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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Hitze auf dem Kopf trug, herunter und fragte:
    „Was befiehlst du, gnädiger Herr?“
    „Gib mir ein Glas Moloko, wenn du solche hast!“
    „Ein Milchlein ist immer da, Herr, denn die vornehmen Leute trinken es lieber als den Wodki.“
    Er ging und brachte mir das Verlangte.
    Neben der Tür stand ein kräftiger Ukrainer, welcher militärisch gesattelt war.
    „Wem gehört dieses Pferd?“ fragte ich.
    „Einem noblen Herrn, dem Rittmeister von Semenoff.“
    Semenoff? Dieser Name war mir sehr bekannt. Ich hatte in Dresden die Bekanntschaft eines russischen Offiziers gemacht, welcher sich Iwan Semenoff nannte. Wir hatten uns am Billard getroffen; er war ein ausgezeichneter Spieler und höchst ehrenwerter Charakter; wir waren Freunde geworden, und ich hatte versprechen müssen, ihn oder wenigstens seine Mutter zu besuchen, wenn ich einmal nach Moskau kommen sollte. Jetzt nun kam ich nach der ‚heiligen Stadt‘ und hatte mir vorgenommen, mein Versprechen zu erfüllen. War er es oder ein Anverwandter von ihm?
    „Wo ist der Rittmeister?“ fragte ich.
    „Er ist nach dem Flüßchen gegangen. Es ist so heiß, und er wollte baden.“
    „Kennst du die Richtung, in welcher er sich entfernte?“
    „Er ging diesen Pfad, und ich sah ihn hinter jenen Büschen verschwinden.“
    Am Fluß gab es jedenfalls eine kühlere Luft als hier. Ich folgte dem schmalen Pfad, welcher sich durch die Wiese schlängelte, bis in die Büsche, zwischen denen er sich bald verlief. In dem hohen Gras war sehr leicht eine frische Spur zu merken, welche jedenfalls von Semenoff herrührte. Ich freute mich auf das Zusammentreffen und schritt ziemlich schnell dahin.
    Da plötzlich vernahm ich vor mir ein kurzes, höhnisches Lachen. Ich blieb stehen. Es mußten zwei Personen beisammen sein, welche höchstens zwanzig Schritte vor mir standen. Ich beschloß, nicht grad auf sie zuzugehen, sondern erst zu sehen, ob ich es auch wirklich mit dem Gesuchten zu tun habe.
    Auf einem kleinen Umweg durch die Sträucher gelangte ich in ihren Rücken. Ein Dragoneroffizier stand mir grad gegenüber. Er war hoch und schlank gewachsen, hatte scharfe Gesichtszüge und ein auffällig stechendes Auge. Vor ihm, den Rücken nach mir gewendet, stand ein Mann in der Kleidung eines gewöhnlichen Bürgers; seine Gesichtszüge konnte ich nicht erkennen. Beide sprachen polnisch miteinander, der Offizier so, daß er bei dem S mit der Zunge anstieß.
    „Lüge nicht, Bursche!“ hörte ich diesen reden. „Nur mir allein hast du es zu danken, daß du frei bist. Ich habe dem Wärter zweihundert Rubel zahlen müssen.“
    „Möglich, aber von mir verlangte er extra noch hundert, und da ich diese nicht beschaffen konnte, war ich auf mich selbst angewiesen.“
    „Und wie hast du es angefangen, aus dem Gefängnis zu entkommen?“
    „Das sind Geheimnisse, Herr, die Ihnen nichts nutzen können. Oder glauben Sie vielleicht, einmal in die Lage zu kommen, meine Handgriffe gebrauchen zu müssen?“
    „Schweig! Ich rate dir, nicht zu vergessen, wen du vor dir hast und wer du bist!“
    „Jedenfalls ein Mann, der schon sehr viel für Sie gewagt hat und vielleicht auch noch länger für Sie arbeiten wird.“
    „Aber ein Mann, den ich sofort verderben kann!“
    „Auch ohne sich selbst zu schaden? Doch streiten wir uns nicht! Daß ich Ihnen ergeben bin, sehen Sie daraus, daß ich hier volle drei Tage auf Sie gewartet habe, obgleich ich sehr Gefahr lief, ergriffen zu werden. Das will ich nicht umsonst getan haben; sprechen wir also von unserm Geschäft! Sie wünschen, daß Wanda in Ihren Dienst trete?“
    „Nur auf ein Jahr als Beraterin bei meinen Plänen.“
    „Ein Jahr ist eine lange Zeit, und Sie wissen, daß ich Wanda selbst sehr notwendig brauche, denn ich finde keine Verbündete, welche so gewandt, scharfsinnig und kühn ist wie sie. Was bieten Sie?“
    „Fünfhundert Rubel für dich, ausgezahlt auf der Stelle.“
    „Haha, zu wenig, viel zuwenig!“
    „Und eine Anstellung in meinem Dienst.“
    „Offiziell? Als Lakai, Reitknecht oder ähnlich?“
    „Nein, denn das wäre zu gefährlich. Als Agent.“
    „Gut; aber fünfhundert Rubel sind trotzdem zu wenig.“
    „Bedenke, was mich Wanda kosten wird, um sie ihre Rolle spielen zu lassen.“
    „Bedenken Sie, was wir beide Ihnen nützen werden!“
    „So gebe ich sechshundert.“
    „Immer noch zu wenig. Geben Sie tausend!“
    „Ich gebe dir freiwillig sechshundert. Gehst du nicht darauf ein, so werde ich andere Mittel anwenden, ohne

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