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33 Cent um ein Leben zu retten

Titel: 33 Cent um ein Leben zu retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Jensen
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Im Himmel gibt es sogar einen ziemlich hohen Berg aus Eis, also aus Speise-Eis, trotzdem kann man den auch hinunterrodeln. Das ist ja das Fantastische am Himmel. Gleichgültig woran ich denke, oben im Himmel bei Gott und Jesus gibt es das.
    So stelle ich es mir vor.

ANNE, WIEDER ANNE
    Anne ist das Beste, was ich habe. Wenn ich ehrlich sein soll, bedeutet sie mir mehr als mein Vater und meine Mutter und meine kleine Schwester Sara. Auch mehr als Großmutter?
    Annes Wangen. Die sind wie etwas, was von Gott kommt. Annes lange Haare! Wie sonderbar; ich denke, dass ich dort sein kann, dass ich dort, in ihrem Duft, immer glücklich und froh sein werde. Dass dort die Sonne immer scheint. Dass ihre Haare ein großer Baum sind, der in der Erde wurzelt und bis in den Himmel wächst.
    Annes Augen!
    Annes Lippen, und die kenne ich gut. Annes Augenbrauen. Annes Brüste sind nicht besonders groß, aber das stört mich nicht. Die sind nämlich schön, so wie sie sind. Zwar ist Annes Nase ein klein wenig schief, aber es ist genau dieses Schiefe, weshalb mir schwindlig wird.

WER ZWEI HEMDEN HAT
    Der Richter hat 30 Hemden. Die Hälfte sind 15. Der Richter hat zwei Autos. Die Hälfte ist eins. Sara hat etwa 15 000 Legosteine. Die Hälfte ist 7500. Meine Mutter hat 17 Kleider. Die Hälfte ist acht und ein halbes.
    »Du machst dir zu viele Sorgen«, sagt meine Mutter.
    Der Richter hat ein hellblaues Hemd an. Eines von den vielen. Ich sehe ihn an und sage 15. Noch kennt der Richter die neue Regelung nicht: die Jeden-zweiten-Tag-Regelung. Das wird nicht mehr lange dauern. Ich sehe es Herrn Olsen an. Die Hand meiner Mutter erzählt es mir und die Brille des Rektors, die geputzt werden muss. Aber was hilft’s? Er sieht ja doch nicht klar!
    Der Richter spitzt den Mund. Er denkt nach. Er legt die Stirn in Falten. Was ich damit meine?
    »15«, sage ich, »ist die Hälfte von 30.«
    »Das stimmt. Und …«
    »Ich habe deine Hemden gezählt.«
    »Und das waren 30?«
    Ich nicke.
    »Das wusste ich nicht. Sind das zu viele?«
    Ich sage nichts mehr.
    Wir essen zu Abend. Aber wie kann man am Tisch sitzen und Frikadellen und Nudeln essen und fernsehen, wenn der Kopf, dieser viel zu große Kopf mit Fliegen um die Augen und an der Nase, wieder auftaucht und Hallo sagt?
    Ich sage nichts.
    Ich deute auf den Fernseher, aber jetzt ist das Bild weg.
    »Immer mit der Ruhe«, sagt mein Vater.
    Sara sagt nichts. Sie schiebt die Frikadelle auf dem Teller hin und her. Das bedeutet, dass sie jetzt nichts mehr essen mag, auch wenn meine Mutter extra wegen ihr auf Zwiebeln im Hackfleischteig verzichtet hat.
    »Kein Grund zur Unruhe«, sagt mein Vater und nickt. Das bedeutet, dass Sara ruhig aufstehen darf. Dem Legoschloss fehlen ja noch einige Türme und Zinnen.
    »Ja!«, sagt mein Vater. Sie hat gedrängelt. Sie spart für ein Sommerschloss.
    Ich rechne aus, was das Abendessen gekostet hat. Vom Coop kenne ich die Preise. Ein halbes Kilo Hackfleisch für Frikadellen kostet 3 Euro 50. Zwei Pakete frische Pasta 5 Euro. Eine Cola Classic 2 Euro. Und dann noch ein Eis für jeden zum Nachtisch: 6 Euro. ½ Flasche Rotwein: 4 Euro. Hätten wir nicht ohne Weiteres halb so viele Frikadellen essen können, denke ich. Damit wäre 1 Euro 75 gespart. Eis brauchen wir nicht jeden Tag. Damit hätten wir außerdem heute 6 Euro gespart. Und trotzdem wären wir satt geworden. Und wenn einer von uns noch hungrig gewesen wäre, hätte er ein Stück Vollkornbrot essen können. Das ist gesund. Das sättigt. Und ja, die Cola hätten wir auch nicht gebraucht. Damit hätten wir 2 Euro gespart. Insgesamt rund 10 Euro gespart. Das ist viel Geld. Das mit dem Rotwein ist okay. Schließlich verdienen der Richter und meine Mutter das Geld.
    Für 33 Cent kann ein Kind in Afrika einen ganzen Tag essen, morgens, mittags und abends. Dann dividiere ich 10 durch 0,33. 30 Kinder und ein drittel. Aber drittel Kinder gibt es nicht. So viele hätten wir verköstigen können. Ein bisschen wie Jesus am See, wovon der Pfarrer erzählt hat. Dort gab es fünf Brote und zwei Fische für 5000 Menschen. Gut gemacht. Ein Wunder. Wie Robin Hood. Und obendrein ohne von den reichen Sheriffs zu stehlen.
    Aber 30 ist auch nicht schlecht.
    Das sage ich nicht.
    Ich sage nur 30. Dann stehe ich auf und gehe in mein Zimmer.
    »Robin Hood!«, ruft Sara hinter mir her.

EINE EINFACHE RECHENAUFGABE
    Mathe-Erik langweilt sich. Er will lieber große und komplizierte Rechenaufgaben durchziehen, Gleichungen und so was. Nicht

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