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327 - Mit eisernem Willen

327 - Mit eisernem Willen

Titel: 327 - Mit eisernem Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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mit der sie nicht an dem Film festkleben«, belehrte Merle sie. »Ein Wächter wartet am Baum, bis er Beute entdeckt.« Sie wies auf einen Käfer in Augenhöhe, der als Einziger am Stamm zurückgeblieben war. »Dann ruft er die anderen.«
    Xij schluckte und betrachtete ihre Hand. »Fressen diese Biester auch Menschen?«
    »Sie versuchen es«, gab Merle zurück. Sie trat näher an Xij heran, während die Leschoneers auf ein Handzeichen Chevaliers hin weitergingen. »Aber ich passe auf dich auf.« Der Schalk blitzte in Merles Augen. Ihr Mund war so nah an Xijs Ohr, dass diese ihren Atemhauch spürte.
    Einen Moment blieb Xij stehen und roch den süßen Geruch nach Macuuja-Früchten, den Merle ausströmte. Es war gut, sie in der Nähe zu wissen. Der Dschungel steckte voller Überraschungen, die Merle allesamt zu kennen schien. Die Giftschlangen zwischen den Farnen ebenso wie gefräßige Blauameisenstämme, die unter dem Laub Fallgruben aushoben und besiedelten.
    »Dann habe ich wohl nichts zu befürchten«, gab Xij lächelnd zurück.
    »Mon dieu. Wo bleiben Sie?«, drang von vorne die ungeduldige Stimme von Capitaine Chevalier. »Mademoiselle Merle, wir brauchen Sie an der Spitze des Zugs!«
    Merle schritt rasch aus, während Xij langsamer aufschloss.
    Chevalier wartete auf sie. »Und, wie gefällt es Ihnen? Der Dschungel ist gefährlich, aber eindrucksvoll, nicht wahr? Wie einst der große französische Dichter Baudelaire schrieb: Die Schönheit kann ebenso gut aus der Hölle stammen, wie aus dem Himmel.«
    Xij zerschlug einen Moskitoo auf ihrem Arm und dachte an die giftigen Mikrowürmer, die sich bevorzugt in offenen Wunden einnisteten. »O ja, ganz große Klasse. Da ziehe ich meine heimischen Taratzen vor. Zumindest weiß man bei denen, woran man ist.«
    Chevalier wirkte verwirrt. »Nun... Ich meinte das ernst. Unser Land bietet viele Zauber. Wenn Sie sich darauf einlassen, werden Sie es erkennen.« Er legte die Hand vertraulich auf ihren Unterarm. »Können Sie sich vorstellen, bei uns in der BASTILLE zu bleiben, Mademoiselle Hamlet?«
    Xij dachte an Matt. »Nicht länger als nötig«, gab sie knapp zurück und machte sich von Chevalier los. Sie mochte seine aufdringliche Art nicht.
    Einen Moment lang funkelte Zorn in Chevaliers Augen. Doch die Regung war so schnell wieder verschwunden, dass Xij unwillkürlich blinzelte. Hatte sie sich die Reaktion des Capitaines nur eingebildet?
    »Gehen wir weiter«, sagte Chevalier freundlich. »Wir wollen den Anschluss nicht verlieren, sonst fressen uns noch die Panthaas.«
    Xij nickte verwirrt und folgte ihm tiefer in den Urwald hinein.
    ***
     Sie waren den ganzen Tag unterwegs. Der Dschungel zeigte sich dem Expeditions-Trupp in seiner kompletten Vielfalt. Palmblätter malten Schatten auf den Waldboden, die Luftwurzeln von Würgefeigen hingen wie Haare von den Ästen. Tierlaute, von denen Xij die wenigsten einordnen konnte, ertönten von überall her. Die Sonne strahlte trotz des dichten Blätterdachs heiß auf den Trupp herab und belebte das Insektenreich. Xij verscheuchte zum ungezählten Mal eine daumendicke Lischette, die ihr Gesicht wohl mit einer Blüte verwechselte.
    Merle ging vor ihr. Sie drehte sich öfter zu ihr um und lächelte sie an. Xij konnte nicht umhin, ihren festen Hintern zu bewundern. Als Merle sich abermals umwandte, kam Xij sich ertappt vor. Andererseits – lag da nicht eben ein »Du gefällst mir« in ihrem Lächeln?
    Xij schalt sich eine Närrin. Schluss damit, sie hatte eine Mission auszuführen, zum Flirten war da kein Platz. Außerdem hatte sie sich für Matt entschieden.
    Stunde um Stunde wanderten sie durch unwegsames Areal. An manchen Stellen setzten die Männer Macheten ein. Als der Himmel einen Honigton annahm und die Wolken über einem weit entfernten Berg zu dampfen begannen, ließ Chevalier ein Lager aufschlagen.
    Merle gesellte sich zu Xij. »Faszinierend, nicht wahr?«, fragte sie, mit Blick auf das Wolkenspiel. »Das kommt von der Feuchtigkeit.«
    Xij Hamlet nickte. »Es ist wunderschön.«
    »Ja.« Merles Lächeln wirkte verklärt. »Das ist es.«
    »Lass uns was tun«, sagte Xij und machte sich daran, das Zelt aufzubauen. Ein paar der Leschoneers gingen mit ledernen Schläuchen davon, um Wasser zu holen. Unweit vom Lager befand sich laut Merle eine Cenote. Diese großen Erdlöcher enthielten reichlich Süßwasser.
    Chevalier kam heran. »Es wird dunkel, Mademoiselles«, verkündete er. »Wir werden hier übernachten und morgen

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