33 - Am Stillen Ozean
diese Y-tschu den Streit begonnen?“
„Nein. Sie sind ganz ruhig gewesen.“
„Und dennoch habt ihr sie geschlagen! Wenn sie zu ihrem Konsul gehen und Strafe verlangen, so werdet ihr getötet. Sie sind aber gnädig und haben es in meine Hand gelegt. Ihr geht jeder drei Jahre lang in die Verbannung und tragt vorher zehn Tage lang den Block!“
„Ich bin unschuldig, Tschin-kuang-fu!“ wagte der Wirt zu bemerken. „Ich Siao-ti, habe diese Leute gewarnt und ihnen verboten, die Tschu-kuo-ngan zu schlagen!“
„Du hättest es verhindern sollen. Bitte die Y-tschu; vielleicht erlassen sie dir den Block!“
Er kam auf dem Bauch zu uns herbeigerutscht.
„Ihr seid Ti-ta-tschu, und ich bin Siao-ti. Ihr wißt, daß ich unschuldig bin. Habt Erbarmen!“
Ich wandte mich an den Richter:
„Deine Weisheit ist groß, und deine Gerechtigkeit glänzt wie die Sonne. Laß uns nun auch deine Gnade sehen! Dieser Mann ist wirklich unschuldig, und wir bitten dich, ihm die Strafe zu erlassen!“
„Ein Kitat würde anders sein“, antwortete er, „ich aber bin ein Ta-dse und erfülle eure Bitte. Stehe auf, du Hund; gehe heim, und preise meine Gerechtigkeit und die Gnade dieser Y-tschu! Du aber“, sprach er zu dem Ping, welcher im Zimmer geblieben war, „führe diese Menschen fort und schreibe mir ihre Namen auf!“
Sie krochen auf dem Bauch zur Tür hinaus.
Die Strafe war sehr hoch bemessen; aber einesteils war es ganz gut, einmal Ausländer gehörig in Respekt gesetzt zu sehen und andernteils traute ich dem Mandarinen nicht; vielmehr glaubte ich, er spiele ein wenig Komödie und werde die Leute nach unserer Entfernung wieder entlassen. Diese beiden Gründe hielten mich ab, für sie zu bitten.
„Seid ihr mit mir zufrieden?“ fragte er jetzt.
„Vollkommen! Darum sagen wir dir Dank und werden deinen Namen zu rühmen wissen überall, wohin wir kommen.“
„So werdet ihr auch mir den Wunsch erfüllen, nicht wieder das Innere der Stadt zu betreten. Der Schang-ti hat es den Fremdlingen verboten, und seine Diener müssen darauf sehen, daß sein Wille erfüllt werde. Wie lange gedenkt ihr in Kuang-tscheu-fu zu bleiben?“
„Vielleicht nur heute oder morgen.“
„Seid ihr Gäste eines Freundes oder Bekannten?“
„Nein. Wir bleiben in einem Y-fan.“
„Das werde ich nicht zugeben. Kommt, und folgt mir!“
Er verließ das Zimmer und führte uns nach einer andern Seite des Hauses, wo er zwei Türen öffnete.
„Dies sind zwei Stuben, in denen meine Freunde wohnen, wenn sie mich besuchen. Ihr seid meine Gäste und bleibt bei mir!“
Dies war ein sehr schmeichelhaftes Anerbieten, aber nach chinesischer Sitte durften wir es nicht annehmen, sondern mußten alle möglichen Einwendungen machen. Eine geschriebene oder gedruckte Einladung ist stets ernst gemeint, ein bloß gesprochenes Anerbieten aber ist meist nur eine Höflichkeitsformel, und wer darauf eingeht, der macht sich des allergröbsten Verstoßes gegen die gute Lebensart schuldig. Setzt der Chinese jemandem eine Tasse Tee vor, so muß sie angenommen werden; spricht er aber: ‚Bleibe bei mir, und trinke den Tscha mit mir!‘ so muß man unbedingt ablehnen, selbst wenn es einen Kampf mit Redensarten kostet; das erfordert die Etikette. Geht man aber darauf ein, so wird er mit lauter Stimme den Tee bestellen, doch es wird keiner kommen. Man wartet lange und noch länger, man wird endlich ungeduldig und bittet, den Tee zu erhalten oder gehen zu dürfen. Dann erhält man die sehr beleidigte Antwort: ‚Was soll ich von dir denken? Ich war so höflich, dir Tee anzubieten, und du hattest nicht genug Höflichkeit, ihn abzulehnen! Bist du ein Barbar, ein Kirgise, ein Tunguse oder gar ein Russe, der seinen Verstand im Schnaps vertrunken hat?‘
Hier jedoch half uns all unser höfliches Widerstreben nichts. Er eilte schließlich sogar in sein Bureau zurück, schrieb in der Schnelligkeit zwei Einladungen und brachte sie herbei.
„Hier, nehmt und seht, daß es mein Ernst ist! Oder wollt ihr mich wirklich beleidigen?“
„Wenn du zuletzt befiehlst, so müssen wir gehorchen.“
„Gut, so befehle ich es. Tretet ein und denkt, daß ihr Herren meines Hauses seid. Ich werde euch sofort einen Diener senden, der euch in allem zu gehorchen hat.“
Die beiden Zimmer waren, nach chinesischem Begriff, sehr fein ausstaffiert und augenscheinlich nur für vornehme Gäste berechnet.
„Das lasse ich mir gefallen, Charley“, meinte Turnerstick. „Es ist doch gut, wenn man in
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