zögerte. Kein Zweifel, sie hatte die Zeitabfolge geändert. Unschlüssig sah sie zwischen den beiden Schotts hin und her. Blieb noch genug Zeit, hinauszugehen und zu versuchen, Vogler und Clarice aufzuhalten? In Gedanken sah sie die hochgewachsene Marsianerin mit den Pigmentflecken, die Vogler hinaus in die Eiswüste gefolgt war. Wie lange war das in dieser Zeitebene her?
Ich werde keinen Kontakt zu ihnen bekommen, führte sich Xij vor Augen. Das gelang mir bei Manil’bud
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