33 - Am Stillen Ozean
das Entkommen der Herde zur Folge haben und dadurch in einem Augenblick die Arbeit von Wochen zunichte machen kann. Durch solche Aufmerksamkeit wird jeder Versuch der Elefanten, durchzubrechen, in der Regel vereitelt, und es kann auf jedem bedrohten Punkt sofort eine genügende Macht versammelt werden, um sie zurückzuwerfen. Endlich werden die Elefanten so nahe zur Einzäunung hingedrängt, daß der Kordon der Treiber sich zu beiden Seiten des Korrals an die Arme desselben anschließt und nun das Ganze einen Kreis von etwa zwei englischen Meilen bildet, innerhalb dessen die Herde eingeschlossen gehalten wird bis zum Signal für das Schlußtreiben.
Über diesen Vorbereitungen vergehen oft Monate, und im entscheidenden Augenblick sind dann Tausende anwesend, das seltene Schauspiel zu genießen.
Als wir auf dem Schauplatz desselben anlangten, wurde zunächst jedem sein Schlafraum angewiesen; sodann versammelte sich die Gesellschaft im Speisezimmer, und nach beendigter Tafel begab man sich zur Tribüne. Als dies geschehen war, gab der Gouverneur das Zeichen, den Schlußakt zu beginnen.
Von den Tempeln und Häuptlingen war eine Anzahl zahmer Elefanten gesandt worden, um bei dem Einfangen der Wilden zu helfen. Diese unentbehrlichen Tiere standen dicht unter uns und fächelten sich behaglich mit Blättern. Es waren vier verschiedene Herden, deren Gesamtzahl bis auf siebzig Stück angegeben wurde, eingeschlossen und in diesem Augenblick nicht weit von uns im Dschungel verborgen. Es durfte sich kein Laut hören lassen; jeder durfte sich mit dem Nachbar nur flüsternd unterhalten, und auch von der ungeheuren Menge der Wächter wurde ein solches Schweigen beobachtet, daß man gelegentlich das Knistern der Zweige vernahm, wenn einer der Elefanten ein Blatt abknickte.
Als der durchdringende Pfiff des Gouverneurs ertönte, änderte sich die Szene wie mit einem Schlag; ein tausendstimmiges Geschrei erscholl, Schüsse krachten, Trommeln wirbelten und die gellenden Schläge der Tam-Tams ließen sich vernehmen. Man begann mit diesem Spektakel auf der entlegensten Seite des Terrains, so daß die Elefanten im eiligen Lauf nach den Eingang des Korrals zu getrieben wurden. Die Wächter längs der Seitenlinie verhielten sich ruhig, bis die Tiere an ihnen vorüber waren; dann fielen sie in ihrem Rücken auch in das Rufen ein und trieben sie mit verdoppeltem Geschrei und Lärmen vorwärts. Der Tumult wuchs, je näher die erschreckte Rotte kam, und wuchs bald auf dieser, bald auf jener Seite, je nachdem die Herde in panischer Verwirrung von einem Punkt zum andern eilte, um die Linie zu durchbrechen, was indessen nicht gelang.
Da endlich knisterten die Zweige und krachte das Buschwerk in unserer unmittelbaren Nähe. Der vorderste der Elefanten brach aus dem Gehölz hervor und stürzte wild heran, gefolgt von der ganzen Herde. Er bemerkte den Eingang, doch schien er Verdacht zu schöpfen. Er drehte sich wieder um und stürzte an der Spitze der Truppe in den Wald zurück. Der Lärm erhob sich von neuem und wieder brachen die aufgescheuchten Elefanten hervor, doch hüteten sie sich wohl, in den Korral zu dringen; sie suchten ihr Versteck immer von neuem auf.
Dies veranlaßte den eingeborenen Beamten, welcher die Treiberlinie befehligte, heranzukommen, um sich bei dem Gouverneur zu entschuldigen. Der Leitelefant war jedenfalls schon einmal in einer ähnlichen Lage gewesen und hatte sich durch das Ausbrechen gerettet. Da die Herde sich auf das höchste gereizt zeigte und der Fang bei Tag viel schwerer zu bewerkstelligen ist als bei Nacht, wo Feuer und Fackeln doppelte Wirkung tun, so war es der Wunsch der Jäger, ihre letzte Anstrengung bis auf den Abend zu verschieben, wo die Dunkelheit ihnen wesentlich zu Hilfe kommen mußte. Der Gouverneur billigte diesen Wunsch und gab den Befehl, für die nötigen Fackeln Sorge zu tragen.
„Charley“, sagte Raffley, als die Sache diesen Lauf nahm.
„Sir John?“
„Wir haben bis zum Abend eine Menge Zeit.“
„Das ist sehr richtig. Wie bringen wir sie hin?“
„Ich meine, wir nehmen unsere Gewehre und gehen ein wenig in den Wald.“
„Ganz meine Ansicht!“
„Kaladi!“
„Sihdi!“
„Du gehst mit. Du bist ein guter Schütze und kannst meine Büchse nehmen. Wo ist Molama?“
„In der Küche.“
„Sie soll heraufkommen und unsere Zimmer bewachen. Ich lasse meine Chair-and-umbrella-pipe zurück, auf welche sie ganz besonders Obacht geben soll.“
Kaladi richtete diese Botschaft aus,
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