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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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solche Wendung unserer Unterhaltung hatte ich allerdings nicht erwartet. Diese Ausarbeitungen waren von mir mehr des Abenteuerlichen wegen gefertigt worden; es war mir kaum eingefallen, an einen Erfolg zu glauben, und nun sagte mir dieser Tscha-juan, der doch ein hochgestellter und einflußreicher Mann war und zur Mandarinenklasse mit dem blauen Knopf gehörte, daß ich wirklich einen akademischen Grad erhalten werde. Hier mußten ganz besondere Verhältnisse obwalten, ganz besondere Gründe vorliegen, zumal die Angelegenheit mit einer Eile betrieben wurde, welche in China sonst wohl nicht in Anwendung kam. Neugierig war ich dabei auf die Beziehungen, in denen ich dem Vater Kong-nis zu gehorchen hatte. Ich vermutete, daß dieser letztere nicht bloß bekannt, sondern sogar verwandt mit dem Richter sei.
    „Kong-ni ist nicht mehr bei dir?“ fragte ich daher.
    „Nein. Er ist zu Ming-tsu, seinem Vater, gegangen.“
    „Du kennst auch diesen?“
    „Ja. Er ist mein Bruder, und wenn du seinen Willen tust, wirst du sein Sohn werden.“
    „Wo wohnt er?“
    „In Li-ting. Hat dir Kong-ni dies nicht gesagt?“
    „Nein.“
    Also der Vater Kong-nis wohnte in demselben Li-ting, wo sich auch der Kiang-lu, der Oberste der Drachenmänner, aufhielt! Das gab mir natürlich Stoff zum Nachdenken. Ich kam auf den Gedanken, daß beide in einer gewissen Beziehung zueinander stehen müßten, und versuchte, darüber einen Anhaltspunkt zu gewinnen, indem ich mich erkundigte:
    „Ist es erlaubt, daß ein chinesischer Phy, ein Graf, der ein Fu-yuen war, einen Ausländer, einen Christen adoptiert?“
    „Alles, was man tun kann, ist erlaubt.“
    Das war ein höchst eigentümlicher Grundsatz.
    „Dann wäre es ja auch den Lung-yin erlaubt, Stromräuber zu sein!“
    „Sie erlauben es sich selbst, folglich ist es ihnen erlaubt.“
    „Aber das Gesetz, die Gerechtigkeit!“
    „Wird sie bestrafen, wenn sie nicht klug genug sind, ihre Vorkehrungen zu treffen.“
    „Du bist ein Richter, ein Vertreter des Gesetzes, und dieses gebietet dir, die Lung-yin zu vertilgen.“
    „Das werde ich auch tun, wenn das Gesetz es verlangt. Aber es ist noch keiner gekommen und hat es mir befohlen.“
    „So will ich dir Gelegenheit dazu geben!“
    „Du?“
    „Ja. Im Wan-ho-tien versammeln sich heute um Mitternacht viele Drachenmänner, um die Maßregeln zu besprechen, mich und meinen Freund zu fangen und vielleicht gar zu töten. Du hast da die beste Gelegenheit, sie aufzugreifen und zu bestrafen.“
    Er lächelte sehr eigentümlich und nickte dann.
    „Ich werde es tun; ich werde sie überraschen, weil du es so willst. Also euch wollen sie fangen?“
    „Ja.“
    „Weil ihr ihnen entkommen seid?“
    „Ja.“
    „War ein großer Mann, ein Dschiahur, ihr Anführer?“
    „Allerdings“, antwortete ich erstaunt. „Kennst du ihn auch?“
    „Ich bin ein Richter, und es ist meine Pflicht, alle Leute zu kennen, über welche ich einst zu urteilen haben werde. Sind die Richter deines Landes nicht so klug?“
    „O ja. Sie kennen ihre Leute ebenso gut, aber sie warten nicht, bis eine Anzeige gemacht wird, sondern sie handeln selbständig und freiwillig, wenn es gilt, ein Verbrechen zu verhüten.“
    „Dann müssen sie sehr wenig Arbeit haben, wenn ihnen Zeit für solche Dinge bleibt. Der Richter hat zu warten, bis man ihm den Verbrecher bringt. Aber weil du es willst, werde ich den Dschiahur im Wan-ho-tien aufsuchen.“
    „Darf ich dich begleiten?“
    „Nein. Mein Amt verbietet mir, einen Ausländer anzunehmen, und überdies bist du mein Gast, den ich nicht in Gefahr bringen darf. Ich werde so für dich sorgen, daß dir die Lung-yin nicht wieder feindlich begegnen.“
    „Steht dies in deiner Macht?“
    „Ja. Wie lange habt ihr Zeit, von eurem Schiff fortzubleiben?“
    „So lange es uns beliebt. Nur wenn Kong-ni zurückkehrt, möchte ich dort anwesend sein.“
    „Das ist nicht notwendig, denn ihr werdet morgen früh zu Kong-ni gehen.“
    „Wohin?“
    „Nach Li-ting. Ihr sollt Palankins haben und eine Begleitung. Oder zieht ihr vor, auf einer Mandarinendschunke zu fahren?“
    „Wir ziehen vor, selbst zu bestimmen, was wir tun und wohin wir gehen werden.“
    „Das steht euch frei; ihr könnt gehen, wohin es euch beliebt. Aber du mußt doch erkennen, daß ich es gut mit euch meine. Ihr wollt China kennenlernen und könnt dies am besten, wenn ihr tut, was ich euch anbiete. Mein Bruder und Kong-ni schulden euch Dank; sie werden für euch sorgen und alles für

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