327 - Mit eisernem Willen
Ein dunkler Schatten stand zwischen zwei grünen Rosensträuchern. Ein Mann, mindestens zwei Meter groß!
Erschreckt sprang Aruula auf und griff nach ihrem Schwert – zu spät. Sie erkannte den erhobenen Arm mit der Schleuder, wollte hastig ausweichen, doch sie reagierte zu langsam. Ein Stein sauste heran und knallte gegen ihren Kopf. Aruula schrie auf, ihre Schläfe brannte wie Feuer. Sie schwankte und drohte zu stürzen.
»Los!«, brüllte eine Stimme mit herbem Akzent. Ein kleinerer Kerl drängte hinter dem Großen hervor.
Schwerfällig tastete Aruula nach der Waffe. »Meerdu!«, fluchte sie ungehalten, als sie sah, dass die zwei abgerissenen Gestalten schon fast bei ihr waren. Endlich hielt sie das Schwert in den Händen, als ein zweiter Stein ihren Arm am Handgelenk traf. Sie ließ die Waffe fallen und wich dem Faustschlag des vorderen Halunken aus.
Der Angreifer trat ihr Schwert zur Seite. »Gib uns deine Sachen!«, forderte er hart. Seine Stimme zitterte, die Augen waren geweitet. Er hielt die Fäuste drohend erhoben.
Aruula wandte sich ihm zu. Ihr Arm brannte und ihre Lunge zog sich schmerzhaft zusammen. Trotz der langen Zeit der Ruhe fühlte sie sich schlimmer als nach dem Kampf gegen Huul.
Mein Körper lässt mich im Stich , dachte sie bitter und taxierte die beiden Räuber. Sie wirkten kräftig, jung und entschlossen. Realistisch betrachtet hatte sie in ihrem Zustand keine Chance. Dennoch würde sie ihr Leben bis zum letzten Blutstropfen verteidigen.
Statt einer Antwort setzte sie zum Angriff an und sprang auf den Hünen mit der Schleuder zu, ehe er einen neuen Stein einlegen konnte. Sie schmetterte ihm die Faust ins Gesicht, dass er wankte und die Schleuder verlor.
»Hey!«, brüllte der kleinere Räuber und trat nach ihrem Schienbein. Er war hager und drahtig. In seinem Tritt steckte Kraft. Aruula stieß einen weiteren Fluch aus und humpelte zurück. Sie war nicht schnell genug. Der Kerl überholte sie mit einer tänzelnden Bewegung, packte sie von hinten und presste ihr die Arme an den Körper.
»Was für ein Wildfang«, keuchte der Hüne und spuckte Blut. Seine grüngrauen Augen funkelten boshaft. Aruula hielt seinem Blick trotzig stand. »Wir sollten ihr Manieren beibringen.« Er streckte den massigen Arm nach Aruulas Brust aus. Sie wollte nach ihm treten, doch der Schwindel wurde immer größer und beeinträchtigte ihre Bewegungen. Verzweifelt sah sie dem Feind entgegen. War das ihr Ende? Ehe sich diese Ratze an ihr verging, würde sie lieber sterben.
»Lass das!«, raunzte der Hagere seinen Kumpanen an. »Die gehört zur Burg, mit denen wollen wir keinen Krieg. Wir nehmen ihren Kram und...«
Es knackte im Gebüsch. Blätter raschelten.
»Der Celtic!«, rief der Hüne und sammelte seine Steinschleuder wieder ein. Er griff sich auch Aruulas Schwert.
Aruula spannte die Muskeln und versuchte, aus dem Griff zu entkommen. Sie riss den Ellbogen zurück, zum Magen des Angreifers, doch der ließ sie unerwartet los.
Die Welt drehte sich um Aruula, sie stürzte zu Boden.
»Schnell weg!« Die Räuber ergriffen die Flucht.
»Haut nur ab, ihr Ratzen!«, schrie Aruula wütend hinter ihnen her. »Wenn ich euch erwische, schneide ich euch in Streifen und hänge euch neben die Burgfahne in den Wind!«
Würde sie sich doch nur halb so stark und mutig fühlen, wie ihre Worte klangen. Mit einem gepressten Stöhnen versuchte sie aufzustehen. Der Untergrund schien nachzugeben. Mühsam drehte sie ihren Körper zu den Büschen hin, das Gesicht heiß vor Zorn und Scham. Sie hatte sich ihr Schwert rauben lassen, als hätte sie nie zu kämpfen gelernt.
Aruula erwartete, Huul aus dem Gebüsch hervortreten zu sehen, doch stattdessen schob sich der schwarze Hirsch auf die Lichtung, machte noch zwei Schritte und blieb dann stehen.
Aruula sackte in sich zusammen. Sie hätte sich vor Huul oder Rulfan wegen ihres Versagens geschämt, trotzdem wäre sie froh gewesen, einen der beiden zu sehen.
»Was mache ich nur?«, flüsterte sie in den Wind. Das Plätschern des Bachs übertönte ihre Worte. Sie hob den Kopf und betrachtete den Hirsch nachdenklich. »Du bist ein Zeichen Wudans, mein Freund. Ich sollte nicht enttäuscht sein. Alles, was kommt, hat seinen Sinn.«
Im zweiten Anlauf kämpfte sie sich auf die Füße. Sollte sie zur Burg zurückkehren und Alarm schlagen? Aber dann hatten diese Piigs schon einen gehörigen Vorsprung und sie würde ihre Spur vermutlich verlieren.
Der Hirsch kam noch einen Schritt
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