Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
331 - Verschollen in der Zeit

331 - Verschollen in der Zeit

Titel: 331 - Verschollen in der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
Vom Netzwerk:
umgeben, vermag sie gewiss nicht zu erkennen. Nicht einmal zu erahnen. Und Wissen, das sie nicht hat, kann sie auch nicht weitergeben.
    So laufen ihre Artgenossen blind in ihr Verderben.
    Schon nach wenigen Versuchen, die Tür aufzubrechen, gibt sie nach. Das ist gewollt, aber das wissen sie nicht.
    Die Indios stürmen herein, mit primitiven Waffen ausgerüstet: Speere, Steinschleudern, Messer. Die eigentliche Bedrohung aber sind die Schlangen, die sich um ihre Hälse gewickelt haben.
    Ich warte, bis die Horde vollzählig im Raum ist. Einige tragen Fackeln bei sich, auf die ich nicht angewiesen bin. Ich habe das Monokel. Und so bin ich, nachdem ich mich in die entfernteste Ecke zurückgezogen habe, ihnen gegenüber im Vorteil, denn ich sehe sie von Anfang an, so klar und deutlich wie bei Tag.
    Die Abstrahlvorrichtung des größten Artefakts, das mehr wiegt als ich selbst und dessen Transport mir alles abverlangt hat, ist längst ausgerichtet. Ich muss es nur noch auslösen.
    Ich zögere noch einen Augenblick, bis auch der letzte Schlangenträger den Raum betreten hat. Einen Moment zu lange? Einer der Indios hat mich entdeckt und schleudert seine Fackel gegen mich, sodass ich mich ducken muss, um nicht getroffen zu werden.
    Die Fackel prallt hinter mir gegen die Wand. Ein Funkenregen ergießt sich über mich. Gleichzeitig stürzen die Eindringlinge mit furchtbarem Gebrüll voran.
    Zu spät, ihr armen Befehlsempfänger! Zu spät!
    Im Abducken habe ich den Hebel der Maschine niedergedrückt. Jetzt gibt sie ihre Energien frei. Für weniger als eine Sekunde ist der Raum wie von einem Blitzlicht erhellt. Als wäre das Artefakt eine überdimensionierte Kamera, mit der ich den Moment festhalten will, bevor ich massakriert werde.
    Doch die Indios und ihre Schlangen werden nicht in bloßes Licht getaucht. Ein Energieschock trifft und schmettert sie meterweit zurück. Und obwohl die Entladung hinter meinen Erwartungen zurückbleibt, erweist sie sich als Erfolg auf ganzer Linie.
    Auch nach dem Erlöschen des Blitzes zeigt mir mein Monokel in aller Klarheit, was geschieht. Die Linse verfügt über einen eingebauten Filter, der die Helligkeit auf immer gleichem Niveau hält, sodass ich, das freie Auge zugekniffen, nicht geblendet wurde oder gar eine Schädigung des Sehnervs fürchten muss.
    Der Energiestoß stoppt den Vorwärtsdrang der Angreifer; wichtiger aber ist, was er bei ihren Totemtieren bewirkt: Haltlos fallen die Schlangen von ihren Sklaven ab und landen auf dem Boden. Und überwältigt von dem Energieschock verlieren sie offenbar jegliche Verbindung zu ihnen.
    Ich hatte erwartet, dass die Indios, so weit noch bei Bewusstsein, augenblicklich in Apathie verfallen würden. Aber offenbar ist der Schrecken groß genug, um sie in Bewegung zu halten: Ohne sich um ihre Schlangen zu kümmern, fliehen sie kopflos – oder eher hirnlos – aus dem Raum hinaus in die Nacht, aus der sie gekommen sind.
    Die betäubten Reptilien bleiben zurück.
    Ich kann es kaum fassen. Eigentlich wollte ich meine Haut nur so teuer verkaufen wie möglich, nun übertrifft der Triumph alle Erwartungen. Ich trete auf die Schwelle der aufgebrochenen Tür und lausche in die Nacht. Der Lärm weist mir die Richtung, in der die Indios fliehen.
    Mit dem Monokel erhasche ich letzte Blicke auf sie, bevor sie zwischen den Bäumen des Waldes verschwinden. Irgendwann, davon bin ich überzeugt, werden sie stehenbleiben und in Gleichgültigkeit verfallen. Damit, dass sie zurückkommen, rechne ich nicht. Ihre Abhängigkeit von der Steuerung durch die Schlangen wird ihnen nun zum Verhängnis; wenn die restlichen Dorfbewohner sie nicht rechtzeitig finden, werden sie vielleicht sogar sehenden Auges verdursten oder wilden Tieren zum Opfer fallen.
    Rasch wende ich mich den Schlangen zu. Es sind genauso viele, wie es menschliche Angreifer waren: fast ein Dutzend. Da ich sie auf die Schnelle nicht alle mit einem Geschirr versehen kann, stopfte ich sie rasch in einen Korb aus verflochtenen Wurzelsträngen. Es wird höchste Zeit, denn die Ersten beginnen sich schon wieder schwach zu regen.
    Dass ich fortan sicher vor Übergriffen sein werde, wage ich nicht einmal zu hoffen. Ganz gewiss aber habe ich mir Respekt verschafft. Die Schlangen des Dorfes werden es sich gut überlegen, ob sie um ihrer Rachsucht willen noch mehr der ihren opfern wollen.
    Obwohl die Gefahr weiterer Attacken von nun an mein ständiger Begleiter ist, fühle ich mich als Sieger. Die Menge an gemolkenem

Weitere Kostenlose Bücher