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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ganzen Nacht nicht schlafen konnte. Am Morgen war es natürlich mein erstes, Iwan davon Mitteilung zu machen. Er erstarrte beinahe vor Erstaunen und bat mich, seine Mutter nichts wissen zu lassen.
    „Können Sie aus dem Erlauschten den Plan erraten, den die Elenden geschmiedet haben?“ fragte ich ihn.
    „Ich meine es, will mich aber weniger auf meine Vermutung als vielmehr auf das Urteil eines gewandten Polizisten verlassen. Wir tun, als gingen wir wirklich zur Parade, gehen aber statt dessen auf das Polizeiamt.“
    So geschah es. Unterwegs machte mir Iwan einige Mitteilungen über seinen Cousin, und ich erfuhr, daß dieser sein ganzes Vermögen im Spiel verloren habe und durch diesen Umstand schon öfters zu Handlungen verleitet worden sei, die ihn verderben mußten, wenn Iwan und seine Mutter nicht Rücksicht auf den Umstand genommen hätten, daß er ihren Namen trug. Zu einem Streich, wie es der geplante war, hatten sie ihn aber nicht für fähig gehalten.
    Iwan kannte einen der höheren Polizeibeamten, zu welchem ich ihn begleitete. Dieser hörte unserem Bericht aufmerksam zu und nickte dann.
    „Wollen Sie mir das Innere Ihres Hauses genau beschreiben?“
    Dies geschah.
    „Ich bin Ihnen dankbar für die vertrauensvolle Offenheit, mit welcher Sie mich über die sonderbaren Passionen des Herrn Rittmeisters unterrichten. Ist er nicht Adjutant des Generals von Melikoff?“
    „Allerdings.“
    „Melikoff ist allmächtig. Wie wünschen Sie den Rittmeister behandelt zu haben?“
    „Dürfen wir ihn schonen?“
    „Ich rate dazu. Sein Plan ist wohl folgender: Der, welchen dieser Herr hier Pseudo-Assessor nennt, ist ein Pole namens Mieloslaw, ein höchst gefährlicher Mensch, der kürzlich entsprungen ist. Er wird irgendeinen Juwelier zu Ihrer Frau Mutter zu bestellen haben. Diese ist nicht zu Hause, und so wird die Gesellschafterin die Baroneska vertreten. Es wird eine sehr interessante Szene geben, bei welcher ich unbedingt zugegen sein muß. Erlauben Sie mir, einige Vorbereitungen zu treffen; dann werde ich Sie bitten, sich mir anzuschließen.“
    Er entfernte sich für einige Augenblicke und kehrte dann in Zivilkleidern zurück.
    „Jetzt kommen Sie!“
    Unten wartete eine verschlossene Delega. Wir stiegen ein und fuhren langsam der w zu. Der Iswoschtschik (Kutscher) schien sehr wohl unterrichtet zu sein; vielleicht war er auch ein Polizist. Er ließ seine Pferde schlendern, als ob er leer fahre und sich nach einem Passagier umsehe, hielt in der Nähe des Semenoffschen Palastes endlich an, stieg vom Bock und griff nach dem Heu, um gemächlich abzufüttern.
    Da trat die Baronin mit der Gesellschafterin aus der Tür. Beide trennten sich; die erstere ging nach der Kirche, und die letztere machte scheinbar ihre Krankenbesuche. Nach einiger Zeit erblickten wir sie wieder. Zwischen dem Palais und dem nachbarlichen Gebäude führte ein enger Gang dahin, auf welchen auch das Mauerpförtchen mündete. Unsere Delega hielt grad diesem Gang gegenüber, so daß wir ihn bis da, wo er hinter den Gärten endete, überblicken konnten. Die Gesellschafterin tauchte dort hinten auf, eilte durch den Gang und verschwand hinter dem Pförtchen.
    „Mieloslaw muß sich bereits vor unserer Ankunft eingeschlichen haben“, bemerkte der Kommissar. „Sehen Sie den Rittmeister droben an seinem Fenster? Er beobachtet den Vorgang ebenso wie wir.“
    Eine Viertelstunde verging; da kam eine Droschke herbei und hielt vor dem Gittertor. Ein einzelner Herr stieg aus; er trug einen winzigen Handkoffer.
    „Ah, der Juwelier Schikawiersky! Die Gauner haben sich den reichsten und geschicktesten ausgelesen. Er kommt selbst; das ist ein Zeichen, daß ihm eine sehr bedeutende Offerte gemacht worden ist. Iswoschtschik!“
    Der angerufene Kutscher griff gleichmütig nach der Peitsche und klatschte einmal leichthin, worauf er sie wieder von sich legte. Da kam ein Briefträger aus der Nachbarschaft herbei, einige Augenblicke nach ihm mit feierlichem Schritt ein Pope, dann ein Holzhacker mit Axt und Säge, nun ein breitschulteriger Fischhändler. Diese verschwanden sämtlich im Eingang des Palais, und endlich sahen wir zwei Polizisten, welche in das Gäßchen traten und vor dem Pförtchen Posto faßten.
    „Was jetzt?“ fragte Iwan.
    „Der Rittmeister ist vom Fenster weg. Schnell heraus und drüben hinein!“
    Der Fischhändler stand inmitten der weiten Flur, von wo aus er den vorderen und auch den hinteren Ausgang im Auge hatte.
    „Es passiert niemand

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