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326 - Schlangenmenschen

326 - Schlangenmenschen

Titel: 326 - Schlangenmenschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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sagte sie. »In der BASTILLE leben, seit ich denken kann und schon viele Generationen davor, zwei Sorten von Menschen. Die eine, wir nennen sie Leschoneers, zeichnet für den Schutz unserer Enklave verantwortlich.«
    Xij erinnerte sich, die Bezeichnung schon vorhin im Büro des Comm’deurs gehört zu haben. Aber erst jetzt ging ihr auf, woraus er sich ableitete. »Leschoneers wie Legionäre... Angehörige der Légion étrangère , der Fremdenlegion. Und damit Nachfahren der Schutztruppe, die zum Zeitpunkt des Kometeneinschlags vor fünfhundert Jahren hier stationiert war – stimmt’s oder habe ich recht?«
    »Woher wissen Sie –«
    »Man schnappt so einiges auf in seinen Leben...«
    Inscher Roch stutzte kurz, aber glaubte offenbar an einen Versprecher.
    »Und Inscher leitet sich ab von... von Ingenieur? Sie und Ihresgleichen sind die Nachkommen derer, die seinerzeit für die technischen Abläufe zuständig waren?« Als die Kittelträgerin beschämt nickte und zu Boden blickte, wurde Xij bewusst, was das für Roch bedeutete: Es waren ihre Vorfahren, die versagt hatten. Während die Legionäre seit Jahrhunderten taten, was Soldaten eben tun, war das Wissen der Techniker immer weiter geschrumpft. Was wieder einmal beweist, dass man als Landser weit weniger Grips braucht, um seine Aufgaben zu erfüllen, dachte Xij lästerlich.
    Nun war sie doch versucht, Roch die Wahrheit über das Versagen ihrer Vorfahren zu sagen, doch Miki Takeo vereitelte es, indem er seine Plysteroxpranken auf die Schultern der beiden Frauen legte und sie sanft vorwärts schob. »Wir sollten keine weitere Zeit verlieren«, sagte er. Offenbar brannte er darauf, sich endlich einen Überblick über die in der BASTILLE verbaute Technik zu verschaffen.
    Und er hatte recht. Sie würde auch später noch Inscher Roch reinen Wein einschenken können. Die Frauen setzten sich wieder in Bewegung, der Android folgte mit hallenden Schritten.
    »Erstaunlich, dass sich diese Struktur über Jahrhunderte und Generationen hinweg erhalten hat«, nahm Xij den Faden wieder auf. »Inschers bringen Inschers zur Welt, Leschoneers Leschoneers? Es gab nie eine Vermischung der beiden Lager?«
    »Doch, natürlich«, stellte Inscher Roch richtig. »Es gab von Anfang an das, was Sie ›Vermischung‹ nennen. Und ich rede auch nicht von der kastenähnlichen Trennung zweier sozialer Schichten. Jeder Bürger der BASTILLE hat das Recht auf freie Wahl, welchem Konzept er sich mehr verbunden fühlt – Sicherheit oder Wartung und Pflege.«
    »Legionäre und Ingenieure«, machte Xij aus ihrer Skepsis keinen Hehl. »Damit kann man doch keine Gemeinschaft über ein halbes Jahrtausend am Leben erhalten. Es muss doch auch Leute geben, die zum Beispiel für Nahrung sorgen.«
    Inscher Roch nickte. »Dafür sind alle zuständig, der Leschoneer ebenso wie der Inscher. Jagd, Landwirtschaft, Schule... jeder leistet nach seiner Begabung seinen Beitrag für die Allgemeinheit. Aber damit wären wir wieder beim Ausgangspunkt und Ihrer Frage: Gerade wir Inschers haben mehr und mehr an Bedeutung verloren, stießen immer häufiger an unsere Grenzen. Schon mein Vater konnte, als er sich noch mit solchen Dingen befasste, nur noch eine oberflächliche Pflege der Systeme betreiben. Und ich selbst... nun, bei mir und anderen meiner Generation hat sich das nur noch verschlechtert.«
    »Ihr Vater ist tot?«
    Sie schüttelte den Kopf, wirkte ehrlich verblüfft. »Aber nein. Er... er ist nicht mehr der Entschlussfreudigste und hat den Höhepunkt seiner Leistungsfähigkeit hinter sich, aber er erfreut sich noch guter Gesundheit. Sie haben vorhin mit ihm gesprochen. Mein Vater ist Comm’deur Serpon, der Kopf der BASTILLE.«
    ***
    Matt Drax war bei Benedict Serpon geblieben und hatte es Xij überlassen, Miki Takeo zu erklären, was von ihm erwartet wurde. Nicht ganz freiwillig; aber die Anstrengungen der letzten Stunde hatten ihn an den Rand der Erschöpfung gebracht und die Bisswunde an seiner Schulter pochte unangenehm.
    Er war froh darüber, dass er den Comm’deur hatte überzeugen können, Miki eine Chance zu geben. Inwieweit die Fähigkeiten des Androiden greifen würden, hing letztlich davon ab, was er an Technik in den Eingeweiden der BASTILLE vorfinden würde.
    Matt hegte diesbezüglich große Befürchtungen. Vor seinem inneren Auge rosteten Computerbänke vor sich hin, spannten sich Spinnweben über Monitoren und waren Kabel zu unförmigen Strängen verschmolzen. Anfangs hatte alles so gut

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