Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
331 - Verschollen in der Zeit

331 - Verschollen in der Zeit

Titel: 331 - Verschollen in der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
Vom Netzwerk:
gibt den Blick frei auf die Ruinen einer Stadt. Obwohl überwuchert von Wildnis, ragen überall Gebäudereste empor, die einen Eindruck der einstigen Größe dieses Ortes vermitteln. Ein verrostetes Schild in der altertümlichen Sprache der Industriezeit enthüllt mir den Namen der Stadt: San Francisco de Campeche .
    Eine Weile stehe ich nur da und schaue. Die Pyramide samt der Bauten, die sie umgeben, vermag nicht so deutlich wie diese Ruinenlandschaft zu vermitteln, was vor Jahrhunderten über diese Gegend hereingebrochen ist. Eine Katastrophe, gegen die selbst die Kräfte eines entarteten Tors wie ein Kinderspiel erscheinen.
    Es besteht kein Zweifel mehr: Ich befinde mich auf einer der Parallelwelten, in denen der angebliche Komet die Erde ins Chaos stürzte. Ich sehe die verfallene Stadt und versuche mir vorzustellen, wie damals die Erschütterungen der Erde, die Druckwelle und der Feuersturm sie einst dem Erdboden gleichmachten.
    Vielleicht ist auch der Vulkan in der Nachbarschaft der Pyramide erst durch die tektonischen Bewegungen nach dem Einschlag entstanden.
    Als ein Schatten über mich fällt, spähe ich zum Himmel, wo furchteinflößende Vögel ihre Kreise ziehen. Die Spannweite ihrer Flügel ist beeindruckend. Ihr Gefieder reflektiert blutfarben das Licht der Sonne, die hoch im Zenit steht. Die Schnäbel sind so groß, dass sie sich mühelos um meinen Kopf schließen könnten.
    Mich schaudert.
    Die Schlangen wirken dagegen harmlos. Doch das dort oben sind bloße Tiere, die einfach nur ihren Instinkten folgen, während die geflügelten Schlangen jene kalte Bosheit in sich tragen, die nur von Intelligenz hervorgebracht wird.
    Die Vögel halten Distanz, kreisen stoisch über mir und der Stadt, zu der ich schließlich von der Anhöhe aus hinabsteige. Begehbare Straßen sind kaum noch vorhanden. Ich klettere über Trümmer und Wurzelwerk, dringe in Häuser ein... und staune.
    Die Häuser sind zerstört, aber sie sind nicht leer. Selbst heute, so lange Zeit nach dem Inferno, das die Stadt heimsuchte, finden sich überall noch Überreste der untergegangenen Zivilisation. Ich bringe den Rest des Tages nur damit zu, mir einen ersten Überblick über die Rohstoffe zu verschaffen, über die Schätze, die hier darauf warten, von mir gehoben zu werden. Einiges an Werkzeug, das mir von Nutzen sein kann, nehme ich gleich mit.
    Bei Einbruch der Dunkelheit ziehe ich mich in eine Ruine zurück, die mich wie ein nach oben offenes Amphitheater umgibt. Ich richte mich in meinem Exoskelett ein, wie ich es häufig tue, nehme Schlafhaltung ein und spähe zum Firmament hinauf, wo von Minute zu Minute mehr Sterne sichtbar werden.
    Mich fröstelt, als der volle Mond verschwommen silbrig über der Mauerkante aufgeht und mit seinem Licht die viel kleineren, blinkenden Gestirne zurückdrängt.
    Ich döse dem Schlaf entgegen, vermag kaum noch die Augen offen zu halten, als am Rand meiner Wahrnehmung ein Geräusch ertönt.
    Samtpfoten.
    Das Wort scheint wie gemacht für die fast unhörbaren Laute, die zu mir dringen. Sofort bin ich hellwach, richte mich in meinem Techno-Korsett auf, aktiviere den Umgebungsradar, der mir auf einem flimmernden Feld ein Echo zeigt. Eins? Zwei, drei... ein halbes Dutzend!
    Rasch setzte ich das Monokel ein. Das Dunkel weicht und ich sehe sie deutlich vor mir: sechs verwilderte Katzentiere! Sie springen mich gleichzeitig an, rasend vor Gier und Hunger. Ich sehe beides in den runden gelben Augen mit den geschlitzten Pupillen glitzern.
    Ich gehe in Abwehrhaltung. Die Servomotoren, die für jede Bewegung meiner Arme und Beine sensibilisiert sind, sie aufnehmen und bei Bedarf zehnfach verstärken, summen laut.
    Aus dem heiseren Fauchen, mit dem mir die Wildkatzen entgegen fliegen, wird ein jämmerliches Miauen, als ich um meine Achse kreisele und die Arme wie Dreschflegel wirbeln lasse.
    Keine Kralle findet Halt an dem Gestänge, das mich umgibt. Die pelzigen Körper werden mit dumpfen Lauten zurückgeschmettert, klatschen gegen Wände oder zu Boden.
    Ich weiß kaum, wie mir geschieht. In dem rasenden Wirbel, in den ich mich versetzte, scheint mir die Kontrolle über mich selbst zu entgleitet. Es ist, als würde mein Blick plötzlich in Blut versinken, als meine Hände die schrill brüllenden Bestien packen und zerquetschen. Blut rinnt das Exoskelett und meinen Körper hinab. Die kreatürlichen Schreie gellen in meinen Ohren.
    Als ich wieder zu mir finde, als der Wirbel sich legt und ich matt in meinem

Weitere Kostenlose Bücher