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328 - Flucht aus dem Sanktuarium

328 - Flucht aus dem Sanktuarium

Titel: 328 - Flucht aus dem Sanktuarium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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Brodsky...« Adam rannte los. »Mann abgängig!«, brüllte er und hielt sich auch mit den entsprechenden Handzeichen für die Wachen außer Hörweite streng an die Dienstordnung.
    Statt der vorschriftsmäßigen Bestätigung seines linken Nebenmannes hörte er plötzlich Tschilpen und Zwitschern hinter sich. Er blieb stehen, fuhr herum.
    Und hielt den Atem an: Ein ganzer Schwarm dieser blütengierigen Piepmätze hüllte seinen linken Nebenmann ein – wie hießen die noch gleich? Kolbriis, richtig. Der Kamerad schlug mit Arm und Gewehrkolben um sich, stieß halb erstickte Grunzlaute aus und ging zu Boden.
    Das konnte nicht wahr sein, oder?
    »Alarm!« Adam rannte weiter, riss die Pistole aus dem Gurt, feuerte eine Leuchtkugel in die Himmelskuppel. Dann sah er Brodsky: Er wälzte sich am Boden, schlug und strampelte um sich. Eine Viper hatte sich um seinen Hals gewickelt, und weißes Gewürm bedeckte beinahe seinen gesamten Körper. Nur einen Stiefel und den Helm sah Adam noch und manchmal einen violett verfärbten Finger.
    »Verflucht!« Adam wich zurück, riss die Waffe hoch. Das Gewürm fraß den armen Brodsky bereits auf. Was sollte er denn jetzt tun? Etwa auf die Würmer schießen?
    Über ihm brummte und summte es, ein Schatten fiel auf ihn. Adam warf den Kopf in den Nacken: Die große schwarze Wolke zog brummend über ihn hinweg. Insekten! Diese daumendicken, gelbschwarzen Biester, die einem immer die Früchte aus den Gewächshäusern fraßen, wenn man vergaß, die Fenster zu schließen!
    Schüsse fielen jetzt auf der anderen Seite der Rodung. Unter den Holzfällern, Früchtesammlern und Eiersuchern erhob sich Geschrei; manche wälzten sich schon im Unterholz, manche schlugen um sich, als würden Flöhe sie beißen – und die leckere Rothaarige war nirgends mehr zu sehen!
    Das war der Augenblick, in dem die Panik über Adam herfiel, wie Eiswasser durch sein Blut rauschte und ihm zwischen Zehenspitzen und Haarwurzeln hin und her rauschte. Er hob das Gewehr, zielte auf den Insektenschwarm und jagte gleich vier Salven nacheinander hinein. Das Brummzeug zog unbeeindruckt weiter, senkte sich hundert Schritte entfernt auf einige Holzfäller herab, und der Jammerchor der Schreienden schraubte sich noch um etliche Dezibel nach oben.
    Erst als es hinter ihm raschelte, ließ Adam den Abzug los und fuhr wieder herum. Bissiges Pelzgeziefer flog aus den Wipfeln: diese Biester, die wie Rochen aussahen, wenn sie sich von Ast zu Ast, von Baum zu Baum schwangen. Jetzt schwebten sie nicht von Baum zu Baum, jetzt kamen sie auf ihn zu, landeten keine zehn Schritte vor ihm im Unterholz, hüpften ihm entgegen. Er zielte und feuerte, zielte und feuerte, und dann schlug das erste Biest seine spitzen Zähne in seinen Schenkel.
    Selbst schuld , dachte Adam, denn es verstieß gegen die Dienstvorschrift, dem Wald den Rücken zuzuwenden. Hättest deinen Job ordentlich machen sollen. Mit dem Gewehrkolben hieb er auf das Tier ein, bis es von ihm abfiel. Doch schon hingen ihm die Nächsten beiden an Brust und Kehle. Ein Schmerz scharf wie Peitschenhiebe fuhr ihm in die Glieder.
    Im Fallen sah Adam Pschorr ein Rudel stummelflügelschlagende Dearys aus Wald und Unterholz kommen, und dann gab es nichts mehr zu sehen und zu hören für ihn. Nie mehr.
    ***
    Sanktuarium, Februar 2528
    »… ich hab Heimweh, weißt du?«, erklärte die Kleine. »Ganz schlimmes Heimweh. Hast du auch manchmal Heimweh, Grao?«
    »Ich weiß genau, wovon du sprichst«, entgegnete Grao’sil’aana und dachte an Daa’mur. »Wo ist denn dein Heim?«
    »Eigentlich in Antamark«, sagte die Kleine treuherzig. »Da kommen wir nämlich her.«
    »Trudy meint Antarktisch-Daanmark«, sagte Maggy, die halbwüchsige Schwester der Kleinen. Sie schöpfte eine dampfende, würzig duftende Flüssigkeit aus einem Topf, den sie in die Glut gestellt hatte. »Dort sind wir geboren. Und dort haben wir gelebt, bis unser Vater gestorben ist.«
    »Da waren wir sehr traurig, als Papa gestorben ist«, erklärte Trudy. »Wo ist dein Zuhause, Grao?«
    »Das glaubst du nicht, wenn ich es dir erzähle«, lächelte Grao’sil’aana. Das hatte er inzwischen drauf: zu lächeln wie ein Primärrassenvertreter.
    »Erzähl es uns trotzdem, bitte!«, bettelte die Kleine.
    »Du machst mich wirklich neugierig, Grao.« Maggy reichte ihm einen Becher mit der Brühe. »Da, stärk dich.« Sie schob sich einen zusammengerollten Mantel zwischen Rücken und Felswand, lehnte dagegen, verschränkte die weißen Arme

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