326 - Schlangenmenschen
zufällig genau in dem Moment hier ankamen, als der Überfall auf unsere Patrouille erfolgte.«
Matt entschied, Serpon entgegenzukommen. Miki Takeo lief nicht weg. Und dass er die Nerven verlor und unter den Soldaten wütete, war höchst unwahrscheinlich – wenngleich Matt auch das auf Band festgehaltene Verhalten des Androiden nie für möglich gehalten hätte.
»Sie haben recht«, erwiderte er. »Zufall war es nicht, dass wir hier aufgetaucht sind. Sie haben uns gewissermaßen selbst den Weg gewiesen. Dass wir mitten in Kampfhandlungen hineingeplatzt sind, war dagegen nicht geplant.«
Benedict Serpon bewies, dass sein Denkvermögen trotz des Alters doch noch prächtig funktionierte. »Die Rakete«, sagte er. »Es war die Rakete, die Sie auf unsere Enklave aufmerksam machte!«
Matt nickte. »Und wäre es so abwegig zu glauben, dass auch andere die Rakete aufsteigen sahen und hierher kamen.«
»Sie meinen diese Schlangenmenschen?«
Matt nickte. »Die Indios könnten in dem Start ein Zeichen ihrer Götter gesehen haben. Warum sie allerdings angegriffen haben, kann ich nicht mal vermuten. Sie haben keine zweite Attacke geführt?«
Comm’deur Serpon schüttelte sein greises Haupt. »Nein. Ein Spähtrupp hat beobachtet, dass sie in Richtung Küste verschwunden sind. Dort haben sie Boote bestiegen und sind aufs offene Meer hinaus gefahren. Meine Männer hielten sich zurück – und die Indios schenkten ihnen auch keine Beachtung mehr. Was also wollten sie hier?«
»Nun – das, was sie letztlich auch bekamen: Waffen.« Matt zuckte mit den Achseln. »Es wurden schon unzählige Kriege angezettelt, um sich in den Besitz von Waffen zu bringen.«
»Und welche... Götter haben Sie und ihre Freunde hergeführt?«, fragte Serpon kühl. »Oder geht es Ihnen auch nur um Waffen – um weitere Atomraketen nämlich?«
»Okay, kommen wir zum Wesentlichen.« Matt holte tief Luft und verdrängte die Schwäche und den Kopfschmerz. »Erst einmal: Wir sind tatsächlich an Ihren Raketen interessiert – aber nicht, um sie uns unter den Nagel zu reißen. Sie wissen so gut wie ich, was sich da oben...«, Matt zeigte zur Decke, meinte aber den Himmel darüber, »… abgespielt hat. Ein Teil des Mondes wurde herausgesprengt und die Trümmer jagen der Erde entgegen. Den dicksten Brocken hat Ihre Rakete zerlegt, womit die schlimmste Gefahr beseitigt wäre. Aber auch die Trümmer, die jetzt noch unterwegs sind, haben enorme Zerstörungskraft. Wenn sie auf der Erde einschlagen –«
»Die Lage ist unter Kontrolle«, fiel ihm Serpon ins Wort. »Die Himmelswacht hat ihre Feuerprobe mit Bravour bestanden. Das Objekt, das zerstört werden musste, wurde planmäßig getroffen. Die verbliebenen Geschosse werden global betrachtet keinen nennenswerten Schaden anrichten. Hier und da ein wenig Verwüstung – aber das passiert auch bei jedem Vulkanausbruch oder Erdbeben.«
»Das ist wohl kaum zu vergleichen!«
»Junger Mann, belehren Sie mich nicht. Sagen Sie mir lieber – und ich möchte die Wahrheit hören, keine Lügen oder Ausflüchte –, was Sie und ihre Leute mit der teilweisen Zerstörung des Erdmonds zu schaffen haben. Leugnen Sie es nicht; meine Nase trügt mich selten.« Er rieb sie sich demonstrativ.
»In Ordnung. Sie haben recht. Und ich bin bereit, die Geschehnisse in vollem Umfang offenzulegen«, sagte Matt. »Aber die Wahrheit wird schwerer verdaulich sein als jede Lüge. Machen Sie sich das bewusst, Monsieur Serpon, und geben Sie ihr eine Chance.«
***
Matt brauchte nicht länger als eine Viertelstunde, um seine beiden Zuhörer mit knappen Sätzen in das einzuweihen, was in der Verheerung des Mondes gegipfelt hatte. Begriffe wie Streiter, Flächenräumer, Zeitportale oder Parallelwelten strahlten eine schwer beschreibbare natürliche Faszination aus und überforderten das Vorstellungsvermögen Serpons und Rochs sichtlich. Erstaunlicherweise unterbrach weder der Comm’deur noch seine Assistentin den Vortrag auch nur ein einziges Mal.
Matt vermerkte es mit wachsender Skepsis. Weniger denn je konnte er sich vorstellen, dass die seltsame Gemeinschaft, die den Raketenbahnhof der ESA im früheren Französisch-Guayana irgendwie über die Jahrhunderte instand gehalten hatte, bereit sein würde, ihre Ressourcen Fremden zur Verfügung zu stellen, um...
»… diese Welt vor weitere Blessuren und Narben zu bewahren, die durchaus vermeidbar sind«, schloss Matt seine Ausführungen.
Eine Weile hörte man nur die Atemzüge der
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