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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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lichteten die Anker, sobald ‚The Wind‘ vollständig ausgebessert worden war und neue Ladung eingenommen hatte. Turnerstick segelte als sein eigener Reeder nordwärts die den Ausländern offenen Hafenplätze an, bis wir in der Bai von I-mo-tung Anker warfen. Von hier aus wollte Turnerstick hinüber nach den Liu-kiu und Japan, wozu ich keine Lust hatte, denn ich wollte gern ein wenig landeinwärts gehen. Bis über den Khing-gan hinauf nach der Gobi ist es nicht sehr weit, und da ich im Besitz von Papieren war, mit deren Hilfe ich für einen Chinesen gelten konnte, so entschloß ich mich am Ende doch, mich von dem alten, wackeren Freund zu trennen, um wenigstens für einige Tage Wüstenluft zu atmen. Ich brachte also meine wenigen Habseligkeiten in Tien-thin unter, nahm Abschied und fuhr per Boot nach Keng-ting, wo eine Bucht tief in das Land einschneidet und man durch einen scharfen Ritt innerhalb eines Tages die berühmte chinesische Mauer erreicht, jenseits welcher bereits die offene Steppe beginnt.
    Ich bezahlte in Keng-ting den Bootsmann und begab mich zunächst nach einer Herberge. Vor derselben waren vier Pferde angebunden. Als ich eintrat, sah ich auf dem mächtigen Kang (Ofen) zwei Männer sitzen, welche Ziegeltee mit Butter tranken. Der eine trug die Kleidung der westlichen Tataren, und den andern erkannte ich an seiner gelben Mütze als einen Lama.
    „Men-du!“ grüßte ich.
    „A-mor!“ dankten beide.
    „Du bist ein Fremdling“, sprach dann der Lama freundlich. „Steige herauf, und trinke den Tee mit uns!“
    „Ich danke euch! Euer Tee geht zur Neige. Wollt ihr nicht lieber mit mir von dem meinen trinken?“
    „Wo hast du ihn?“
    „Wo ist der Besitzer dieser Herberge, der mir ihn bereiten soll?“
    „Er sah dich kommen und ging, sein Weib zu rufen. Setze dich zu uns und trink; dann trinken wir auch mit dir!“
    Ich folgte dieser Einladung und stieg auf den Ofen. Ich mußte zwischen den beiden Platz nehmen; sie griffen in den Gürtel und brachten ihre Tabakfläschchen hervor, aus denen mir jeder ein wenig auf die Hand schüttete, was ich schnupfen mußte. Ich hatte mich auf diese Art der Begrüßung vorbereitet, griff auch nach meinem Fläschchen und erwiderte die Höflichkeit. Dann zog ich mein Holznäpfchen aus der Busentasche, wo es jeder Mongole trägt, hervor und erhielt es voll Tee geschenkt.
    Der Trank mundete nicht eben sehr. Der Ziegeltee ist die gewöhnlichste Sorte des Tees, und da er hier obendrein mit ranziger Butter übergossen war, so hatte ich Mühe, ihn zu verschlucken.
    Nun kam der Wirt mit seinem Weib. Beide machten nicht den Eindruck allzu großer Reinlichkeit, begrüßten mich aber mit gewinnender, aufrichtiger Herzlichkeit. Ohne daß ich etwas bestellte, wurde ein kleines, niedriges Tischchen vor meine Füße geschoben, auf welchem mehrere lackierte Kästchen mit Hafermehl, gerösteter Hirse, Butter und Käseschnitten standen. Dann kam ein ziemlich großes Gefäß mit kochendem Tee dazu, aus welchem wir mit unsern Näpfen schöpften.
    „Woher saht ihr, daß ich ein Fremdling bin?“ fragte ich.
    Ich trug Lederhosen, hohe Stiefel, Pelzmütze und einen weiten mantelähnlichen Rock, wie ein Mongole, und hatte nicht gedacht, so schnell als Ausländer erkannt zu werden. Der Mongole lächelte und zeigte auf meine Gewehre und die Revolver.
    „Kein Tatar hat solche Waffen.“
    Der Lama nickte und fügte hinzu:
    „Du hast dasselbe Gesicht, welches Hü-ik hatte, und er kam aus dem Westen.“
    „Wer ist Hü-ik?“
    „Hü-ik war ein großer Lama. Er kam, uns einen sehr schönen Glauben zu lehren. Er erzählte uns von dem Himmelsherrn und seinem Sohn, von einer heiligen Jungfrau, welche die Mutter Gottes ist, und von einem Geist, welcher fromm und selig macht. Der Sohn des Himmelsherrn kam auf die Erde, um die Sünde wegzunehmen, und kehrte in den Himmel zurück, nachdem er Tote erweckt, Kranke geheilt und noch sehr viel andere große Taten und Wunder verrichtet hatte.“
    Dieser Mann sprach jedenfalls von einem Missionar. Ich suchte zu erfahren, wen er meinte.
    „Wo ist dieser gelehrte Lama jetzt?“
    „Er kam aus dem Lande der Framba (Franzosen) und hatte einen Gefährten bei sich, der Scha-pe genannt wurde. Ich traf sie in dem großen Lamakloster Kun-bum. Sie gingen dann nach Lha Ssa, durften aber nicht dort verweilen, sondern wurden von dem Kin- tschaï (Gesandter) des Kaisers fortgeschickt.“
    „Hieß dieser Kin- tschaï Ki-schan?“
    „Ja.“
    „So kenne ich diese

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