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33 Cent um ein Leben zu retten

Titel: 33 Cent um ein Leben zu retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Jensen
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dich halten sie nicht für verrückt. Dir passiert nichts.«
    Anne kratzte sich hinterm Ohr, spitzte die Lippen und dann kurbelte sie auch ihr Fenster herunter, und jetzt dröhnte der Wind quer durch die Kabine.
    Ich lachte laut. Und man stelle sich vor: Ich fing an, ein selbst komponiertes Lied zu singen, das sicher, wenn es aufgeschrieben würde, ziemlich merkwürdig aussähe. In erster Linie war es ein Liebeslied, und für wen? Genau! Für Anne! Aber ich sang auch von Gott und den unzähligen Engelsscharen und ihren leuchtenden Flügeln, und ich sang von Posaunen, Trompeten und himmlischen Geigen, und ich sang, jetzt bedrückt, von den Kindern, die an Diarrhö starben, und von denen, deren zweiter Schritt gleich in den Sarg führte, für den ihren Eltern auch noch das Geld fehlte, und deren zweiter Schritt deshalb direkt in die rote afrikanische Erde führte.
    Weiter, südwärts, die Autobahn, der Wind dröhnte in der Kabine, und wir mussten fast schreien. Wir lachten.
    »Und dann halten sie uns an!«

HINEIN
    Wir fuhren in den Frühling hinein.
    Bei Hadersleben war eine Böschung ganz weiß. »Buschwindröschen«, sagte Anne.
    Bei Apenrade, davor und danach, standen dicht wie ein Wald weiße Bäume.
    »Mirabellen«, sagte Anne.
    »Kennst du alle Bäume und Blumen?«
    »Ja, die meisten kenne ich.«
    Ich dachte, es sei gut, die Namen von Bäumen und Vögeln, Blumen und Gräsern zu kennen. Ich beschloss, dass ich, wenn wir wieder nach Hause kamen, so etwas lernen wollte, alles.
    »Der Frühling ist ein neuer Anfang«, sagte Anne.
    Ich dachte: Das stimmt. Alles beginnt von vorn, jedenfalls in der Natur.
    »Gibt es für Menschen auch einen Frühling?«
    »Ja, den gibt es«, sagte Anne.

DER STREIFENWAGEN
    Dann kam der Streifenwagen.
    Das Blaulicht blinkte, die Sirene heulte.
    Wir sahen uns an. Jetzt war die Fahrt zu Ende. Keine Tour nach Afrika mit Brot und Eiern und Milch und afrikanischen Früchten.
    »Da kommen sie«, sagte Anne.
    War sie erleichtert?
    War Freude in ihrer Stimme?
    In meiner nicht, ich begann aufs Neue mein Lied, fuhr nicht langsamer, sondern tat so, als wäre kein Streifenwagen mit Blaulicht und heulenden Sirenen hinter uns.
    Ich kam ziemlich weit. Nun hatte mein Lied zwar weder Strophen noch einen Refrain, aber ich glaube, wäre es ein normaler Song gewesen, hätte ich zwei Strophen geschafft, bis der Streifenwagen uns eingeholt hatte.
    Ich richtete mich darauf ein, an die Seite zu fahren, immer noch singend, immer noch mit wehenden Haaren, aber jetzt bereit, vor Wut und Ärger loszuheulen. Alles war umsonst. Was ich getan hatte, hatte nicht geholfen, taugte nichts, und schon gar nicht die Fahrt mit Johnnys Wagen. Aber dem Streifenwagen war Johnnys Kühlwagen egal, der raste weiter über die Autobahn, mit mindestens 160 Stundenkilometern, und einen Moment später war er in einer lang gezogenen Kurve verschwunden, hinter einem Wald und einem Bauernhaus, das zu einem Märchen zu gehören schien.
    Märchen kenne ich. Erinnerte es mich an das Hexenhäuschen, auch wenn dieses hier mit Stroh gedeckt war? Sah ich dort Hänsel und Gretel vor dem Haus stehen, als wir mit 90 Stundenkilometern einfach weiter gen Afrika sausten?
    »Die meinten uns nicht«, sagte Anne.
    Klang sie enttäuscht?
    Ich verstand sie gut. Also ehrlich, gibt es etwas Verrückteres, als mit einem gestohlenen Kühlwagen nach Afrika zu fahren? War das nicht das Letzte, was ein normaler Mensch unternehmen würde? Und trotzdem, trotzdem machten wir so weiter, wir riefen uns zu, und ich sang. Ich glaube, ich habe nie, niemals ein wilderes und innerlicheres Liebeslied gesungen. Und werde es auch nie wieder tun.

ROBIN HOOD
    Wir hielten an, tranken deutsches Mineralwasser, tankten voll, fuhren weiter.
    Anne schlug vor, wir sollten den Kühlwagen öffnen und etwas von den leckeren Sachen essen, die eigentlich verlockend auf den Regalen im Coop liegen sollten. Aber das sollten wir nicht. Ich erklärte ganz gelassen, die Waren seien alle für die Kinder in Afrika. Ich konnte selbst hören, dass das ziemlich durchgeknallt klang. Aber genauso sollte es sein. Stattdessen kauften wir deutsche Burger und Pommes, die genau wie die dänischen waren, und wir bezahlten mit meinem Taschengeld. Solange das reichte, würden wir nichts von dem Geld in der KHK nehmen.
    Anne verstand im Grunde gut, was ich meinte. Es stimmte schon, dass wir nichts von dem nehmen sollten, was nun mal für die Kinder in Afrika bestimmt war. Bis auf Weiteres mussten wir mit

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