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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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eurem Gesetz einen zweiten nehmen?“
    „Das Gesetz erlaubt es nicht, aber der Kaiser erlaubt es.“
    „Ist dieser Sohn bei ihm?“
    „Nein; er ist bei dir.“
    Ich blickte überrascht auf.
    „So sprichst du von deinem Vater und bist der Sohn eines Unterstatthalters!“
    „Ja. Willst du mein Bruder werden?“
    Das war nun allerdings beinahe abenteuerlich. Wollte er mich durch dieses Angebot dafür belohnen, daß ich ihm das Leben gerettet hatte? Ich war nicht gewillt, einen solchen Vorteil zurückzuweisen.
    „Ja“, antwortete ich daher.
    „Du sprichst unsere Sprache. Kannst du sie auch schreiben?“
    „Nur die Siang-hing, und das ist wenig genug.“
    „So wirst du mir diktieren, und ich werde schreiben.“
    „Was?“
    „Du wirst eine Schrift verfassen, welche wir dem Ly-pu einsenden. Der Sohn eines Fu-yuen muß ein Gelehrter sein, um Nan, Phy, Hèu oder Kung werden zu können.“
    Das war frappant! Fast kam es mir vor, als ob dieser Chinese Komödie mit mir spielte. Ein deutscher ‚Weltläufer‘ sollte sich in China um einen akademischen Grad bewerben! Ich ging auf den Spaß sofort ein:
    „Was soll ich werden? Ein Sieu-tsai, ein Keu-jin oder vielleicht gar ein Tsin-sse?“
    „Du bist sehr weise und kannst ein Tsin-sse werden. Um das gleich zu können, wirst du drei Schriften verfassen, für jeden Grad eine. Diese werden dem Ly-pu übergeben, und du kannst dann gleich durch eine einzige Prüfung den höchsten Rang erwerben.“
    „Ich werde es tun. Wann kannst du schreiben?“
    „Wann es dir gefällt.“
    „So werden wir sofort das Schiff verlassen, um Papier, Tusche und Pinsel zu bekommen.“
    „Willst du mir eine Bitte erfüllen?“
    „Welche?“
    „Laß mich allein aussteigen; ich werde dir schnell bringen, was du brauchst!“
    „Ist mir auch recht“, lächelte ich, denn ich bekam den guten Kong-ni in Verdacht, daß er mir so fulminante Anträge gemacht habe, um mir mit seinem Dank nur auf gute Weise durchbrennen zu können. „Wie heißt dein Vater?“
    „Phy-ming-tsu.“
    Also nach unsern europäischen Begriffen ein Graf!
    „Wo wohnt er!“
    „Das wirst du bald erfahren!“
    Ich wollte mich weiter erkundigen, wurde aber von meinem alten Frick Turnerstick durch einen Ruf unterbrochen, der so eigentümlich war, daß ich mich sofort umwandte.
    Wir waren während meines Gespräches mit Kong-ni zwischen einem Engländer und einem Holländer vor Anker gegangen und wurden von zahlreichen Booten umschwärmt, deren Insassen der Bemannung unsers Schiffes alles mögliche zum Verkauf anbieten wollten. Ein Fruchthändler hatte sich bereits an das hinabgeworfene Tau gelegt, und er war es, dem der possierliche Zuruf des Kapitäns galt:
    „Guteng Taging! Was hasteng dung zung verkaufang?“
    Der Chinese hatte ihn natürlich nicht verstanden, ahnte aber, was er meinte.
    „Li-chy, Li-chy!“ rief er herauf, indem er seinen Fächer als Schallbrecher an den Mund hielt. „Li-chy, Li-chy! Si-kua, Si-kua!“
    Der Kapitän winkte mir.
    „Charley, kommt doch einmal her! Was brüllt denn eigentlich der Kerl herauf? Was ist Li-chy?“
    „Er meint die Nüsse, welche im Boot liegen. Sie sind sehr gut und schmecken fast wie Melonen.“
    „Und dieses Si-kua?“
    „Wassermelonen.“
    „Alle Wetter, kann er das nicht gleich sagen!“
    Er bog sich über die Reling und winkte hinab.
    „Wir werding kaufang! Kommung zumong Fellreeping heraufeng!“
    Er gab Befehl, das Fallreep niederzulassen, und der Chinese brachte an einem über die Achsel gelegten Bambusstab eine ziemliche Menge seiner in Matten gewickelten Früchte herauf.
    „Seht, Charley, der Mann hat mich verstanden. Freilich ist es etwas außerordentlich Erhebendes, zu wissen, daß man die Sprache fremder Nationen spricht. Das habe ich Euch zu verdanken, Charley, Euch und meinem ungemeinen Talent für fremde Sprachen, an dem ich bisher unbegreiflicherweise so sehr gezweifelt habe. Ich werde dem Kerl den ganzen Kram abkaufen!“
    Der Händler hatte seine Matten ausgebreitet. Turnerstick trat zu ihm, zeigte auf die Li-chy und klopfte ihm sehr herablassend auf die Achsel.
    „Was kosteng die Nüssang?“
    Der Gefragte hob, da er die Pantomime wohl verstanden hatte, eine Handvoll der Li-chy empor und antwortete:
    „Y tsien!“
    „Seht Ihr's, Charley, daß er mich schon wieder verstanden hat? Aber er scheint das Chinesische schwerer zu sprechen, als er es versteht! Was meint er mit seinem Y tsien?“
    „Das heißt: ein Tsien.“
    „Was ist ein

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