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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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einen leidlichen Schwimmer nennen muß, keineswegs eine besondere Sympathie für seine menschenhungrigen Untertanen; und ich will offen gestehen, daß ich mich auf dem ‚Wind‘ meines guten Master Frick Turnerstick behaglicher gefühlt hätte als in dem schmalen Boot, von dessen niederem Bord aus man die Haie mit der Hand zu berühren vermochte.
    Ein Schauspiel, aber ein grausiges, hatte ich allerdings dabei. Das Wasser schien trotz der Dunkelheit der Nacht weißflüssiges Gold zu sein und stieg in immer tieferen, dunkleren Tinten in den Grund hinab. Jede Bewegung in ihm war zu erkennen, und wenn der Ehri einen neuen Fisch auswarf, so nahten sich sechs bis acht fürchterliche Rachen dem Stern des Bootes, um sich die Beute streitig zu machen, und es begann ein Kampf, bei dem sich die Haare während des Gedankens sträuben konnten, daß nur eine dünne Schicht Holz zwischen ihnen und dem Menschen liegt.
    Was den Ehri betrifft, so schien er sich um mein unangenehm berührtes Gefühlsleben nicht im mindesten zu kümmern. Er warf von Zeit zu Zeit einen Fisch aus und forschte dann immer wieder nach der Richtung aus, welcher die Hochzeitsflottille mit dem Brautpaar kommen mußte. Mir war es nicht ganz wahrscheinlich, daß die Trauung nach dem durch uns hervorgebrachten Auftritt noch geschehen sei; er jedoch schien seiner Sache sicher zu sein und stand, als sich am Horizont ein nebeliger Lichtschein bemerken ließ, im Boot auf, um besser Ausguck halten zu können.
    Der Schein kam näher und wurde mit jeder Sekunde heller. Bald erkannte ich, daß er von der Flottille hervorgebracht wurde, da jeder Kahn an seinem Bug mit einer Fackel versehen war.
    „Sie kommen“, bemerkte Potomba kaltblütig, „und jetzt wird Pareyma wieder mein!“
    Er warf die rot und weiß gestreifte Tebuta von den Schultern und griff mit der Rechten nach dem Kris, während er mit der Linken wieder einen Fisch auswarf.
    „Diene mir nur zwei Minuten, Sahib, so will ich dir gehorchen, so lange als du willst!“
    Ich griff zum Ruder.
    Er tat dasselbe, und auf seine Anweisung hin beschrieben wir den Kommenden entgegen einen Bogen, lenkten dann auf sie zu und schossen zuletzt, nun mit ihnen parallel, auf das erste Boot der Flotte zu. In demselben saßen drei Personen, die ich deutlich erkennen konnte: Matemba, Anoui und Pareyma. Mit gewaltigem Ruderdruck an der rechten Seite des Zuges hinstreichend, erreichten wir das Boot, so daß unser linker Bord hart mit dem Ausleger zusammentraf. Die Haie waren uns bis hierher gefolgt. Ich saß an den Rudern, und Potomba stand jetzt wieder aufrecht im Boot, den Kris in der Faust.
    „Pareyma, herüber!“ rief er.
    Die Gerufene erhob sich und schnellte über den Ausleger zu uns in das Boot. Der Ehri empfing sie mit dem linken Arm und ließ sie niedergleiten, dann bog er sich über Bord und zerschnitt mit zwei raschen Zügen die Baststricke, welche den Ausleger des Hochzeitsbootes mit den Querstangen verbanden.
    Ein fürchterlicher Doppelschrei erschallte; das Boot kenterte; Matemba und der Priester stürzten in das Wasser und wurden augenblicklich von den Haien verschlungen.
    Pareyma schlug die Hände vor das Gesicht, Potomba aber ergriff das andere Ruderpaar und legte sich ein. Wir flogen wie vom Bogen geschnellt davon, während die Flottille einen wirren Knäuel bildete, aus welchem sich nur ein einziges Boot löste, um uns zu folgen. Ich griff zur Büchse und sagte:
    „Ich werde dem Mann eine Kugel geben!“
    „Halt, Sahib! Es ist kein Feind, der uns folgt, sondern ein Freund. So rudert nur Ombi, der Diener meines Weibes; ihm und Potomba, dem Ehri, kommt keiner gleich. Laß ihn herbei; er wird mit uns gehen!“
    Hinter uns heulten jetzt die wütenden Insassen der Flottille und versuchten uns einzuholen. Es gelang ihnen nicht; in fünf Minuten hatten wir den ‚Wind‘ erreicht, welcher sein Fallreep herniederließ, um uns aufzunehmen.
    Jetzt erst nahm Pareyma die Hände von dem Angesicht.
    „Potomba, du hast den Vater getötet!“ stöhnte sie.
    Ombi, der alte Graukopf, sprang aus seinem Boot in das unserige herüber.
    „Sage deinem Herzen, daß es ruhig sei, Pareyma“, bat er. „Dein Leid sei mein Leid und dein Glück auch mein Glück. Die Götzen sind heute gefallen, und nun wird bei uns sein der gute Bapa des Himmels mit seinem Sohn, der auf die Erde kam, um alles Unglück in Freude zu verkehren!“
    Wir stiegen empor.
    „Schnell, Charley!“ rief der Kapitän. „Dort kommen die Kerls mit ihren

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