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330 - Fremdwelt

330 - Fremdwelt

Titel: 330 - Fremdwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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sich an verschiedenen Ecken des Dorfplatzes zusammen. Mannschaften für irgendwelche Wettkämpfe offenbar.
    Schiefhals Workel bestätigte Matts Befürchtung: Er kam auf die beiden zu, fasste sie am Arm und führte sie zu seiner Gruppe. Dort bedeutete er ihnen, dass dies gewissermaßen ihre Mannschaft sei.
    In der Gruppe glaubte Matt Drax einige der Jäger zu erkennen, die den Jaguar erlegt hatten. Sicher war er sich jedoch nicht – die Indios in dieser Fremdwelt kamen einfach zu verzerrt herüber, um Gesichtszüge wirklich identifizieren zu können. Nur durch die unterschiedliche Größe, Alter und Geschlecht oder den Grad der Verzerrung konnte er einige auseinanderhalten.
    Faultier allerdings, der haarige Häuptling mit seinen Brustlocken, seinen schwarzen Klauen und seinem schnabelartigen Mund war unverwechselbar. Er schwenkte seinen Teddy jetzt über dem Kopf, während er an den einzelnen, von freudiger Erwartung brodelnden Gruppen vorbeischaukelte und ohne jede Eile das Palisadentor ansteuerte. Alle folgten ihm, das ganze Dorf stieg ein Stück den Hang hinunter. Es wurde geschnattert und palavert. Bald rückte das Brausen und Rauschen des Wasserfalls näher. Die Leute wurden allmählich ruhiger. Als man schließlich am Rand der Schlucht stand, hörte Matt nur noch das Donnern der herabstürzenden Wassermassen.
    Aus einer der Gruppen löste sich ein einzelner Indio, verzerrt wie alle anderen auch; Matt konnte nicht einmal erkennen, ob er jung oder alt, Frau oder Mann war. Dieser Indio stellte sich knapp drei Schritte neben dem Wasserfall an die Felskante – und begann zu schreien. Oder genauer: zu jaulen; derart laut, dass es das Tosen des Wasserfalls übertönte.
    »Er … singt!«, schrie Xij Hamlet gegen den Lärm an. Matt runzelte die Stirn und sah sie ungläubig an. »Doch, glaub mir«, bekräftigte sie. »Wir wohnen einem Sängerwettstreit bei!«
    »Gegen wen tritt er an? Gegen den Wasserfall?«, brüllte Matt zurück.
    Als Antwort deutete Xij nur auf die anderen Indios. Ein weiterer trat vor und löste den ersten Schreihals ab. Nacheinander nahm jeweils ein »Sänger« aus jeder der Gruppen an dem Wettbewerb teil, ging an den Wasserfall heran und jaulte und brüllte nach Leibeskräften.
    »Vielleicht geht es darum, wer den Lärm des Wassers am wirksamsten übertönt«, schrie Xij.
    Matt Drax widerstand dem Drang, sich die Ohren zuzuhalten. »Vielleicht versuchen sie auch, das Wasser zum Gefrieren zu bringen. Mein Blut ist jedenfalls fast so weit.«
    Als endlich auch der Letzte damit aufhörte, gegen das Rauschen des Wasserfalls anzubrüllen, standen alle sieben Schreihälse – oder Sänger – an der Schluchtkante und sahen erwartungsvoll zu Faultier, ihrem Chef. Der ging nun zu ihnen, schritt ihre Reihe ab, zog dabei den Teddy auf, hielt ihn in die Höhe, kehrte um und schritt die Reihe erneut ab. Vom Tosen der stürzenden Wassermassen abgesehen, herrschte Ruhe unter den Indios.
    Man konnte nicht hören, welche Worte aus dem Inneren des Stofftiers ertönten, doch plötzlich – und unerwartet – trat Faultier einem der Schreihälse vor die Brust, sodass er rücklings in die Schlucht stürzte.
    Gelächter brandete auf, und vorbei war es mit der Ruhe. Matt gefror jetzt wirklich schier das Blut in den Adern, und Xij zuckte zusammen, zog die Schultern hoch und den Kopf ein.
    Sonst aber ließ sich niemand die Stimmung verderben. Die Dorfgemeinschaft zog johlend den Waldhang hinauf. Matt fühlte sich wie betäubt. Diese Spiele , denen die Indios frönten, endeten also tödlich – wie die Gladiatorenkämpfe in einer römischen Arena. Und offensichtlich spielte bei dem Todesurteil der Teddybär eine wesentliche Rolle. In schauderte.
    Und die Spiele waren noch nicht vorüber! An einem Bach, der hundert Meter weiter in den Fluss mündete, machten die Indios erneut Halt. Wieder schickte jede Gruppe einen der ihren in den Wettkampf – in welchen auch immer. Sieben Indios – alles Männer, so weit Matt das erkennen konnte – stellten sich am Bachufer auf.
    »Was um alles in der Welt haben sie vor?«, stöhnte Xij. »Worauf läuft das jetzt hinaus?«
    »Frag mich nicht.« Matt spähte nach rechts und links, auf der Suche nach einer Möglichkeit, sich abzusetzen. Jede Faser seines Körpers verlangte nach Flucht. Aber es standen zu viele Indios zwischen ihnen und der Baumgrenze. Und darüber hinaus war kaum anzunehmen, dass das Dickicht ihnen einen Vorteil verschaffen würde; im Gegenteil.
    »Sie … sie ziehen

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