33 - Am Stillen Ozean
dann verabschiedeten wir uns von dem Gouverneur und schritten dem Urwald zu, gefolgt von dem treuen Singhalesen, welcher die Rifle mit einer Miene trug, in welcher sich höchst deutlich das Verlangen aussprach, einen Meisterschuß tun zu können.
Das meiste Wild war natürlich am Wasser zu finden; daher folgten wir abwärts dem Lauf des beinahe ausgetrockneten Flußbettes, bis dieses in den Kimbu-Oya mündete. Dieser hielt Wasser genug, und infolgedessen herrschte an seinen Ufern ein reicheres Tierleben als an den von uns bisher berührten Stellen.
Wir hätten von Minute zu Minute schießen können, doch zogen wir vor, zu warten, bis uns ein Wild begegne, welches eine gute Kugel wirklich verdiente. So waren wir wohl bereits zwei Stunden in das immer tiefer werdende Dunkel des Waldes vorgedrungen, als wir plötzlich seitwärts den hellen Trompetenton einer Elefantenstimme vernahmen.
„Charley, ein Tusker, vielleicht gar ein Einsiedler!“ meinte Raffley.
Einsiedler werden diejenigen Exemplare genannt, welche wegen Bösartigkeit ihres Charakters von den andern Tieren gemieden werden und darum zu einem einsamen Leben verurteilt sind.
„Nehmen wir ihn?“
„Natürlich! Go on!“
Wir drangen leise zwischen den Bäumen der Gegend zu, aus welcher die Stimme auch noch jetzt ohne Aufhören erschallte. Das Tier mußte sich in einer ganz außerordentlichen Aufregung befinden, daß es solche anhaltenden Töne vernehmen ließ. Endlich langten wir in seiner Nähe an und erblickten nun auch die Ursache dieser Aufregung. Auf einem waagerecht aus dem Stamm einer Baniane hervorstrebenden Ast saß ein Leopard, niedergeduckt und eng an den Ast geschmiegt, und unter ihm stand ein alter, männlicher Elefant, welcher unter fortwährenden Trompetentönen bemüht war, das Raubtier mit seinem Rüssel zu erreichen.
„Charley, nehmt Ihr die Katze und ich nehme den Elefanten!“ meinte Raffley leise. Ihn bewegten jedenfalls die prächtigen Hauer, welche der Tusker zeigte, zu diesem Entschluß.
Ich legte an; der Schuß krachte. Der Leopard zuckte zusammen, schlug die Tatzen fester um den Ast, so daß man deutlich hörte, wie sich die Krallen in die Rinde gruben; dann ließ er wieder los, zuckte einigemal konvulsivisch zusammen und stürzte zur Erde.
Zu gleicher Zeit hatte auch der Schuß des Engländers gekracht. Der Elefant wandte sich überrascht gegen uns; die Kugel war ihm unterhalb des Ohres in den Kopf gedrungen.
„So schießt man keinen Elefanten, Sir John“, meinte ich. „Zurück, sonst sind wir verloren!“
Raffley hatte nur eine einläufige Büchse; der zweite Lauf der meinen war mit Schrot geladen, und auf Kaladi konnte ich mich nicht verlassen. Ich sprang also, als ich den Tusker mit hocherhobenem Rüssel auf uns zukommen sah, in das Gebüsch zurück. Sir John tat das gleiche; dennoch aber wäre wenigstens einer von uns beiden verloren gewesen, wenn der treue Singhalese weniger Mut besessen hätte. Er war ruhig stehen geblieben und drückte, als der Elefant beinahe zum Erfassen nahe war, ab. Die Kugel traf allerdings ganz genau die Gegend des Herzens, drang aber natürlich nicht tief genug ein.
Jetzt kannte die Wut des zweimal verwundeten Tieres keine Grenzen. Es stürzte sich auf Kaladi, um ihn zu zertreten und dann mittels der Hauer in die Luft zu schleudern; doch der gewandte Singhalese warf seine Rifle weg, zog das Messer, entschlüpfte dem nach ihm fassenden Rüssel, schnellte sich an den Hinterbeinen des Tieres vorüber und zog dabei seine scharfe Klinge so tief durch das eine derselben, daß er die Flechse durchschnitt.
„Ha-ia!“ klang sein triumphierender Ruf.
Ich hatte hinter einem Baum Schutz gesucht und wieder geladen. Als ich den Ruf vernahm, trat ich vor und sah das Tier sich unter schmerzlichem Stöhnen auf drei Beinen bewegen, um den Singhalesen doch zu erfassen. Ich legte an und zielte auf die Stelle, an welcher der Rüssel aus dem Kopf tritt. Eine leise Berührung des Drückers – das gewaltige Tier blieb, wie vom Schlag gerührt, halten, stand einige Sekunden vollständig bewegungslos, begann dann zu zittern, zu wanken und stürzte mit einem weithin vernehmbaren Ächzen zusammen.
„O strange, war das ein Schuß!“ rief Raffley. „Man merkt es, daß Ihr dergleichen Wild schon geschossen habt. Well, ich wollte mir das Elfenbein verdienen; nun aber gehört es Euch, und die Katze dazu!“
„Was tue ich mit den Zähnen? Nehmt sie in Gottes Namen!“
„Fällt mir nicht ein! Die Beute,
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