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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Gesellschaft eines Büchermachers Land und Leute kennenlernt, denn diese Büchermacher sind höchst gefährliche Leute. Ich kann mir nichts Unangenehmeres denken, als wenn man gedruckt blamiert wird; darum muß man höchst zuvorkommend gegen euch Schriftsteller sein, und darum werden wir auch von diesem Mandarinen in einer Weise aufgenommen, als ob wir zu den Größten des himmlischen Reiches gehörten. Weiß er denn auch, was ich bin?“
    „Ja; aber wie wir heißen, weiß er noch nicht. Er hat aus reiner Höflichkeit gar nicht nach unseren Namen gefragt.“
    „Womit hat er die Kerls bestraft?“
    „Mit zehn Tagen Block und drei Jahren Verbannung.“
    „Blitz und Knall, das ist streng!“
    „Wenn er Ernst macht, ja. Zehn Tage Block ist sehr hart, die Verbannung jedoch ist nicht so schwer, als wie man vielleicht denkt. In China gibt es keine Gefängnisstrafe; statt ihrer wird aber die Deportation nach einer der inneren Provinzen in Anwendung gebracht. Jeder Verbannte hat das Recht, seine Familie mitzunehmen.“
    „Er macht Ernst. Guckt einmal hinunter in den Hof, Charley!“
    Die Fenster des Zimmers führten nach dem Außenhof, und dort standen die Verurteilten bereits, ein jeder mit dem Block belastet. Die Blöcke waren aus dem ungemein schweren Agilaholz gefertigt und lagen auf den Schultern der Delinquenten, deren Köpfe durch ein in der Mitte gelassenes Loch hervorblickten.
    Jetzt kam der Diener, welcher sich uns zur Verfügung stellte und kunstvoll gearbeitete Laternen brachte, um die Zimmer zu erleuchten, da es bereits zu dämmern begann. Er führte uns in ein Bad und stellte uns nach demselben eine leichte und bequeme chinesische Hauskleidung zur Verfügung, deren wir uns auch bedienten.
    Dann wurden wir, um uns die Zeit zu kürzen, in die Bibliothek des Richters geführt. Sie war sehr reichhaltig. Ich beschäftigte mich mit den Büchern und Handschriften, Turnerstick aber mehr mit den Holzschnitten, deren viele vorhanden waren. Sie hatten alle die Eigentümlichkeit, daß ihnen die Perspektive fehlte. Ein Mann, welcher auf einer Landschaft weit im Hintergrund einen Berg bestieg, war noch einmal so groß als der Knabe, welcher sich ganz im Vordergrund mit Angeln beschäftigte.
    Später erhielten wir die Einladung zum Abendessen und begaben uns nach dem Speisezimmer. Unser Wirt erschien allein; entweder wollte er uns unbeeinträchtigt genießen oder er scheute sich, wissen zu lassen, daß er zwei Barbaren mit seiner Gastfreundschaft beehre.
    Wir hatten sechzehn Gänge, welche ich der Absonderlichkeit wegen hier aufzählen will.
    Die Einleitung bildeten ein ausgezeichneter Tee und eine Schale exzellenter Mandelmilch, welche der Chinese überhaupt außerordentlich liebt. Dann kam als erster Gang ein Frikassee von Hühnerkehlen. Hierauf folgten gefüllte Krabben, welche meinem braven Turnerstick ungemein zu munden schienen. Dann Schinken, Austern und Pickles. Nachher gebratene Ente und gesalzene Schweineschwarte mit Pilzen und gekochtem Seetang aus Wanghien. Jetzt eine Suppe von Schwalbennestern mit Ei und Schinken. Nun ein Ragout von Haifischflossen und Hähnekämmen. Hierauf Entenzungen mit Bambussprossen und Schinken. Dann allerliebste Hammelfleischpasteten. Dann junge Wasserschnecken aus dem Poyang-See. Nachher geräucherter Schweinebraten in Honigseim. Danach gebeizte Ente in einer delikaten Sauce. Dann Fadennudeln aus Peking mit Eichhornkeulchen, ein ausgezeichnetes Essen. Ferner eine Roulade vom Fasan. Nun rote Grütze von Hung-sah (Quitte). Hierauf Hammelbraten in süßer Sauce mit japanischen Sago-Klößchen. Und endlich junger Stör mit Reis, Melonen, gegorenem Ingwer und Salzgurken aus der Mandschurei.
    Getränke gab es außer der Einleitung von Tee und Mandelmilch noch Sam-schon (Reisgetränk), frischen Tee, angesüßtes Wasser und zum Schluß einen Champagner, welcher zwar nicht echt, aber doch trinkbar war.
    Das war nun allerdings ein Souper, wie wir es nicht erwartet hatten und mit welchem unser Wirt, die Wasserschnecken, welche er selbst verzehren mußte, ausgenommen, bei meinem Turnerstick alle Ehre einlegte.
    Der Kapitän war mit unserem Wirt auch ganz besonders deshalb zufrieden, weil dieser so rücksichtsvoll gewesen war, uns außer den chinesischen Speisestäbchen auch Messer, Gabel und Löffel beilegen zu lassen.
    „Ist dies nicht ein prächtiger Mann?“ fragte er mich. „Ich lerne hier Land und Leute als ganz vorzüglich kennen und habe nur auszusetzen, daß sie ihre Sprache

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